029 - Hexenjäger aus dem Gestern
lieber nicht versuchen, denn wenn er mich in die Enge trieb, würde ich mich meiner Haut wehren, und das konnte für ihn unter Umständen tödlich ausgehen.
Das Haus machte einen so leeren, unbewohnten Eindruck auf mich, daß ich beinahe hätte annehmen können, Chuck Farda hätte hier niemanden gesehen. Aber ich hatte einen Beweis dafür, daß dies nicht der Fall gewesen war.
Alles, was Farda mir erzählte, stimmte.
Auch die Geschichte mit Yora. Den Beweis dafür hatte er selbst geliefert – als Zombie. Ich überlegte, was nun geschehen sollte.
Es bestand die Möglichkeit, daß Frank Esslin und Yora sich im Moment nicht im Haus befanden. Dann konnte ich mir unbemerkt Einlaß verschaffen und auf ihre Rückkehr warten.
Da ich aber nicht wußte, ob die beiden tatsächlich nicht anwesend waren, mußte ich erst einmal näher an das Gebäude heran. Geduckt lief ich über einen weichen hohen Rasen.
Erst beim Haus richtete ich mich auf, schlich an der Wand entlang, erreichte ein Wohnzimmerfenster und warf einen Blick durch die Scheibe. Der Living-room war leer, soweit ich das von meiner Position aus sehen konnte.
Ich schlich weiter zur Terrasse und blieb wie angewurzelt stehen, als ich Frank Esslin, den Söldner der Hölle, erblickte!
***
1692
Sie suchten weiter nach Selma. Jeremias Morgan versprach den Männern alles, wenn sie nur nicht aufgaben. Immer tiefer wagten sie sich in den finsteren Wald hinein, obwohl sie alle wußten, daß das nicht ungefährlich war.
Es gab nicht nur den Hexenjäger Stockard Ross, vor dem man sich in acht nehmen mußte. Auch vor den Soldaten des Count Gilford war niemand sicher.
Und es gab Vogelfreie, Gesetzlose, deren Heimat dieser Wald war, und denen Robert Daniels lieber nicht begegnen wollte, obwohl er noch nie gehört hatte, daß die Gesetzlosen einem Mann aus dem Volk ein Leid zugefügt hatten.
Es bestand natürlich auch die Gefahr, von den Soldaten des Count für einen Gesetzlosen gehalten zu werden. Dann brachten sie einen entweder gleich um, oder man landete im Kerker oder endete am Galgen.
Nach weiteren zwei Stunden vergeblichen Suchens meinte Daniels, daß es nun endgültig genug wäre. »Wir fordern unser Schicksal auf das sträflichste heraus«, sagte er. »Es ist vernünftiger, wir kehren um.«
»Aber wir haben Selma doch noch nicht gefunden«, jammerte Jeremias Morgan verzweifelt.
»Ich weiß, es tut dir weh, wenn ich es sage, aber ich muß es trotzdem aussprechen, Jeremias: Ich glaube nicht, daß wir Selma noch finden können. Wir suchen sie nun schon seit sechs Stunden. Doch nicht einmal wenn wir sie sechs Tage suchen würden, würden wir sie in diesem Wald finden.«
Einer der Männer gesellte sich zu ihnen. »Dort hinten ist eine Höhle.«
Robert Daniels nickte. »Ich weiß. Keiner von uns wird sie betreten. Es ist die Vampirhöhle.«
Morgan schluckte aufgeregt. »Vielleicht befindet sich Selma dort drinnen.«
»Dann sei Gott ihrer armen Seele gnädig«, sagte Daniels.
»Freunde, wir haben uns zu weit vorgewagt. Wir befinden uns im Bezirk des Bösen…«
»Ich muß in die Höhle!« fiel ihm Jeremias Morgan ins Wort.
»Das lasse ich als dein Freund nicht zu!« sagte Daniels ernst.
»Wenn Selma dort drinnen ist…«
»Kannst du nichts mehr für sie tun, dann ist sie verloren, dann hat Pacar, der Obervampir, ihr Blut getrunken und sie damit zum Schattenwesen gemacht. Du setzt dein Leben aufs Spiel, wenn du die Vampirhöhle betrittst!« sagte Daniels eindringlich.
»Für Selma bringe ich jedes Opfer.«
»Das ist kein Opfer, das ist Wahnsinn, Selbstmord!«
»Man sagt, am Tage schlafen die Vampire. Dann kann mir nichts geschehen.«
»Und wenn du sie weckst?«
»Der Tag ist ihr Feind«, behauptete Morgan.
»Nicht der Tag als Zeit, sondern das Tageslicht, das Licht der Sonne ist für sie gefährlich. Aber gibt es Licht in dieser Höhle? Nein. Dort drinnen kann den Vampiren das Tageslicht nichts anhaben. Das heißt mit anderen Worten, sie können sich erheben, wenn du sie weckst, und werden über dich herfallen.«
»Ich muß Gewißheit haben, verstehst du das nicht, Robert?«
»Nein!« sagte Daniels entschieden.
»Es geht um Selma, mein einziges Kind. Sie ist mein Herz, meine Seele. Ich muß wissen, ob sie bei den Vampiren ist.«
»Und ich sage dir, du setzt deinen Fuß nicht in diese Höhle des Grauens, Jeremias.«
»Du kannst mich nicht davon abhalten.«
»O doch, das werde ich tun!« sagte Daniels schneidend. »Wenn es sein muß, sogar mit
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