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029 - Der Unheimliche

029 - Der Unheimliche

Titel: 029 - Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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alles!« sagte Tame und drückte damit seine volle Bewunderung aus.
    »Geben Sie ihr ein paar Tropfen davon in den Tee! Sie wird Ihnen dann keine Scherereien machen. Die Zimmer im obersten Stock sind doch möbliert?« Tame nickte.
    »Bringen Sie sie dort 'rauf! Wann erwarten Sie Ihre Tochter zurück?«
    »Nicht vor zwei Uhr.«
    Tame schaute auf die Uhr, die geräuschvoll tickte.
    »Es ist zwölf Uhr. Erst zwölf, und es kommt einem wie Jahre vor. Was wird er mit ihr tun?«
    »Ich weiß es nicht«, wehrte Stillman ungeduldig ab. »Er will sie morgen erledigen. Sie wird nicht viel Arbeit machen, sie ist jetzt ganz ruhig.«
    Er öffnete die Tür und schaute hinein. In der Vorratskammer brannte keine Lampe, aber bei dem Licht, das aus der Küche hineinfiel, sah er in einer Ecke ein Bett und eine Gestalt, die regungslos darauf lag. Er schloß geräuschlos die Tür und setzte sich zu Tame. Ihre Blicke wandten sich gleichzeitig der Uhr zu.
    »Zehn Minuten!« ächzte Tame. »Sie werden mir doch helfen?«
    Stillman schaute ihn scharf an.
    »Das ist nicht meine Arbeit, Tame. Seien Sie nicht albern! Es wird keine zehn Minuten dauern.«
    Tame beleckte seine trockenen Lippen.
    »Angenommen, man fände seine Spur. Das wäre der erste Ort, den man durchsuchte. Man könnte sofort sehen, daß der Boden frisch zementiert ist.«
    »Wer sollte seine Spur finden - der Chinese? Seien Sie beruhigt, der Chinese ist tot. Ich habe ihn selbst ins Jenseits befördert. Schauen Sie her!« Die weiße Manschette unter dem Ärmel hatte rote Flecken. Tame stöhnte.
    »Oh, ich wünschte, ich wäre aus der Sache heraus!«
    »Lassen Sie ihn das nicht hören«, warnte Stillman, »oder er wird Sie auf eine Weise aus der Sache herausbringen, wie Sie es am wenigsten wünschen!«
    Die Uhr tickte, aber die Zeiger schienen sich nicht zu bewegen. Sie saßen schweigend da und warteten, bis die endlosen zehn Minuten um waren.
    »Los jetzt! Machen Sie sich an Ihre Arbeit!«
    Doch Tame rührte sich nicht. Fünfzehn Minuten waren vergangen, als Stillmans Hand schwer auf seine Schulter fiel und Tame mit einem Stöhnen aufstand. Wie ein Blinder wankte er durch den Garten und stand volle fünf Minuten vor der Schuppentür, bis er sich ein Herz faßte. Endlich biß er die Zähne zusammen und öffnete die Tür. Die Kerze war fast niedergebrannt. Sie flackerte noch ein paarmal auf, dann verlöschte sie. Dieser kurze Augenblick hatte jedoch genügt, um ihm die leeren Handschellen und am Boden der Grube eine Gestalt zu zeigen.
    Der Schweiß rann Tame das Gesicht herab und er ächzte. Er arbeitete wie ein Wahnsinniger, warf den Mörtel in die Grube und bedeckte ihn mit Erde, bis das Loch ausgefüllt war.
    Er mußte aufhören! Länger hielt er es in der Dunkelheit nicht aus! Er riß die Tür auf und stürzte in den Garten, als wenn der Geist Paul Amerys ihn verfolgte!
    Stillman sprang auf, als Tame kreidebleich vor Schrecken hereintaumelte. Er hatte gerade noch Zeit, ihn aufzufangen und auf einen Stuhl zu setzen. Dann schenkte er ihm ein volles Glas Whisky ein.
    »Trinken Sie das, Sie Esel!« befahl er. »Ich habe ein Vorhängeschloß angebracht, hier ist der Schlüssel dazu. Und passen Sie jetzt auf Miss Marlowe auf!«
    Tame nickte stumm.
    »Sie haben mich doch verstanden? Sie nehmen das Mädchen mit hinauf und passen auf sie auf! Unter keinen Umständen darf sie die Aufmerksamkeit auf sich lenken.«
    »Wohin gehen Sie denn? Lassen Sie mich doch nicht allein!« wimmerte Tame mit klappernden Zähnen.
    »Ich will Tupp aufsuchen, um ihm zu sagen, daß Sie alles erledigt haben. Dann muß ich ihn fragen, was mit dem Mädchen geschehen soll. Das ist sehr wichtig.«
    Im nächsten Augenblick war Tame allein - allein mit seinen Gedanken, seinen Ängsten und den Geistern. Die seltsamen Geräusche der Nacht, das Heulen des Windes im Kamin, die Regentropfen, die an das Fenster schlugen, wollten ihn schier zum Wahnsinn treiben.
    Er setzte das Glas an seine Lippen und leerte es zur Hälfte. Plötzlich erinnerte er sich an Amerys Worte; er verbarg das Gesicht in den Händen und weinte wie ein Kind.

48
    Elsa wußte, daß sie ohnmächtig geworden war - sie wußte, daß etwas Schreckliches geschehen war, und sie stöhnte, als sie sich auf dem harten Bett bewegte. Ihr Ellbogen stieß gegen die Wand, und der Schmerz brachte sie zu voller Besinnung. Ihr Kopf schmerzte und ihr Hals war wie zugeschnürt. Sie versuchte aufzustehen, doch die Knie gaben nach, und sie fiel auf das Bett zurück. Paul

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