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0296 - Ein Strick für den Henker

0296 - Ein Strick für den Henker

Titel: 0296 - Ein Strick für den Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Strick für den Henker
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nun zurück.
    Es war 5.30 Uhr, als sie am East River Park vorbeikamen. Auf den Docks der South Street regte sich das erste Leben. Lastzüge rollten heran, um mit Gemüse und sonstigen Lebensmitteln beladen zu werden. Andere brachten Industrieprodukte, die für Überseehäfen bestimmt waren.
    Unter der Brooklyn Bridge lagen die Docks 22 bis 25, die sich verschiedene Firmen teilten. Hier war noch alles ruhig. Von der äußeren Betonrampd führte eine Steintreppe zum East River hinunter.
    »Was liegt denn da auf der Treppe?« meinte Strom-Police-Man Odey, der an der Reling lehnte. Dabei deutete er auf eine der untersten Stufen.
    Lieutenant Jordan setzte das Glas an die Augen und zuckte zusammen. Als er Sergeant Buist ansah, war sein Gesicht grau geworden, und das will bei einem Offizier von achtundzwanzig Jahren schon etwas heißen.
    »Halten Sie hart Steuerbord, Buist!« befahl er.
    Langsam näherte sich die Barkasse der Strom-Police den Stufen der Treppe. Und nun erkannten auch die übrigen Männer an Bord die Ursache für Jordans Mienenspiel. Fassungslos starrten sie auf den kleinen Jungen, der dort lag.
    Buist stellte den Motor ab. Die Bugwelle der »Harbor 4« schwappte über die Steinstufen und bewegte den Körper des Jungen. Hände und Beirre des Kindes waren mit Schuhriemen zusammengebunden. Zutiefst erschüttert nahmen die hartgesottenen Männer das grauenhafte Bild in sich auf.
    ***
    Mit steinernen Gesichtern saßen wir im Büro Mr. Highs. Zum ersten Male in meiner ganzen Dienstzeit stellte ich fest, daß sich unsere eigene Unruhe auf den Chef übertrug. Es bestand kein Zweifel, aber Mr. High war nervös.
    Ohne ein Wort zu verlieren, füllte er das Whiskyglas von Lieutenant Jordan erneut, der zwischen Phil und mir saß. Jordan hatte das erste Glas mit einem Zuge geleert. Nicht etwa, weil es ihm an nötigem Anstand fehlte, sondern weil er fix und fertig war. Jetzt sah er unseren Chef dankbar an.
    »Thank you, Sir. Es ist sonst nicht meine Art, Whisky wie Wasser in mich hineinzuschütten, doch wenn ich heute nach Hause komme, dann bin ich Voll wie eine Haubitze, Sir. Es ist das erstemal, daß ich mich mitten im Dienst ablösen ließ, Sir.«
    Mr. High nickte verständnisvoll. »Ich kann Sie verstehen, Lieutenant. Wir alle wissen, welche Situation Sie vorfanden. Bei Ihnen ist eine Nervenkrise eingetreten, in die auch der härteste Mann einmal hineinschliddern kann. Ihr Chef, Colonel Turner, hat mir am Telefon bestätigt, daß er lhren Entschluß völlig begreift. In ein paar Tagen werden Sie wieder der alte sein, Lieutenant Jordan. Der harte Dienst wird diesen furchtbaren Eindruck verwischen.« Jordan schüttelte den Kopf. »No, Sir. Den Anblick werde ich mein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen. Was für eine Bestie muß ein Mann sein, um ein unschuldiges Kind zu erschlagen? Es war nur heute zuviel, verstehen Sie? Meinen Dienst nehme ich schon morgen wieder auf, obwohl ich bereue, daß ich mich an der Jagd nach diesem bestialischen Mörder nicht aktiv beteiligen kann.«
    Er setzte das Glas wieder an. Mr. High schob die Flasche zu ihm hinüber.
    »Bedienen Sie sich ruhig, Jordan«, sagte er warm. »Für Sie ist der Alkohol heute eine Medizin.«
    Dann sah der Chef uns an. »Und nun?«
    Ich zuckte die Achseln. »Wir kommen nicht umhin, Mr. Kenmure zu benachrichtigen, Chef. Ich gestehe ehrlich ein, daß mir vor diesem Besuch graust. Wenn ich an die Selbstverständlichkeit denke, mit der uns die junge Frau des Maklers vertraute, dann möchte ich mich in das nächste Loch verkriechen.« Mr. High nickte. »Es ist furchtbar, Jerry! Und wenn ich jemals eine Bitte geäußert habe, dann ist es heute die, mir diesen Mörder unter allen Umständen zu bringen, Jerry! Dieser Kerl ist ein wildes Tier und muß so rasch wie möglich unschädlich gemacht werden, bevor er noch mehr Unheil anrichtet.« Phil räusperte sich vernehmlich. »Ich bezweifle ernstlich, Chef, daß wir ein ähnliches Verbrechen verhüten können. Offensichtlich hat er doch den kleinen Kenmure entführt, um Lösegeld zu erpressen. Ich meine, es gibt doch für ein derartiges Kidnapping kaum ein anderes Motiv. Die Frage ist nur, warum tötet er das Kind so rasch? Er hat sich doch noch nicht einmal mit Kenmure in Verbindung gesetzt.«
    »Der Punkt macht mir auch Kopfzerbrechen, Phil«, gab ich zu. »Man kann eigentlich nur vermuten, daß Bobby, der uns als ein intelligenter Knirps geschildert wurde, so lebhaft war, daß der Entführer die Nerven verlor.

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