0291 - Die Doppelrolle eines Satans
sich nicht zu bedanken, Mister Fisher. Wir haben nur unsere Pflicht getan. Vielleicht bleiben Sie in unserer Nähe«
»Natürlich. Sir.«
Irgendwo in der Ferne schwoll das Heulen einer Polizeisirene an. Aus einer anderen Richtung kam kurz darauf der auf- und abschwellende Ton einer zweiten Sirene. Ein paar Augenblicke später bog weiter oben auch schon der erste Streifenwagen der Stadtpolizei mit rotierendem Rotlicht und gellender Sirene in die 98 Straße ein.
»Sie kommen«, sagte jemand neben mir.
Ich wandte meinen Blick für einen Augenblick von den zehn Gangstern an der Mauer ab und sah mir den Mann an, der gerade gesprochen hatte Es war der Reporter Sammy, der trotz des schlechten Wetters wieder aus seinem, Straßenkreuzer herausgeklettert war.
»Vielen Dank, Sammy«, sagte ich.
»Keine Ursache«, meinte er und hob seine Kamera. »Schieben Sie doch mal den Lauf Ihrer Tommy Gun ein bisschen höher, Cotton«, bat er. »Das macht sich dekorativer.«
Ich tat ihm den Gefallen. Er knipste zweimal. Jedes Mal, wenn das Blitzlicht aufflammte, lag die ganze Szenerie für einen Sekundenbruchteil in ein grelles Licht getaucht.
***
Der kleine Sitzungssaal im Distriktsgebäude war überfüllt. Es waren ungefähr sechzig Reporter und annähernd zwanzig Journalistinnen gekommen, nachdem sich unsere Presseabteilung in den vergangenen zwei Stunden die Finger heiß telefoniert hatte, um alle Redaktionen zu verständigen.
Als Phil und ich das kleine Podium betraten und uns an dem langen Tisch niederließen, an dem bereits Mr. High, unser Distriktschef, und Bill Malloone, der Leiter unserer Presseabteilung, saßen, flammten die Blitzlichter um die Wette.
Bill sah den Chef fragend an, und als Mr. High nickte, zog sich Bill das kleine Tischmikrofon ein wenig näher und begann zu sprechen.
»Meine Damen und Herren«, sagte er, »im Namen des Federal Bureau of Investigation, Distrikt New York, heiße ich Sie herzlich willkommen zu unserer Pressekonferenz. Zugleich bitte ich Sie um Entschuldigung dafür, dass wir Sie so kurzfristig einluden, aber Sie werden gleich hören, warum wir Sie nicht früher verständigen konnten. Sie alle kennen wahrscheinlich Mister Cotton und Mister Decker. Die beiden Gentlemen werden Ihnen zunächst eine kleine Geschichte erzählen, die von uns offiziell zur Veröffentlichung freigegeben ist.«
Die ganze Pressekonferenz lief nach einem genau ausgedachten Plan ab, kein Wort, das von unserer Seite gesprochen wurde, war dem Zufall überlassen worden: Wir hatten alles vorher festgelegt. Dazu gehörte auch die Version unseres Einsatzes in der 98. Straße. Weil immer nur einer reden kann, und weil keiner von uns beiden die Geschichte erzählen wollte, hatten Phil und ich vor der Tür um die Ehre gelost. Phil hatte das Nachsehen, er verlor und musste folglich erzählen. Nach Bills einleitenden Worten erhob er sich und trat an das Rednerpult, wo ein weiteres Mikrofon aufgebaut war.
»Ladies and Gentlemen«, sagte er. »Mein College Cotton und ich hatten heute am Spätnachmittag etwas in der 98. Straße zu erledigen…«
»Was denn?«, rief ein besonders Neugieriger aus der Schar der Reporter.
Phil sah fragend hinüber zu Bill. Er hielt sich genau an die Anweisung, die Beantwortung von Zwischenfragen entweder Mr. High oder Bill Malloone zu überlassen. Bill schaltete das Mikrofon aus, das vor ihm stand, unterhielt sich eine Minute flüsternd mit Mr. High und schaltete danach das Mikrofon wieder ein.
»Dieser Fäll ist noch nicht geklärt«, sagte er. »Wir können die Beantwortung dieser Frage deshalb nicht vornehmen. Sprechen Sie weiter, Mister Decker.«
»Okay«, sagte Phil. »Also Jerry und ich bummelten die 98. Straße entlang. Sie wissen ja selbst alle, was für ein miserables Wetter heute den ganzen Tag über herrschte. Die Geschichte, die wir hatten erledigen sollen, war vorüber, und Jerry und ich wollten zu unserem Wagen, den wir in der 96 Straße abgestellt hatten. Wir wollten mit dem Wagen hierher zum Distriktsgebäude zurückkehren. Da fiel uns auf, dass in einem Zimmer im Bürogebäude der stillgelegten Fabrik in der 98. Straße Licht brannte. Außerdem sahen wir vor dem Eingangstor, das einen winzigen Spalt offenstand, obgleich es selbstverständlich hätte abgeschlossen sein müssen, einen bei uns bestens bekannten Gangster stehen: nämlich Tonio Beracci, der allgemein unter dem Spitznamen ›Big Boy Tony‹ bekannt ist.«
»Stand er allein da?«, rief ein Reporter.
»Ja. Wir gingen
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