0292 - Sieben Seelen für den Dämon
etwas im Zimmer vergessen hat. Er durchquerte die Halle und trat zum Lift.
Um halb drei Uhr nachts herrschte hier immer noch Betrieb. Ein paar Gäste kamen von einem nächtlichen Strandausflug zurück, unterhielten sich gedämpft, scherzten und lachten leise. Bevor sie Faulcon erreichten, kam der Lift. Faulcon dachte gar nicht daran, auf die Gruppe zu warten, sondern ließ sofort abfahren. Die Tür schloß sich direkt vor dem vordersten der Hotelgäste. Es brachte Faulcon einen unhöflichen Wunsch des Mannes ein. Aber der Dämonenbeschwörer machte sich nichts daraus.
Er stand über den einfachen Dingen des Lebens.
Im siebten Stock stieg er aus und bewegte sich über den Gang. Wo er Pedro Saumarez’ Zimmer fand, wußte er. Vor der Tür blieb er kurz stehen und lauschte. Drinnen war alles ruhig.
Aber das besagte bei der Schalldämpfung dieser Luxuskabinen nichts.
Langsam drückte Faulcon die Türklinke nieder.
Abgeschlossen.
Er zog ein kleines Instrument aus der Tasche, führte es in das Schlüsselloch ein und bewegte es ganz langsam, ganz vorsichtig, ganz geduldig und ganz lautlos. Er hatte Zeit. Niemand drängte ihn. Auch wenn viele Gäste noch munter waren - der Zimmerservice war um diese Nachtstunde längst nicht mehr aktiv, und daß ein weiterer Gast über den Korridor kam, würde erstens ein seltener Zufall sein und zweitens keine Rolle spielen. Faulcon konnte dann so tun, als habe er gerade abgeschlossen, und seiner Wege gehen. Wer achtete schon darauf?
Er hörte es dezent klicken. Das Schloß war entriegelt. Der innen steckende Schlüssel hatte sich brav mitgedreht, anstatt den Einbruchsversuch zu blockieren. Saumarez hatte ihn steckengelassen, weil er am kommenden Morgen bis ultimo schlafen und nicht von den Zimmermädchen mit dem Generalschlüssel gestört werden wollte, die unbedingt die Betten machen wollten.
Faulcons kleines Instrument war besser als der Generalschlüssel des Hotels.
Und in Hotels dieser Preiskategorie quietschten weder Türangeln noch Treppenstufen. Lautlos drang Robert Faulcon in das Zimmer ein, trat in den Schlafraum und hörte regelmäßige Atemzüge. Spürte Saumarez nicht, daß sich jemand im Zimmer befand? Nein. Er schlief ruhig weiter.
Ruhig und viel tiefer als normal. Dafür sorgte die Droge.
Faulcon stellte sein Sehen um. Von einem Moment zum anderen nahm er seine Umgebung nicht mehr mit den Augen wahr, sondern mit seinem Geist. Er sah die Seele seines Opfers.
Wenn ein Mensch träumt, geht sein Geist, seine Seele zuweilen auf Wanderschaft. Der Astralleib vermag sich auf weite Reisen zu bewegen und ist nur mit einer Art Nabelschnur mit dem Körper verbunden. So auch hier. Die Droge, die Faulcon seinem Opfer heimlich verabreicht hatte, verstärkte diesen Vorgang noch. Saumarez träumte sehr intensiv. Seine Seele schwebte als Astralleib gut einen Meter über seinem Körper und wollte sich allmählich auf Reisen begeben.
Faulcon sah nicht, wovon Saumarez träumte. Es interessierte ihn auch nicht. Er griff in die Innentasche seiner leichten Jacke und zog ein kleines Gefäß daraus hervor, eine gut zehn Zentimeter hohe, etwas bauchig gewölbte Flasche. Faulcon öffnete den Verschluß.
Dann kappte er die Nabelschnur zwischen Körper und Astralleib.
Der Astralkörper begann zu schrumpfen. Er wehrte sich gegen Faulcon, konnte aber nichts ausrichten. Faulcon hatte sich vorher in einem magischen Ritual für sein Vorhaben gestärkt. Es lief ab wie schon vier Male zuvor. Seine Kraft bändigte die der Seele seines Opfers und zwang sie in die Flasche!
Saumarez’ Körper konnte nicht mehr unruhig werden bei diesem vergeblichen Kampf um die Freiheit, weil die Verbindung unterbrochen worden war. Es gab keine »Nabelschnur« mehr.
Ruhig schloß Faulcon die Flasche wieder und steckte sie ein. Dann verließ er das Zimmer, verzichtete darauf, wieder abzuschließen, und bewegte sich nach unten, die geraubte Seele gut verborgen. Unten im Foyer liefen ihm vier Menschen über den Weg, die ebenfalls gerade von außerhalb wieder zurückkamen, obgleich es vier Uhr morgens war. Dieser Historiker Fleming, sein Begleiter an der nachmit täglichen Hotelbar, und zwei gutaussehende junge Frauen. Die Brünette faszinierte ihn, die sich in Flemings Begleitung befand. Noch immer war sein Sehen teilweise auf den astralen Bereich eingestellt, und er sah die Seele des Mädchéns. Sie besaß genau das Potential, das er brauchte.
Das konnte ohne weiteres Opfer Nummer sechs werden!
Warum eigentlich
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