0295 - Grauen hinter festen Türen
Zeit der Pioniertage, der schußbereite Colt unter dem Tisch lag. Es gab ein wütendes Feuergefecht, und Graham erhielt zwei Kugeln aus einem Fünfundvierziger in den linken Oberarm. Eine Kugel davon hatte den Knochen so zersplittert, daß nur noch eine Amputation übrigblieb, als sich Graham nach zweiundvierzig Stunden, halb wahnsinnig vor Schmerzen, endlich der Polizei stellte.
Seit jener Zeit hatte Graham Karriere gemacht. Er war nicht mehr ein kleiner Gangster, der mit Kanone und Maske Banken auszuräubern versuchte, sondern er war jetzt die rechte Hand eines Mannes geworden, von dem das FBI seit Jahr und Tag vermutete, daß er einer der großen Bosse im Rauschgiftgeschäft sei. Leider nur hatten wir bis zur Stunde keinen brauchbaren Beweis gegen diesen Mann zimmern und finden können, gegen den Mann, für den Jeff Graham jetzt arbeitete, für Adams nämlich.
Wenn wir gegen Graham vorgingen, würde es Adams als einen Angriff auf sich selbst auffassen und auffassen müssen. Graham wußte unter Garantie soviel von Adams, daß diesem gar nichts anderes übrigblieb, als alles für Grahams Schutz zu tun, was sich nur für ihn tun ließ, und das bedeutete im Falle einer Verhaftung Grahams in erster Linie die Gestellung eines raffinierten Anwaltes und vermutlich das Angebot einer dicken Kaution, damit Graham erst einmal wieder frei kam.
»Wenn wir Graham jetzt festnehmen«, sagte Mr. High, »so haben wir nichts weiter gegen ihn vorzubringen, als daß er sich auf dem Times Square kurze Zeit mit George Paulsen unterhalten hat. Und wenn sein Anwalt geschickt ist, wird er den Taxifahrer so durcheinanderbringen, daß sich der Fahrer hinterher selber seiner Sache nicht mehr sicher ist und über seine Aussage einen Eid verweigert. Dann muß das Gericht Graham sogar ohne Kaution wieder auf freien Fuß setzen.«
»Richtig«, sagte ich.
»Aber wenn wir Graham weiter herumlaufen lassen, haben die Burschen Zeit, das Geld irgendwo in Sicherheit zu bringen. Wenn sie es überhaupt haben. Aber ich glaube, daß sie es haben.«
»Aber mit welchem Belastungsmaterial wollen Sie denn gegen Graham Vorgehen, Jerry?« fragte der Chef achselzuckend.
»Das weiß ich auch nicht«, gab ich zu.
Mr. High breitete die Arme aus zu einer vagen Geste.
»Ich lasse euch beiden freie Hand«, sagte er. »Ich möchte euch nur davor bewahren, daß irgendein Gericht euch einen Rüffel gibt, weil ihr jemand festgenommen habt, obgleich ihr euch ausrechnen konntet, daß nicht genug Material gegen den Betroffenen vorlag. Ihr wißt, wie genau es unsere Gerichte mit den persönlichen Rechten nehmen.«
»Okay, Chef«, seufzte ich, »das wissen wir so gut wie nur irgendeiner. Komm, Phil, wir sollten erst mal in der Kantine ein verspätetes Abendbrot zu uns nehmen. Vielleicht fällt uns dabei etwas ein.«
Der Chef lächelte verständnisvoll.
»Laßt den Kopf nicht hängen«, meinte er. »Es kommt auch noch der Tag, wo wir gegen Graham und Adams vorgehen werden, weil wir endlich genug Material haben. Ich verspreche euch, daß ihr dabei sein werdet.«
»Schöner Trost«, brummte ich.
Eine halbe Stunde später verließen Phil und ich die Kantine wieder und wollten mit dem Lift hinab ins Erdgeschoß fahren, als uns Joe von der Überwachungsabteilung in den Weg lief.
»Hallo, da seid ihr ja!« rief er schon von weitem durch den Flur. »Der Chef hat gerade in der Kantine angerufen und nach euch gefragt.«
»Wir kommen gerade aus der Kantine«, erwiderte Phil. »Was ist denn los?«
»Der Chef möchte euch sehen.«
»Also auf!«
Wir trabten zu Mr. High. Als wir in sein Zimmer traten, wußte ich, daß etwas geschehen war, was uns freuen würde. Das Gesicht des Chefs sah so aus. Er klopfte lächelnd auf ein Blatt Papier, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag.
»Eine Viertelstunde nachdem ihr mich verlassen hattet«, sagte Mr. High lächelnd, »brachte ein Expreßbote eine Nachricht von unserem Vertrauensmann Claude. Adams hat ihm neunhundertsechzig Gramm Heroin angeboten. Claude soll sich heute abend um zehn in der Wohnung von Adams das Zeug ansehen und auf seine Reinheit prüfen. Claude hat natürlich Interesse geheuchelt.«
Phil verdrehte die Augen.
»Es gibt eine ausgleichende Gerechtigkeit«, sagte er begeistert. »Das ist ja genau das, worauf wir seit Jahren warten! Wenn Adams das Zeug in seiner Wohnung hat, können wir ihn packen! Damit bricht er sich den Hals!«
»Nun, das wohl gerade nicht«, sagte der Chef. »Aber immerhin wird es ausreichen, um
Weitere Kostenlose Bücher