0299 - Das Lagunen-Monstrum
eines Menschen trank, dann wurde er schneller wieder gekräftigt.
In den Augen des Schwarzzauberers blitzte es tückisch. Es konnte doch nicht so schwer sein, jemanden zu finden, der für so etwas geeignet war.
Venedig war voller hübscher Mädchen. Und Amun-Re war trotz seiner Schlechtigkeit ein Mann. Durch die rote Lebenssubstanz bekam er schnell seine magischen Kräfte zurück.
Die Körperkräfte zu regenerieren, war wesentlich einfacher. Schon vor langer Zeit hatte er sich insgeheim einen Trank gemischt, der auch den ausgemergeltsten Körper wieder festigte. Es war zwar ein Rezept aus der Weißen Magie, doch das berührte Amun-Re nicht weiter. Ein Schwarzmagier konnte beide Arten der Magie in Anspruch nehmen. Denn die Weiße Magie ist zum Abwehren finsterer Kräfte oder zum Heilen, und die berühmten Ärzte des Altertums kannten viele Geheimnisse der Medizin, mit denen sie auf magischem Wege die Menschen heilten.
Amun-Re schleppte sich zu einem der Regale, holte eine Flasche herunter und goß eine kleine Menge in ein Reagenzglas. Mit einem Schluck stürzte er das scharf riechende Zeug herunter.
Wohlige Wärme kroch durch seine Glieder. Und in dieser Wärme kehrten die Kräfte zurück. Drei Herzschläge später hatte Amun-Re wieder die Kraft eines Body-Building-Athleten.
Sein Körper straffte sich. Mit schnellen Schritten ging er zur Tür und verließ den Palazzo. Die Dunkelheit nahm ihn auf, und in dieser Dunkelheit waren das violette Gewand und die goldenen Brustplatten unkenntlich.
Amun-Re schlich durch die Nacht auf der Suche nach einem Opfer…
***
Professor Zamorra fluchte auf französisch. Eine ältere Mademoiselle sah ihn mißliebig an. Aus dem Mund eines so adrett aussehenden Herrn waren Worte dieser Art einfach nicht statthaft.
Über Lyon lagen dichte Nebelbänke. Und der Wetterbericht meldete, daß das die nächsten Stunden anhalten würde. Unmöglich, nach Venedig zu kommen. Es gab keine Starterlaubnis für Flugzeuge, und anfliegende Maschinen wurden auf andere Flughäfen umgeleitet.
Das bedeutete ungewollte Verzögerung. Professor Zamorra haderte mit seinem Schicksal. Michael Ullich und Carsten Möbius hatten etwas entdeckt, was ungute Gefühle in ihm weckte. Eine Gefahr, die unbekannt war, war doppelt gefährlich.
»Ich muß nach Venedig!« sagte Professor Zamorra zu sich selbst. »Warum, zum Donnerwetter, habe ich keine Druidenkräfte? Mit dem zeitlosen Sprung wäre das gar kein Problem!«
Wo Teri und Gryf jetzt stecken mochten? Für sie wäre es ein leichtes gewesen, Professor Zamorra dahin zu bringen, wohin er wollte. Für sie war es eine ganz einfache Vorwärtsbewegung…
»Wenn man mal jemanden braucht, dann ist keiner zu erreichen!« bemerkte der Meister des Übersinnlichen grimmig. Da fiel sein Blick auf seine Armbanduhr, in die ein Mini-Sender für Trans-Funk eingebaut war.
Der Trans-Funk. Die Welle des Möbius-Konzerns. Weltumspannende Radiowellen einer Frequenz, die streng geheimgehalten wurde. Obwohl Stephan Möbius in seiner Großzügigkeit alle Mitglieder des Zamorra-Teams mit Transfunk ausrüsten wollte, hatten die meisten von ihnen abgelehnt. Auch Gryf und Teri Rheken, die Druiden vom Silbermond, gehörten dazu.
Aber einer seiner besten Freunde hatte das Mini-Gerät damals angenommen. Professor Zamorra hoffte, daß er ihn erreichen konnte. Das mußte jedoch über die Zentrale in Frankfurt geschehen, damit sich nicht unnütz wichtige Gespräche kreuzten.
Professor Zamorra nahm die Angelegenheit so wichtig, daß er gleich die höchste Karte im Funkverkehr des Konzerns ausspielte. Er gehörte zu den wenigen, welche die Vollmacht hatten, Alpha-Order zu erteilen.
Das bedeutete höchste Dringlichkeit oder sogar Alarmstufe Rot.
Entschlossen betätigte Professor Zamorra den Schalter des Trans-Funk-Gerätes und aktivierte es. Sofort kam die unpersönliche Computerstimme, die um Geduld bat, weil das Funknetz überlastet sei.
»Hier Charlemagne!« sagte der Meister des Übersinnlichen. »Alpha-Order für Numa Pompilius!« Denn der Mensch, den er rief, gehörte zu jenen alten Priesterkönigen der Etrusker, die in ihren Gräbern einem neuen Leben entgegendämmerten. In seinem vorhergehenden Leben war er Numa Pompilius gewesen. Jener sagenhafte König des gerade gegründeten Rom, durch den die Stadt Jahre des Friedens, des aufblühenden Wohlstands und seine staatliche Verfassung bekam.
Es war nicht lange her, seit er zu sich selbst gefunden hatte und erkannte, wer er einst
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