0296 - Ein Strick für den Henker
zurück.
Auch Sergeant Clady hatte seine Untersuchungen beendet, »Die Tatwaffe ist nicht dabei, Lieutenant! Der Täter kann die Klinge natürlich auch abgewaschen haben, aber ich konnte auch in keinem der Becken einen Anhaltspunkt dafür finden.« Owens winkte ab. »Die Theorie ist auch ziemlich abwegig, Clady. So viel Zeit wird der Mörder wohl nicht gehabt haben. Er mußte doch immerhin damit rechnen, daß noch irgendwer in den Laden kam. Meiner Meinung nach hat er die Tatwaffe mitgenommen.«
Doc Merridale räusperte sich. »Es muß nicht unbedingt ein Rasiermesser gewesen sein, Owens. Ich kann mich da natürlich auch irren. Ich vermute es nur, weil die Klinge sehr scharf gewesen sein muß und vor allem viel dünner, als es bei Messern im allgemeinen der Fall ist.«
Owens nickte. »Schon gut, Doc! Gehen wir. Das gibt eine unheimliche Kleinarbeit. Ich wünschte, das wäre eine FBI.-Sache.«
***
William Sayers trat einen Schritt zurück. Er hob die Kamera und stellte befriedigt fest, daß er den schlanken Leib der Antilope genau im Sucher hatte. Wie ein Star neigte sie den Kopf etwas seitlich und blickte mit ihren klugen Augen genau ins Objektiv. Sayers löste das Bild aus, und wandte sich lächelnd an seine Frau.
»Ein netter Schnappschuß, Katie. Die junge Dame ist beinahe filmreif.«
Katie Sayers nickte. »Wie viele Bilder hast du denn noch drauf, Will? Du denkst doch hoffentlich noch daran, daß wir auch die Kinder fotografieren wollen?«
»Natürlich, Katie. Ich habe noch acht Aufnahmen. Die Kinder fotografiere ich nachher in der Ponybahn.«
Katie Sayers nahm die kleine Marion an die Hand und ging weiter.
Ihr Mann sah sich um. »Tommy?«
Er bekam keine Antwort. Der Junge war schon wieder verschwunden.
»He, Katie, warte mal! Tommy hat sich schon wieder selbständig gemacht.«
Katie Sayers blieb stehen. »Es ist furchtbar mit ihm, Will. Du mußt ihm einmal ganz energisch klarmachen, daß es so nicht geht. Wo mag er nur wieder stecken?«
»Sicher ist er wieder zum Bärenkäfig zurückgelaufen. Dort wollte er vorhin ja gar nicht mehr Weg. Ich sehe mal nach.«
William Sayers lief den Weg zurück. Es war ein ganzes Stück bis zum Bärenkäfig, aber auch dort war Tommy nicht. Der Mann kehrte wieder um. Schon von weitem sah er, daß Katie immer noch allein da stand, mit der kleinen Marion an der Hand.
Katie musterte ihn forschend. »Nichts?«
Er schüttelte den Kopf. »Diesmal bekommt er aber eine Abreibung von mir, Katie. Es geht doch nicht, daß er dauernd wegläuft. Der Bronx-Zoo ist groß. Wer weiß, wo er sich herum treibt?«
Sie suchten und riefen nach dem Jungen, aber vergebens.
»Wir werden ihn schon finden, Katie. Das ist nun mal so bei Kindern. Das Beste ist, wenn wir dem Personal des Zoos eine Beschreibung v6n Tommy geben. Wir gehen jetzt zum Crotona-Eingang.«
Der Kontrolleur am Eingang hörte sich alles an und lächelte dann.
»Sie glauben gar nicht, Sir, wie viele Kinder sich hier jeden Tag selbständig machen. Das ist für uns nicht neu. Wie sieht der Kleine denn aus und was hat er an?«
»Tommy Sayers, so heißt mein Junge, ist vier Jahre alt. Er hat einen blonden Pony-Schnitt und trägt einen hellblauen Leinenanzug mit kurzer Hose. Dazu weiße Kniestrümpfe und weiße Schuhe.«
Der Pförtner notierte alles und gab den Zettel einem Kollegen.
»Hier, Jim! Mach eine Runde und gib die Beschreibung an alle Wächter weiter! Ich rufe inzwischen die anderen Ausgänge ah.«
»All right, Tom!« antwortete der andere Mann und trat heraus.
»Machen Sie sich keine Sorgen, Mrs. Sayers! Wir finden den kleinen Ausreißer schon.«
Mit diesen Worten begab er sich auf den Weg. Der Pförtner Tom telefonierte bereits. Er verständigte die Verwaltung und die Ausgänge Boston Road, Fordham Road, Concourse und Bronxdale. Zur Vorsicht benachrichttigte er auch die Verwaltung des Botanischen Gartens, obwohl es nicht anzunehmen war, daß der Kleine dort auftauchen würde. Der Botanische Garten lag nämlich jenseits der Fordham Road. Der Junge mußte in jedem Fall einen der Ausgänge passieren, um dorthin zu gelangen.
Die beiden Sayers und die kleine Marion hielten sich im Pförtnerhaus auf.
Um 18 Uhr dreißig schließt der Bronx-Zoo seine Pforten. So auch an diesem Sonntag. Um diese Zeit hatte man den kleinen Tommy noch immer nicht gefunden. Ein Administrations-Beamter versammelte das gesamte Zoopersonal am Ausgang Crotona und organisierte eine Suchaktion. Gleichzeitig empfahl er den verzweifelten
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