0297 - Der Verräter
erkundigte ich mich weiter. »Ich meine, speziell für Sie!«
»Ich wohnte dort.«
»Was?«
Sie schaute in mein erstauntes Gesicht und nickte bestätigend. »Ja, das ist das Haus meiner Eltern.«
»Die tot sind.«
»Richtig.«
Ich wollte es noch immer nicht wahrhaben. »Wie kann man als junges Mädchen in einem solchen Haus und einer so makabren Umgebung nur leben?«
»Es ist meine Heimat«, erwiderte sie schlicht.
Das verstand ich sogar. Dennoch, aus dieser Gegend wäre ich bestimmt ausgezogen.
»Wovon leben Sie?«
»Meine Eltern haben mir ein wenig Geld hinterlassen«, antwortete sie. »Wenn es aufgebraucht ist, gehe ich weg.«
»Und wie weit ist es bis zur nächsten Ortschaft?«
»Bestimmt zehn Kilometer. So genau habe ich nicht nachgeschaut, müssen Sie wissen.«
»Haben Sie ein Auto?«
»Nur ein Fahrrad.«
Ich stand auf. Es war nicht ergiebiger, weiterhin mit Edda Kiss zu reden, denn ich mußte mich um die Vampire kümmern. Einen hatte ich erledigt, sechs waren noch übrig. Der siebte lag nicht weit entfernt von uns auf dem Boden. Sein Körper zeichnete sich als Schatten vor dem Untergrund ab.
Mit der rechten Hand deutete ich auf das Haus. »Es ist also noch bewohnbar?« fragte ich.
»Ja, ich habe da…«
»Was können die Vampire dort gesucht haben?«
»Tut mir leid, John, ich weiß es nicht.«
So recht traute ich dem Braten nicht, wollte jedoch keine voreiligen Schlüsse ziehen und stand auf.
»Wo wollen Sie hin?«
»Ins Haus«, erklärte ich.
»Aber da sind die Vampire!«
Ich lächelte und schaute in ihr ängstliches Gesicht. »Natürlich sind da die Vampire. Nur bin ich gekommen, um sie zu bekämpfen, meine Liebe.«
»Einer allein?«
»Ich habe leider keine Helfer, Edda, und Sie möchte ich dort nicht sehen, weil es einfach zu gefährlich ist. Sie bleiben hier auf dem Friedhof und warten auf mich. Alles andere wird sich schon ergeben. Machen wir es so?«
»Ja natürlich.« Edda Kiss nickte. »Wenn Sie nicht zurückkommen, was mache ich dann?«
»Ich komme schon zurück«, erwiderte ich optimistisch, drehte mich um und ging.
Wohl war es mir nicht zumute, das Mädchen allein auf dem unheimlichen Friedhof zu lassen. Leider sah ich keine andere Möglichkeit. Und so ging ich auf das Haus zu.
Ich hatte Glück. Am Rande des alten Totenackers begann ein schmaler Weg, der Friedhof und Haus miteinander verband. Ich fand den Weg, ohne die Lampe eingeschaltet zu haben. Er schlug noch zwei große Bögen, bevor er das windschiefe Gebäude erreichte.
Es war still.
Ich allerdings traute dieser Ruhe nicht, da sie auf mich irgendwie unnatürlich wirkte.
Im Magen spürte ich den leichten Druck. Auf meinem Rücken ein Kribbeln, das auch über meine Kopfhaut glitt, so daß sich meine Haare aufstellen wollten.
All dies deutete darauf hin, daß es innerhalb des Gebäudes nicht geheuer war.
Ich sollte mich nicht getäuscht haben. Kaum hatte ich den ersten Rechtsbogen erreicht, als ich die Geräusche innerhalb des alten Hauses vernahm.
Es waren schrille, wütende Schreie.
Kampfschreie!
***
Asmodis sollte vernichtet werden!
Selten in seiner fast unbegrenzten Existenz hatte er so in der Klemme gesessen.
Eigentlich trug einer nur die Verantwortung.
Mandraka, der Schwarzblut-Vampir!
Er hatte den Satan tatsächlich überrascht, war wie ein Geist aus der Mauer des Hauses erschienen und hatte sich in den Rücken des Teufels geschlichen.
Normalerweise hätte der Satan ihn bemerkt, aber er mußte sich auf einen weiteren Gegner konzentrieren, der vor ihm stand und als Waffe ein Schwert mit goldener Klinge in der Hand hielt.
Dieser Gegner hieß Myxin!
Der kleine Magier hatte sich allein auf den Weg gemacht und sich von seiner Partnerin Kara getrennt. Er war zum Verräter an allen geworden. John Sinclair, Suko, die Conollys und auch letztendlich Kara interessierten ihn nicht mehr. Sein Weg lag vorgezeichnet. Er führte dorthin, wo er einmal hergekommen war. Mehr als 10.000 Jahre lag dies zurück, da hatte Myxin auf der anderen Seite gestanden, war aber durch die Erweckung und seiner Gegnerschaft mit dem Schwarzen Tod zum Sinclair-Team gestoßen, das er nun verlassen hatte, um abermals den alten Weg zu gehen, den er schon in der Vergangenheit hinter sich hatte.
Sein Haß gegen den Teufel war geblieben. Myxin hatte auch als echter Schwarzblütler stets auf der anderen Seite gestanden, und er sah nicht ein, dies zu ändern.
Myxin wollte Asmodis vernichten.
Es war ein Kampf vorausgegangen, den der
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