0294 - Das Grauen wohnt in toten Augen
mehr gehorchte. Der Jeep schlingerte und wurde fast umgekippt. Alle seine Fahrkünste bot der blonde Junge auf, um den Wagen zu stabilisieren.
»Da! Sieh doch! Ein Wunder!« stieß Carsten Möbius hervor.
Seine Hand wies auf die Gestalt an den Leinen zweier zerfetzter Fallschirme, die schon fast mit dem bloßen Auge erkennbar war.
Ein unheimlicher Windstoß fing ihn auf und schien ihn zu tragen wie ein fliegender Teppich. Zamorra wurde seitwärts davongeweht und leicht wieder emporgetragen, um dann langsam im gemächlichen Tempo niederzusinken.
»Dank dir, Aeorosh!« rief der Meister des Übersinnlichen. »Ich werde diese Hilfe nie vergessen!«
»Danke nur dem Elementargeist, denn die Winde sind seine Kinder und mit ihrer Hilfe gelang deine Rettung. Doch Aeorosh selbst ist fern von hier. Ihn hättest du vergebens gerufen!« flüsterte es aus dem Nichts.
»Wer bist du, Wesen der Geisterwelt?« fragte Professor Zamorra das Unbekannte.
»Ich bin Asfar und die Kinder der Wüste nennen mich einen Dschinn!« vernahm Professor Zamorra die Worte des Geistes. »Ich bin ein Diener des Elementargeistes und er befahl mir, über seine Kinder zu wachen. Wenn ich es befehle, dann fegen die Wüstenwinde über das Land zum Segen oder zur Zerstörung, ganz wie es mir beliebt!«
»Ich habe von Geisterreitern aus Sand gehört!« sagte Zamorra. »Sind sie dein Werk?«
»Was kümmert dich mein Spiel?« fragte Asfar und die Stimme klang zornig, wie der Meister des Übersinnlichen feststellte.
»Freunde von mir sind dadurch in Gefahr gekommen. Darum bin ich hier!« sagte Zamorra. »Ich werde verhindern, daß die Geisterreiter wieder erscheinen. Du drohst wie eine Maus in den Fängen einer Katze!« lachte Asfar, und ließ Zamorras Körper einige Meter tief im freien Fall hinabsausen, um ihn dann bleich, aber unbeschadet wieder aufzufangen. »Wenn ich dich nicht halte, wirst du mein Spiel nicht stören. Nach den Gesetzen der Geisterwelt brauche ich dir nicht zu helfen. Du hast mir kein besonderes Geschenk gemacht oder ein Versprechen gegeben, daß ich dir helfen müßte!«
»Viele meiner Gegner und die Schwarze Familie würden dich reich belohnen, wenn du mich fallen lassen würdest!« erklärte Professor Zamorra. Er wußte, daß er jetzt hoch pokerte. Dieser Wüstengeist war mit keinem der Wesen aus der Welt des Unbekannten vergleichbar, die Professor Zamorra bisher kennengelernt hatte. Die Gespenster von Pembroke Castle und auch der Disco-Vampir von Trier waren immer noch in ihren Gedanken und ihrem Handeln Menschen und Kinder ihrer Zeit.
Ein Dschinn jedoch hatte nichts Menschliches an sich. Er war von Anfang ein körperloses Geistwesen. Wie würde er reagieren?
»In deinen Gedanken habe ich gelesen, daß du ein Mann bist, den man in der Dschehenna wie die Völker der Wüste zur Hölle sagen, fürchtet. Und ich weiß auch, daß du eben von einem Diener des Scheitans, des Teufels, angegriffen wurdest. Doch du trägst den Stern von Myrrian ey Llyrana und hast ihn damit besiegt!«
Innerlich erschrak Professor Zamorra. Der Dschinn kannte den geheimen Namen des Amuletts, den ihm Pater Aurelian, der die uralten Schriften kannte, verraten hatte. Welche Geheimnisse mochte dieser unbekannte Wüstengeist besitzen?
»Ein Dschinn schweift umher und tut, was ihm beliebt, wenn er damit nicht das Gesetz eines Elementargeistes verletzt!« erklärte Asfar fest. »Weder der Scheitan noch jene anderen Kräfte, die ihre Hände nach diesem Planeten ausstrecken, können einen Dschinn in ihren Willen zwingen. Daher tue ich, was mir gefällt. Ich werde dich sicher am Boden landen lassen. Willst du dort unten bei dem seltsamen Wagen ohne Pferde abgesetzt werden, vor dem zwei Männer stehen und winken?«
»Ja, das sind meine Freunde!« erklärte Professor Zamorra.
Im nächsten Moment ließ ihn Asfar in sanftem Gleitflug fast unmittelbar neben dem Jeep landen. Michael Ullich und Carsten Möbius umarmten ihn und überschütteten ihn mit Fragen.
Doch Professor Zamorra sah nur aufwärts zum Himmel, wo sich eine kleine Windhose aus feinstem Sand bildete.
»Danke!« sagte er schlicht. »Danke, Asfar!«
»Gern geschehen!« säuselte die Stimme des Dschinn aus dem Wind. »Ich rufe dich, wenn ich dich mal benötige. Doch jetzt treibt mich mein Weg tausend Kilometer nach Süden. Dort ist ein Mann in violetter Kleidung, auf dessen Brust drei Goldplatten blitzen. Er kann zaubern und stört mein Spiel!«
»Amun-Re« stieß der Meister des Übersinnlichen
Weitere Kostenlose Bücher