0291 - Die Doppelrolle eines Satans
sonst heißen mag - nicht wegräumen, werden wir alle eines Tages im Zuchthaus sitzen. Der Kerl muss wirklich einen verdammt guten Riecher haben, sonst wäre er unmöglich dahinter gekommen, dass Mock, Big Boy Tony und ich uns heute treffen wollten.
Wie man es auch durchdenkt, von welcher Seite man das Ganze auch ansieht, dachte Henry Marshall verzweifelt, es gibt keinen Ausweg. Ich hätte mich vielleicht nie auf die ganze Geschichte einlassen sollen. Ich hätte der bezahlte Falschspieler der Spielclubs von Harlem bleiben sollen.
Dann könnte ich mir natürlich auch keinen Gorilla leisten und keine Zweihundert-Dollar-Anzüge und keine anständigen Zigarren und nicht so viel Whisky, wie ich haben will. Und ’ne teure Freundin könnte ich mir dann natürlich auch nicht erlauben. Ach, es ist zum Auswachsen.
Er grübelte so lange über seine Zwangslage nach, in die er durch eigene Schuld hineingeraten war, bis ihn Beracci plötzlich anstieß.
»Ja, was ist denn los?«, fragte er erschrocken.
»Da vorn«, erwiderte Big Boy Tony. »Mock ist in den Feldweg eingebogen.«
»Der da vorn hinter dem Meilenstein nach rechts in die Felder geht?«
»Ja. Pass in Zukunft selber auf und träum nicht! Schließlich sitzt du am Steuer, nicht?«
»Schon gut«, brummte Marshall und betätigte den Blinker.
Er verlangsamte die Geschwindigkeit und ließ den Wagen im zweiten Gang von der Straße weg auf den Feldweg einbiegen. Zwei tief ausgefahrene Rinnen von den Rädern der Traktoren und Zugmaschinen erschwerten die Fahrt außerordentlich. Marshall nahm noch ein wenig Gas weg und ließ den Wagen jetzt mit höchstens zehn Meilen über den Weg rumpeln.
Nach einer knappen Meile stieg das Gelände rechts und links stark an, so dass der Feldweg zu einem Hohlweg wurde. Gleich darauf machte er eine scharfe Linkskurve. Marshall schlug das Steuer ein und trat im selben Augenblick auch schon heftig auf die Bremse.
Der Weg öffnete sich knapp hinter der Kurve zu einem kleinen Talkessel. Rechts und links stiegen fast kreisförmig die Hänge zu den höher gelegenen Feldern empor. Büsche und Gestrüpp standen auf den Hängen, die Sohle des Tals dagegen war mit beinahe kniehohem Präriegras bedeckt.
Mocks Wagen stand links, Marshall steuerte seinen also ein wenig nach rechts und hielt ihn an. Die beiden Fahrzeuge blockierten jetzt den Weg in den Talkessel völlig. Beracci und Marshall kletterten hinaus. Mock lehnte an seinem Wagen.
»Nim?«, rief er fragend. »Wie ist es? Kommt er?«
»Als wir von der Straße abbogen, war er noch hinter uns«, nickte Big Boy-Tony.
Pete Mock zog seinen Revolver und entsicherte ihn.
»Versteck dich da drüben in den Büschen, Beracci«, befahl er. »Ich bleib hier. Hank, du wendest deinen Wagen und bleibst am Steuer sitzen. Wenn er etwa sofort wieder rückwärts setzt, müssen wir ihm sofort nachf ahren können.«
»Ja«, sagte Marshall und wusste nicht, ob er sich darüber freuen sollte, dass er am Steuer seines Wagens sitzen bleiben durfte, oder ob man ihm da nicht vielleicht den gefährlichsten Teil aufgehalst hatte. Wenn der Detektiv schoss, zielte er vielleicht als Erster auf den Mann am Steuer, weil dieser ihn ja am ehesten verfolgen könnte. Marshall war kreidebleich, als er wieder in seinen Wagen stieg.
Aber dann ging auf einmal alles so schnell, dass er kaum verstand, wie es überhaupt geschah. Er hatte seinen Wagen gerade ein Stück ins Tal hineingesteuert, da krachten auf einmal die Schüsse…
***
Zuerst sah es aus, als würde sich der Wagen nach vorn überschlagen Der Kühler senkte sich. Alles ging im Zeitraum weniger Sekunden vor sich, aber dennoch hatte ich das Gefühl, es geschehe alles gleichsam in Zeitlupe. Das dunkle Wasser des Hudson schwebte uns entgegen, plötzlich aber merkten wir, dass sich das Heck des Wagens jetzt schneller senkte, so dass das ganze Fahrzeug wieder in die Waagerechte kam Wahrscheinlich lag es daran, dass Phil und ich auf der hinteren Bank saßen.
»Bleib ruhig sitzen, Phil«, sagte ich. »Wir geben noch nicht auf.«
»Natürlich nicht«, erwiderte Phil.
Seine Stimme klang heiser.
Da schlugen wir auch schon auf dem Fluss auf. Der Aufprall war so heftig, dass ich mit dem Kopf gegen die Decke des Wagens krachte. Und dann sanken wir langsam ab. Rechts und links gluckerte und gurgelte Wasser herein. Am stärksten kam es unter den Türen durch. Die Fenster hielten dicht, wenigstens sah es so aus.
Und dann war es auf einmal stockdunkel um uns. Nur das
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