029 - Hexenjäger aus dem Gestern
würde er fürs erste entschärft sein, und danach würde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um den einstigen Freund umzupolen.
Ich hatte in der letzten Zeit viele Freunde dazugewonnen, die nicht von dieser Welt waren. Einer von ihnen mußte mir helfen können. Wichtig war nur, daß wir Frank Esslin in unserer Gewalt hatten.
Seine Niederlage zeichnete sich ab. Er stierte mich mit glasigen Augen an. Ein Zeichen dafür, daß ihn mein nächster Schlag umwerfen würde.
Ich holte aus. Da schrie Yora in der Tiefe dieses unheimlichen grauen Waberns seinen Namen, und mit ihm ging eine unerwartete Wandlung vor. Es hatte den Anschein, als würde Frank Esslin aufwachen.
Er schüttelte die Benommenheit ab, riß sich zusammen, konterte mit einer Härte, die ich ihm nicht mehr zugetraut hätte. Er überraschte mich damit so sehr, daß ich zwei Schritte zurückwankte und mich unter Schmerzen krümmte.
Frank setzte nicht nach. Es ging ihm nicht darum, mich fertigzumachen. Er hatte sich nur Luft verschaffen wollen. Jetzt hatte er sie, und er nützte sie augenblicklich.
Wie ein Blitz fuhr er herum und sprang. Mit den Füßen voran tauchte er in den grauen Nebel ein. Da, wo der Nebel lag, schien es keinen Fußboden mehr zu geben.
Frank versank – wie in einem Sumpf, allerdings schneller. Egal, wohin er sich absetzte, ich mußte mit!
Ich wußte nicht, wohin dieses von Yora geöffnete Tor führte. Zukunft, Vergangenheit, Parallelwelten, Jenseitswelten, Hölle… Alles war möglich, und ich war entschlossen, meinen beiden Feinden sogar in die Hölle zu folgen. Wenn es sein mußte, würde ich sogar gegen Asmodis persönlich kämpfen.
Ich schnellte mich ab, flog waagrecht durch die Luft, meine Hände weit nach vorn gestreckt. Kein Tormann konnte das besser.
Ich erwischte Frank Esslin, der in diesen wabernden Schlund hinabtauchte.
Meine Finger krallten sich in sein Jackett. Er drehte sich, wollte sich losreißen, doch ich hielt ihn fest. Wohin es ihn auch verschlug, ich würde bei ihm sein.
Wir tauchten ein in das dunkle, undurchsichtige Grau. Frank bäumte sich unter mir auf. Ich konnte ihn nicht sehen, aber ich spürte ihn.
Er landete mit seiner Faust einen Volltreffer. Mir verging für einen Moment Hören und Sehen. Als ich mich von dem Schlag erholt hatte, fiel mir auf, daß ich Frank nicht mehr festhielt.
Ich hatte den Söldner der Hölle verloren!
Mist!
Suchend stießen meine Hände durch das Grau, das mich immer noch umgab, doch ich erwischte Frank Esslin nicht wieder. Unter mir wurde es heller. Etwas klatschte mir ins Gesicht.
Blätter waren es. Dünne Zweige geißelten mich, Äste stießen unsanft gegen meinen Körper, bremsten meinen Fall, und Sekundenbruchteile später landete ich auf weichem, moosigem Boden.
Der Aufprall machte mich benommen. Ich blieb eine Weile liegen, um mich zu erholen. Zum Glück waren meine Knochen heil geblieben. Als ich mich etwas besser fühlte, richtete ich mich auf und stellte fest, daß ich mich in einem düsteren, verfilzten Wald befand.
Aber wo war ich genau? Ich hatte keine Ahnung, und ich wußte auch nicht, wie ich dorthin zurückgelangen konnte, woher ich gekommen war. Pleite auf der ganzen Linie.
Yora und Frank war die Flucht geglückt – und ich befand mich irgendwo…
***
Pacar riß die Augen auf. Ein Mensch befand sich in seiner Höhle.
Blut!
Der Obervampir erhob sich fauchend. Jeremias Morgan hörte ihn und kreiselte herum. Totenblaß ließ er den Knochen fallen und wich zitternd zurück.
Der Tatsache, daß er ein Messer in der Hand hielt, war er sich kaum noch bewußt. Aus der Dunkelheit schälten sich weitere Vampire. Eisige Schauer jagten über Morgans Rücken, dem in diesem furchtbaren Moment klar wurde, daß er in dieser Höhle ein Ende mit Schrecken finden würde.
Die gierigen Blutsauger kreisten ihn ein. Es gab keinen Weg mehr zurück für ihn. Ein dicker Kloß saß in seinem Hals, und die nackte Angst krallte sich schmerzhaft in sein Herz.
»Ihr… ihr wart heute nacht im Dorf!« preßte Morgan heiser hervor. »Nicht wahr? Ihr wart im Dorf!«
Die Vampire antworteten nicht. Ihr Ring zog sich allmählich enger zusammen.
»Ihr habt euch meine Tochter geholt!« keuchte Jeremias Morgan.
Pacar grinste. Dabei entblößten seine Lippen die langen Hauer.
»Ihr habt Selma aus meinem Haus entführt!« schrie Morgan anklagend.
»Wir ernähren uns vom Blut der Menschen. Wir müssen es trinken, um am Leben zu bleiben.«
»Warum Selma? Sie… sie war doch
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