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029 - Der Unheimliche

029 - Der Unheimliche

Titel: 029 - Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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sich auch den dumpfen Schall der Stimmen erklären. Mitten im Raum, dessen Fußboden zementiert war, befand sich ein tiefes Loch, das schätzungsweise sechs Fuß tief, ebenso lang und ungefähr drei Fuß breit war. Anscheinend hatten geübte Hände die Grube ausgeworfen.
    »Was ist das?« flüsterte Elsa, die an Amerys Seite kauerte.
    »Es sieht wie ›Papas‹ Garage aus«, antwortete er kühl. »Wissen Sie, Tame, woran mich das erinnert?«
    »Ich will von Ihnen nichts hören«, brummte Tame.
    »Es erinnert mich an einen Hinrichtungsplatz. Das Loch könnte etwas breiter und tiefer sein. Hinzu käme noch eine hölzerne Falltür, ein Hebel, ein dicker Eichenpfosten und eine eiserne Winde. Schrecklich, wenn man um sechs Uhr morgens geweckt und aufgefordert wird, den Anzug anzuziehen, den man während der Gerichtsverhandlung getragen hat. Ich habe Männer gesehen, die vor Angst verrückt wurden, und die waren besser als Sie, Tame!«
    »Verdammter Kerl!« brüllte Tame, dessen Gesicht sich gerötet hatte und aus dessen Augen die Furcht schaute. »Ich werde Ihnen Ihre verfluchte Zunge herausreißen, wenn Sie nicht das Maul halten!«
    Amery lachte leise. Um Tame sehen zu können, mußte er über seine Schulter blicken, denn die Kette hatte ihn an die Wand gefesselt.
    »Kommen Sie!« sagte Tame zu Elsa; Amerys Augen blitzten:
    »Passen Sie gut auf die Dame auf, Tame, denn für einfachen Mord kann man noch begnadigt werden. Aber jede weitere Verschärfung des Verbrechens wird Sie und Stillman ins Verderben stürzen!«
    »'raus mit ihr!« schrie Tame heiser. »Durch jene Tür!« Seine Hände zitterten. Der Fahrer war wieder zurückgekommen und griff nach dem Mädchen.
    Elsa klammerte sich an Amery.
    »Ich will hier bleiben!« flehte sie, vor Entsetzen halb wahnsinnig.
    »Beruhigen Sie sich!« Seine Stimme klang sanft und freundlich. »Es wird Ihnen kein Leid geschehen, denn ich liebe Sie. Denken Sie immer daran, der Unheimliche liebt Sie mehr als sein eigenes Leben.«
    Er beugte seinen Kopf zu ihr und küßte sie auf die blassen Lippen. Doch im nächsten Moment schon hatte die Hand des Verbrechers sie gepackt und zerrte sie auf die andere Seite des Schuppens.
    »Seien Sie ganz leise!« keuchte er. »Wenn Sie schreien, schlage ich Ihnen den Schädel ein!«
    Amery warf ihm einen so drohenden Blick zu, daß der Mann trotz seiner überlegenen Situation zusammenzuckte.
    Elsa sträubte sich mit aller Kraft und versuchte loszukommen, doch der Arm des Verbrechers umklammerte sie fester und seine breite Hand preßte sich auf ihren Mund.
    »Los, helfen Sie mir!« rief er, und Tame kam über die Grube gesprungen, doch Elsas Widerstand war schon gebrochen, und sie sank in sich zusammen.
    »Gott sei Dank, daß sie ohnmächtig geworden ist«, dachte Amery und beobachtete in hilflosem Zorn, wie Elsa hinausgeschleppt wurde. Jetzt war er allein mit dem Mann, der wohl sein Henker werden sollte.

46
    Tame kam einen Schritt auf ihn zu.
    »Nun, junger Freund«, sagte er, »Sie haben nicht mehr lange zu leben. Die Zeit wird bald vorbei sein!« Er kam seinem Opfer aber nicht zu nahe. In einer Ecke des Raumes stand ein Faß, das Tame in die Nähe der Grube rollte. Er entfernte den Deckel, kippte es um und eine Menge grauer Sand rieselte heraus. Dann füllte Tame zwei Eimer mit Wasser, schleppte sie herbei, wühlte eine Vertiefung in den grauen Haufen und goß das Wasser vorsichtig hinein. Mit einer Schaufel vermischte er das Wasser mit dem Sand.
    »Ich glaube, Sie sind der Oberhenker«, bemerkte Amery kühl. Obwohl Tame versuchte, unbekümmert zu erscheinen, zitterte er doch am ganzen Leibe.
    »Nein, das bin ich nicht«, widersprach er. »Ich habe damit nichts zu tun. Ich muß Sie nur dahin bringen, wo Sie nicht gefunden werden können.«
    »Sind Sie denn Maurer? Ich hätte Sie eher für einen Zimmermann gehalten«, meinte Amery.
    »Wer hat Ihnen das erzählt? Ja, ich war Zimmermann . . . Aber ich habe keine Lust, mich mit Ihnen zu unterhalten.«
    Er fuhr in seiner Arbeit fort, warf ab und zu eine Schaufel voll Sand auf die Mischung und rührte so lange, bis der ganze Haufen in Mörtel verwandelt war. Dann stützte er sich auf die Schaufel, um auszuruhen. In diesem Augenblick bewegte sich die Wolldecke, die über der Tür hing. Amery wandte seinen Kopf und blickte in das Gesicht seines Todfeindes.
    Der Mann war groß, trug einen Bart und hatte eine Autobrille über den Augen. Es war Stillman, der ihn lächelnd begrüßte. Der Bart saß so gut, daß

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