029 - Hexenjäger aus dem Gestern
Freund Daniels niedergestochen hätte.
Es tut mir leid, aufrichtig leid, dachte er. Aber ich bin so sehr in Sorge um mein Kind…
Immer dunkler wurde es. Morgan konnte fast die Hand nicht mehr vor den Augen sehen. Er blieb stehen und lauschte. Nicht das geringste Geräusch drang an sein Ohr.
Hatte er die Hälfte des gefährlichen Weges schon zurückgelegt?
Wie weit war es noch bis zum Versteck der Vampire? Morgan hatte gehört, daß diese Schattenwesen in Särgen oder Sarkophagen schliefen.
Tat dies auch Pacar?
Werde ich den Obervampir sehen? fragte sich Morgan gespannt.
Er schlich weiter durch die Totenstille, war bestrebt, kein Geräusch zu verursachen, um die schlafenden Blutsauger nicht zu wecken.
Der Höhlenschlund weitete sich, wurde zu einer unterirdischen steinernen Pfanne. Ein grauer Lichtfilm lag auf dem Boden. Jeremias Morgan erkannte, daß die Höhle hier zu Ende war.
Folglich mußte er sich in diesem Augenblick ganz nahe bei den Vampiren befinden. Und Selma? Tastend schlich der verzweifelte Vater im Kreis. In der Mitte des Höhlenraumes lag ein Felsen, und Morgan mußte daran denken, daß möglicherweise darauf die Opfer der Schattenwesen ihr Leben verloren.
Ein kalter Schauer überlief ihn. Auch seine Tochter konnte auf diesem Stein ihr schreckliches Ende gefunden haben. Er blieb stehen und hielt unwillkürlich den Atem an.
Lag vor ihm, in einer Ausbuchtung des Felsens, nicht eine Gestalt? Morgan schlich näher heran, war bereit, mit dem Messer zuzustoßen, falls er angegriffen werden sollte.
Das bleiche Oval eines Gesichts leuchtete ihm entgegen. Das war ein Vampir! Jeremias Morgan biß sich auf die Lippe.
Er sah die fahlen Züge des Schattenwesens und die spitzen Zähne, die unter der Oberlippe hervorlugten.
Ein Vampir!
Zum erstenmal in seinem Leben wurde Morgan mit solch einem blutgierigen Ungeheuer konfrontiert, und ihm kroch eine eiskalte Angst in die Knochen. Obwohl der Untote schlief, fürchtete Morgan ihn.
Er wich zurück, und ihm kamen Zweifel, ob er das Richtige tat.
Robert Daniels hatte es wirklich nur gut mit ihm gemeint, als er ihn nicht in diese Höhle gehen lassen wollte.
Befanden sich die Freunde noch draußen? Oder waren sie inzwischen ins Dorf zurückgekehrt? Wenn er hier drinnen um Hilfe schrie – würde das draußen jemand hören?
Und wenn es jemand hörte – wer würde den Mut aufbringen, die Vampirhöhle zu betreten? Morgan tastete sich weiter. Er entdeckte einen zweiten und einen dritten schlafenden Vampir.
Wer von diesen unheimlichen Schattenwesen war Pacar? Es hieß, er wäre größer und kräftiger als seine Vampir-Diener.
Werde ich ihn sofort erkennen, wenn ich ihn sehe? fragte sich Morgan. Er erreichte die Feuerstelle. Seine Finger berührten verkohltes Holz, aber nicht nur Holz.
Da war auch noch etwas anderes. Glatt war es, und lang. Entsetzt begriff Jeremias Morgan, daß er einen menschlichen Oberschenkelknochen in der Hand hielt.
Wessen Knochen war das? Etwa Selmas Knochen? Großer Gott!
Hatten die Vampire das Mädchen getötet und verbrannt? Es wurde für Morgan zur fixen Idee, daß er den Knochen seiner Tochter in der Hand hielt.
Tränen quollen aus seinen Augen, und ein schmerzliches Schluchzen entrang sich seiner Kehle. Er selbst hörte es nicht, aber die Vampire vernahmen es – und erwachten!
***
Ich hatte es geahnt, daß Frank Esslin mit gezinkten Karten spielte.
Als er seine Walther-Pistole zog, hechtete ich zur Seite. Frank drückte mit haßverzerrtem Gesicht ab.
Alles, was er gesagt hatte, war gelogen. Er gehörte nach wie vor auf die andere Seite, und es gab nichts Erstrebenswerteres für ihn, als mich zu töten. Seine Kugel fegte an mir vorbei.
Ich landete hart auf dem Boden, wälzte mich weiter, schoß, ohne zu zielen, rollte noch einmal herum und lag dann hinter einem schweren Sessel. Da wurde eine Tür aufgehämmert, und Yora stürmte herein.
Die zweite Lüge. Frank hatte gesagt, sie hätte in der Nacht sein Haus verlassen. Auch das stimmte nicht. Da war sie, die gefährliche Totenpriesterin im wallenden Blutornat.
»Tony Ballard!« rief Frank Esslin ihr zu. »Er ist hier, Yora!«
Das rothaarige Mädchen riß den Seelendolch aus dem Gewand.
Meine Situation wurde kritisch, denn ich mußte in Deckung bleiben, da Frank Esslin seiner dämonischen Verbündeten Feuerschutz gab.
Ich vermutete, daß geweihte Silberkugeln zu schwach sein würden, um Yora zu vernichten. Damit konnte ich sie höchstens schwächen. Wenn ich dieser
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