0296 - Ein Strick für den Henker
das!« forderte ihn der Fremde auf.
Hendra machte sich an die Arbeit. Dabei unterhielt er sich mit dem Kunden über das schlechte Wetter.
»Eigentlich tut der Regen ja mal ganz gut, finden Sie nicht auch? In den letzten Tagen war es ja fürchterlich heiß.« Der Fremde nickte abwesend. Das Gerede des Friseurs interessierte ihn überhaupt nicht. Er sah nur mit stiller Befriedigung, wie sein Aussehen sich unter den geschickten Händen des Haarkünstlers immer mehr veränderte. Er brauchte sich nur noch eine dunkle Hornbrille zu kaufen, dann würde ihn kein Mensch wiedererkennen.
Draußen prasselte der Regen jetzt in dichten Tropfen herunter. Der Himmel hatte alle Schleusen geöffnet. Ein Blitz zuckte auf und Sekunden später klirrte die Glasplatte des Frisiertisches, als der Donner einsetzte. Als Hendra fertig war, erhob sich ein völlig anderer Mann aus dem Sessel.
Allerdings nur äußerlich. Ansonsten war Gilbert noch derselbe Mann, dem es auf einen Mord mehr oder weniger nicht mehr ankam. Wenn sie ihn schnappten, kam er so und so auf den Elektrischen Stuhl. Aber es würde den Cops jetzt bedeutend schwerer fallen, ihm auf die Spur zu kommen. Nur ein Mann wäre fähig, ihnen einen Fingerzeig zu geben.
Er ließ sich von Hendra in den Mantel helfen und zog eine Fünf-Dollar-Note aus der Tasche. Dann trat er zur Tür und sah auf die Straße hinaus. Kein Mensch war zu sehen. Gilbert gab dem Friseur die Note. Der ging damit zur Kasse, um zu wechseln.
Der Killer griff zu dem gleichen Rasiermesser, mit dem Hendra ihm den Bart gestutzt hatte. Er klappte es auf und trat damit hinter den Mann, der sich über die Kasse beugte.
***
Er sah Licht im Rasiersalon und wunderte sich. Es war schon sehr spät. Da fand er den leblosen Körper des Friseurs vor der Kasse liegend. Eine Blutlache hatte sich unter dem Körper ausgebreitet.
Der entsetzte Mann lief zur Avenue D. Gegenüber den Jacob-Riis-Häusern stand eine Telefonzelle. Von dort aus rief er das Police-Hauptquartier in der Center Street. Dann ging er langsam zurück.
Eine halbe Stunde später trafen die Männer von der Homicide-Squad ein. Nachdem die Fotos gemacht worden waren, beschäftigte Doc Merridale sich mit dem Toten. Als er aufstand, schüttelte er sich.
»Wahrscheinlich ein Rasiermesser, Lieutenant. Liegt auch auf der Hand. Von den Dingern liegen ja hier genug herum. Der Mörder hat bestimmt Blutspritzer abbekommen.«
Lieutenant Owens sah seinen Sergeanten an. »Clady, stellen Sie fest, ob an einem der Rasiermesser Blutspuren sind. Wann ist es passiert, Doc?«
»Vor einer knappen Stunde, Owens.« Der Lieutenant nickte. »Bei dem Mistwetter traute sich natürlich kein Mensch auf die Straße, sonst hätte man womöglich schon eher gefunden.«
»Vor einer Stunde war ja noch das Gewitter, Lieutenant«, meinte Detektiv Poplins.
»Richtig, Poplins«, bestätigte Owens. »Übrigens, kümmern Sie sich doch mal um die Ladenkasse. Ich sehe da gerade einen Block, wo Hendra seine Einnahmen eingetragen hat. Ich möchte gern wissen, ob viel Geld weg ist.«
»Yes, Lieutenant!«
Inzwischen suchten die Detektive Chilton und Stanton nach Fingerprints. Es kam nicht viel dabei heraus, oder besser gesagt, es kam mehr heraus, als ihnen lieb sein konnte. Fast alle Kunden hatten Abdrücke hinterlassen, sei es nun an den Zeitungsbügeln oder an den Aschenbechern. Da sie überwiegend übereinander lagen, waren sie für die Ermittlungen wertlos.
Poplins hatte den Kasseninhalt mit den Unterlagen verglichen und schüttelte, den Kopf.
»Selbst, wenn ich die Rechnungen abziehe, Lieutenant, dann fehlt nichts. Im Gegenteil, es besteht ein Überschuß von drei Dollar und achtzig Cent.«
Owens nickte. »Wahrscheinlich das Wechselgeld, das am Morgen in dör Kasse war. Demnach ging es dem Täter nicht um Geld, Poplins. Ergo muß es andere Motive für den Mord geben.«
Er wandte sich an den Arbeiter, der in der Center Street angerufen hatte. »War Mr. Hendra verheiratet?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »No, Lieutenant! Seine Frau ist schon vor vier Jahren gestorben.«
»Kannten Sie Hendra näher?«
»Nein, nur so, wie man seine Nachbarn kennt, Lieutenant. Wir sprachen schon mal zusammen. Ich ließ mir auch immer die Haare bei ihm schneiden.«
»Hatte er noch einen Angestellten?«
»No, er führte den Laden allein, Sir!« Owens nickte. »Das wäre alles, Mr. Brown. Sie können dann gehen.«
Brown schien froh zu sein, daß er den Laden verlassen konnte. Keinen Blick warf er
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