0294 - Der Feuer-Bumerang
schmuddeliger Bursche und kaum breiter als eine Latte. Sein Gesicht zeigte einen verschlagenen Ausdruck, den auch das geschäftsmäßige Lächeln nicht überdecken konnte. Er reichte uns die Schlüssel zu den Zimmern.
»Angenehme Tage wünsche ich den Gentlemen!« nuschelte er. »Falls man in dieser Hölle von angenehm sprechen kann.«
»Danke, wir werden nicht lange bleiben, fürchte ich.«
Er lachte, als ich die Antwort gab, und fügte noch hinzu. »Manche bleiben für immer hier. Meist sechs Fuß tief unter der Erde. Die Würmer freuen sich…«
»Sie haben eine seltsame Art von Humor«, sagte Suko, als wir bereits zur Treppe gingen.
Sie bestand aus Holz. Die Stufen waren abgetreten. Farbe oder Lack waren manchmal überhaupt nicht zu sehen. Das Geländer taugte ebenfalls nicht viel. Einige Gäste hatten mit scharfen Messern ihre Namen oder Monogramme in das Holz geschnitzt.
In der ersten Etage erreichten wir einen Gang, der von einer trüben Lampe nur mehr notdürftig erhellt wurde. Unsere Zimmer lagen auf der rechten Seite und nebeneinander.
Es war nicht einmal abgeschlossen. Als ich über die Schwelle trat, glaubte ich mich tatsächlich, in den Wilden Westen versetzt zu sehen. Eine ausgeblichene Tapete, ein alter Schrank, das Feldbett neben dem Fenster und der alte Sisalteppich auf dem unegalen Holzboden waren Dinge, die ich aus Western-Filmen kannte.
Mit dem Fuß trat ich die Tür zu, wollte abschließen und stellte fest, daß dies nicht möglich war. Der Schlüssel hakte.
War auch egal.
Ich stellte den Koffer auf das Bett. Es gab nicht einmal eine Waschgelegenheit, geschweige denn eine Dusche. Die Bettdecke zeigte Flecken und die Fensterscheibe ein Muster aus Fliegendreck.
Dicht vor ihr blieb ich stehen und warf einen Blick nach draußen. Der Raum lag an der Rückfront des Gebäudes. Ich schaute in ein düsteres Gelände hinein, in dem einige Lampen brannten. In ihrem zerfasernden Randschein entdeckte ich allerlei Gerümpel, das auf diesem Hof seinen Platz gefunden hatte.
Auch einen alten Leiterwagen sah ich. Die Deichsel stand hochkant. Ein unmögliches Zimmer, eine unmögliche Stadt, eine unmögliche Gegend, die mir Magendrücken bereitete, denn ich kam mir vor wie von Feinden umzingelt. Dazu zählte ich auch Wayne Zangy. Er war kein Freund von uns, nein, das konnte man wirklich nicht sagen, trotz seiner falschen Freundlichkeit, die er immer vorgab.
Ich holte Zigaretten aus der Tasche und zündete mir ein Stäbchen an.
Gern hätte ich mich geduscht, denn die Kleidung klebte wie angeleimt an meinem Körper. Aber Wasser war in dieser Gegend der reine Luxus.
Es klopfte, und Suko betrat das Zimmer.
Kopfschüttelnd schaute er sich um. »Bei dir sieht es genau so bescheiden aus.«
»Klar.«
Der Inspektor schaute auf seine Uhr. »Ich hoffe nur, daß Zangy bald erscheint und uns zu diesem Rhokasa führt, denn in so einem Zimmer fühle ich mich wie ein Gefangener.«
Ich winkte ab. »Gefangen hin, gefangen her. Wir sind auf diesen Zangy angewiesen.«
»Leider.«
Ich hatte mich auf die Bettkante gesetzt. Die Matratze gab stark nach, so ausgebeult oder ausgelegen war sie. Eine Uhrzeit hatten wir mit Zangy nicht vereinbart. Er wollte sich melden.
Mittlerweile war es finster geworden, und im Ort begann der Trubel. Wir hörten den Lärm, die Geräusche und den Stimmenwirrwarr. Die Männer kamen von den Minen zurück. Sie hatten geschuftet und suchten Abwechslung. Auch im Hotel blieb es nicht mehr ruhig. Die Gäste polterten über die Flure, und wir hörten das Schlagen von Zimmertüren. Auch Frauenlachen vernahmen wir. Es wurde lauter, und im nächsten Augenblick stieß jemand gegen unsere Tür.
Eine Dirne stand auf der Schwelle, lehnte sich an den Rahmen und gurrte:
»Wen haben wir denn da?«
Sie war nicht mehr taufrisch, trug schwarze Unterwäsche und hatte grün gefärbtes Haar.
»Hau ab!« sagte Suko.
»He, ihr beiden. Ich bin euch wohl nicht schön genug, wie?« Sie drehte sich um, präsentierte uns ihre Kehrseite, lachte und zog zum Glück wieder ab.
»Tolle Bude, in der wir gelandet sind«, sagte ich und drückte meine Zigarette aus.
»Und das alles wegen eines Bumerangs«, erklärte Suko.
»Da sagst du was.« Ich stand auf, nahm den Koffer und öffnete ihn. Den eigentlichen Einsatzkoffer hatte ich in London gelassen und nur den Bumerang herausgenommen. Verborgen unter Ersatzkleidung lag er. Ich nahm ihn in die Hand.
Er sah aus wie immer und fühlte sich auch nicht anders an. Dennoch
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