029 - Hexenjäger aus dem Gestern
dabei, den ich auftreiben konnte: dich!«
»Wir wollen hoffen, daß der nicht versagt.«
»Garantiert nicht.«
***
Esther Morgan zündete eine Öllampe an. »Jeremias!« rief sie. »Jeremias, wo bist du?« Plötzlich stockte ihr der Atem. Der Hausaltar, vor dem sie viele Stunden gebetet hatte, war völlig zerstört worden.
»Um Gottes willen, wer hat diesen sträflichen Frevel begangen?«
stöhnte sie.
Begreifst du immer noch nicht? dachte Robert Daniels. Dein Mann hat das getan! Jeremias Morgan, über dessen Rückkehr du dich so sehr freust. Eigentlich ist er nicht mehr dein Mann. Er ist nicht mehr mein Freund, er gehört nicht mehr zu uns, Esther. Er ist eine große Gefahr für das ganze Dorf. Wenn sein Hunger erwacht, ist er nur noch mit Blut zu stillen. Keine andere Nahrung wird Jeremias Morgan von nun an zu sich nehmen.
»Jeremias!« rief Esther und eilte aus dem Raum.
»Bleib hier«, sagte Robert Daniels.
»Ich muß ihn suchen.«
»Bleib, Esther…«
»Er ist bestimmt oben… müde von den Strapazen … Er liegt im Bett!« Die Frau hastete die Holztreppe hinauf und öffnete die Tür des Schlafzimmers. Das Bett war nicht berührt worden.
Der Raum schien leer zu sein. Esther Morgan wollte schon umkehren, da fiel das Licht der Öllampe auf eine Gestalt, die neben der Tür stand.
»Jeremias.«
Bleich, krank, abgekämpft sah er aus. Um seine Lippen hing ein verschlagener Ausdruck.
»Jeremias, versteckst du dich hier?«
»Ich kam eben erst nach Hause, wollte mich umziehen.«
»Großer Gott, bin ich froh, daß du wieder daheim bist. Robert glaubte nicht, daß du noch mal nach Hause kommst, aber ich habe fest daran geglaubt, habe zu Gott gebetet, und es hat genützt.«
»Ja, Esther, es hat genützt«, erwiderte Jeremias Morgan. Er löste sich von der Wand. Der Frau fiel nicht auf, daß er keinen Schatten warf.
»Und Selma?« fragte Esther.
»Ich habe sie gesehen.«
»Wirklich? Wo?«
»Sie ist bei Freunden. Ich habe ihr erlaubt, zu bleiben. Sie ist gut aufgehoben.«
»Aber wie konnte sie ohne unser Einverständnis…?«
»Sie sagt, es tut ihr leid. Es wird nicht wieder vorkommen, das hat sie mir versprochen.« Jeremias Morgan trat auf seine Frau zu.
»Komm, laß dich umarmen. Es ist schön, wieder zu Hause zu sein.«
»Ich bin ja so froh, Jeremias.« Esther wollte in seine ausgebreiteten Arme sinken, da rief unten Robert Daniels seinen Namen.
Jeremias Morgan zuckte fauchend zurück. Haß glomm in seinen Augen. Esther schaute ihn verwundert an. »Was hast du? Es ist doch unser Freund Robert Daniels. Er war mir eine große Hilfe.«
»Schick ihn nach Hause«, zischte Morgan.
»Esther!« rief Daniels. »Was machst du so lange dort oben?«
»Er geht bald von selbst«, sagte Esther zu ihrem Mann.
»Du schickst ihn nach Hause!«
»Das kann ich nicht, nachdem er sich so sehr um mich bemüht hat.«
»Sag ihm, er soll gehen. Kein Wort von mir. Ich möchte ihn nicht sehen.«
»Aber Jeremias, er ist dein Freund, und er macht sich Sorgen um dich. Er würde sich sehr freuen, dich wiederzusehen. Komm mit mir hinunter.« Sie griff nach seiner Hand. »Meine Güte, wie kalt deine Hand ist…«
Jeremias Morgan starrte seine Frau durchdringend an. Eine hypnotische Kraft war in seinen Augen. Sein Blick machte ihr mit einemmal Angst.
»Esther!« rief Daniel wieder. Diesmal befand er sich schon am unteren Ende der Treppe. Die Sache kam ihm nicht ganz geheuer vor.
»Robert!« gab Esther zurück. »Jeremias – er ist hier!«
Morgan stieß einen wütenden Fluch aus. Er packte seine Frau, riß sie zurück, als sie das Schlafzimmer verlassen wollte, und versetzte der Tür einen kraftvollen Tritt.
Als die Tür zuknallte, hörte sich das wie ein Schuß an. »Esther!«
schrie Robert Daniels bestürzt. Er konnte sich lebhaft vorstellen, was soeben passierte. »O mein Gott!« stöhnte er.
Im Schlafzimmer kreischte Esther Morgan. Endlich hatte sie begriffen. Sie sah die langen Eckzähne ihres Mannes und versuchte sich von ihm verzweifelt zu befreien.
Die Öllampe fiel auf den Boden. Öl floß aus und entzündete sich.
Das Feuer zwang den Vampir, zurückzuweichen. Er ließ von seiner Frau ab. Sie fiel schluchzend gegen die Wand und starrte geistesabwesend in die Flammen, die sich ausbreiteten.
Daniels stürmte die Treppe hinauf, Jeremias Morgan wollte das brennende Zimmer verlassen. Er öffnete die Tür, sah Daniels, der das Obergeschoß schon fast erreicht hatte, warf die Tür wieder zu und stemmte sich
Weitere Kostenlose Bücher