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0296 - Die Herrin der Sterne

Titel: 0296 - Die Herrin der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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und ... zum Donnerwetter, jetzt hab, ich’s doch schon wieder vergessen."
    Er zog den Zettel aus der Tasche, den Barbara ihm mitgegeben hatte und las die einzelnen Posten ab. Suee machte sich Notizen mit merkwürdigen Krakeln und Schnörkeln und ging an die Arbeit, sobald Walter mit seiner Liste fertig war. Walter lehnte sich gegen die Theke und sah ihm zu. Der Duft der vielen fremdartigen Gewürze stieg ihm in die Nase, und das Halbdunkel des altmodischen Ladens, Suees exotische Gestalt in ihrer Geschäftigkeit versetzten ihn in eine Art Trancezustand, in dem er die jüngsten Ereignisse vergaß.
    Der Bann brach, als sich etwas durch den Türspalt schob und mit knatternden Flügelschlägen durch die Luft schoß. Es war eine Taube. Suee stand auf dem Ende der Leiter und musterte das Tier aus großen, ängstlichen Augen.
    „Vorsicht, Suee!" schrie Walter.
    Mit einem Riesensatz stand er neben der Leiter. Die Taube stieß auf den kleinen Chinesen zu, der sich ängstlich nach hinten beugte und nur mit Mühe sein Gleichgewicht wahrte. Walter hatte instinktiv seinen Hut an sich gerissen. Er schlug zu, und obwohl er den Vogel nicht traf, erschreckte er ihn so, daß er von Suee abließ.
    Statt dessen griff er ihn selbst an. Mit den Armen fuchtelnd und mit dem Hut um sich schlagend, versuchte Walter, sich des wütenden Angreifers zu erwehren. Aber die Taube durchbrach flatternd seine Deckung und zog ihm mit dem Schnabel eine Schmarre über die Wange. Von irgendwoher hörte er Suees keifende Stimme, aber er hatte keine Zeit, sich um den Alten zu kümmern. Er mußte sich gegen die Taube wehren. Während er von einer Deckung zur andern hüpfte, in die Hocke ging, die Arme schützend hob, sich mit dem Gesicht zur Wand drehte, den Kopf einzog und wieder aufsprang, um sich vor einem erneuten, wütenden Angriff in Sicherheit zu bringen, schoß ihm durch den Sinn, in welch lächerlicher Lage er sich befand. Eines Tages würde er jemand klarmachen müssen, daß er Mühe gehabt hatte, sich einer Taube zu erwehren.
    Da packte ihn die Wut. Als der wütend flatternde Gegner ihn wieder anflog, sprang er ihm entgegen und bekam ihn zwischen den Händen zu fassen. Er verlor keine Zeit. Voller Zorn schleuderte er die Taube gegen die Wand. Sie brach sich das Genick und stürzte leblos zu Boden.
    Erst jetzt wurde Walter gewahr, was sich in der Zwischenzeit zugetragen hatte. In der Aufregung war ihm entgangen, daß die Taube nicht der einzige Feind war, gegen den er sich zu wehren hatte. Suee Kangs düsterer Laden war voll von flatterndem, krächzendem und tschilpendem Getier. Die Tür stand weit offen, und über den Lärm hinweg, den die Vögel im Innern des Ladens vollführten, drangen die Geräusche tosenden Tumults, die von der Straße hereinkamen.
    Walter erwehrte sich einer Gruppe von Sperlingen mit wütenden Schlägen seines Huts. Irgendwo mitten im Wirrwarr war immer noch Suee Kangs zeternde Stimme zu hören. Walter hatte eine verrückte Idee. Durch die tobende gefiederte Armee hindurch bahnte er sich einen Weg auf den Chinesen zu. Er empfing Kratzer und Bisse im Gesicht, aber mehr als ein Dutzend der tollwütig gewordenen Vögel blieb tot hinter ihm zurück.
    Schließlich erreichte er Suee. Der Alte stand vor einem Regal und verteidigte sich mit Händen und Füßen. Er blutete aus mehreren Wunden im Gesicht, die meisten davon in unmittelbarer Nähe der Augen. Es war, als hätten selbst die harmlosen Finken, und Spatzen gelernt, wo der Mensch am leichtesten verwundbar war.
    „Suee!" schrie Walter. „Wir brauchen Pfeffer, Curry ... alles, was pulvrig ist und stark riecht!"
    Suee hob die Arme in Verzweiflung, und ein besonders wütender Fink nutzte die Gelegenheit, ihm ein Stück Haut aus der Wange zu reißen. „Ich versuche, an die Gefäße zu kommen, Mister Enne", piepste der Chinese voller Verzweiflung. „Aber sie lassen mir keine Ruhe!"
    „Ich gebe Ihnen Deckung!" dröhnte Walter. „Los, gehen Sie ran!"
    Suee stellte sich auf die unterste Stufe des Regals. Sobald die Vögel bemerkten, daß er sich nicht mehr verteidigte, ließen sie von Walter ab und stürzten sich in Scharen auf den Alten. Aber Walter machte ihnen einen Strich durch die Rechnung, In einer hölzernen Tonne, die vor dem Regal stand, hatte er eine seltsam geformte Wurzel entdeckt, einen Ginseng - verästelt, so hart wie echtes Holz und mehr als einen Meter lang. Sie mußte ungeheuer wertvoll sein, aber im Augenblick hatte Walter keinerlei Bedenken, sie als Waffe zu

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