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03 Arthur und die Stadt ohne Namen

03 Arthur und die Stadt ohne Namen

Titel: 03 Arthur und die Stadt ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruebenstrunk Gerd
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Esau als Kissen genutzt wurde.«
    »Als Kissen?« Larissa grinste. »Besonders bequem kann das ja nicht gewesen sein. Wieso musste er denn überhaupt vor seinem Bruder fliehen?«
    »Es ist eine Geschichte aus dem Alten Testament«, sagte ich und versuchte mich zu erinnern. »Esau war der erstgeborene Sohn Isaaks, aber er verkaufte sein Erstgeburtsrecht für einen Teller Linsensuppe an Jakob. Und dann erschlich sich Jakob auch noch mit einem Trick den Erstgeborenensegen seines Vaters. Da ist doch klar, dass Esau sauer war.«
    »Wär ich auch«, nickte Larissa. »Und wie ging es mit dem Stein weiter?«
    »Über Ägypten, Sizilien und Spanien gelangte er der Legende nach später nach Irland. Dort soll ihn der Nationalheilige St. Patrick für die Krönung der irischen Könige gesegnet haben. Als der irische König Kenneth I. seine Hauptstadt ins eroberte Schottland verlegte, nahm er den Stein mit. Fortan wurde er bei den Krönungen der schottischen Könige verwendet.«
    »Aha.« Larissa schwieg einen Moment und betrachtete nachdenklich den Stein. »Ich bin immer wieder erstaunt, was du alles weißt.«
    »Da bin ich zufällig bei meiner Suche im Web drübergestolpert«, spielte ich die Sache herunter, obwohl ich mich insgeheim über ihr Lob freute.
    Nachdem wir beinahe zwei Stunden durch die Burg gewandert waren, fanden wir uns auf dem Platz bei der dicken Kanone wieder, die Mons Meg genannt wird und über 500 Jahre alt ist.
    Inzwischen hatte sich das Gelände bevölkert. Zahlreiche Besuchergruppen zogen mit Führern kreuz und quer über den Burghof. Eine Gruppe koreanischer Touristen fotografierte sich unter lautstarkem Geschnatter gegenseitig vor der Kanone.
    Wir beschlossen, in ein Café zu gehen und uns etwas aufzuwärmen. Trotz der Kälte saß ein älterer Mann an einem der Tische vor dem Café, vor sich einen leeren Plastikbecher. Er trug einen dunklen, an einigen Stellen bereits ziemlich abgeschabten Anzug aus dicker Wolle und darunter eine bis zum Hemdkragen zugeknöpfte Weste, unter der gerade noch ein Teil eines roten Krawattenknotens sichtbar war. Aus der Brusttasche seines Jacketts lugte ein weißes Tuch hervor. Unter einem breitkrempigen schwarzen Hut quollen Strähnen schmutzig blonder Haare heraus, die sich bis über den Kragen ergossen. In der rechten Hand hielt er einen schlichten Gehstock.
    Unter seinen schmalen Augen hingen große Tränensäcke. Tiefe Furchen hatten sich um seinen Mund eingegraben, dessen Unterlippe vorgeschoben war. Die Mundwinkel waren in einem Zustand dauerhafter Verbitterung herabgezogen.
    Der Mann sah wie ein Obdachloser aus. Ein cleverer Obdachloser, denn es gab wohl kaum einen Ort in Edinburgh, an dem sich mehr Touristen herumtrieben, auf deren Mildtätigkeit er offenbar spekulierte.
    Und die Masche funktionierte. Larissa griff in die Tasche und zog ein Pfundstück heraus, das sie in den Plastikbecher warf. Doch anstatt Dankbarkeit zu zeigen, verzerrte sich das Gesicht des Mannes vor Zorn, und er schlug mit seinem Gehstock auf den Tisch, dass der Becher umkippte und auf den Boden fiel.
    »Watch what ye’re doin, ye wee dafties!« , rief er.
    Ich verstand die Worte zwar nicht, wohl aber ihre Bedeutung. Er war empört darüber, dass wir ihn wie einen Bettler behandelt hatten. Verlegen zuckten wir mit den Schultern und wollten gerade im Café verschwinden, als uns ein weiterer Knall auf den Tisch anhalten ließ.
    »I’m talking to you! Are ye deif or something?«
    Er erhob sich und kam auf uns zu. Sein Anblick kam mir bekannt vor, und ich durchforstete mein Gedächtnis, wo ich ihn bereits irgendwo gesehen haben mochte. Dann fiel es mir ein: Er war der einsame Besucher, den wir gestern Abend auf dem Greyfriars Kirkyard bemerkt hatten.
    Der Mann baute sich vor uns auf und legte den Gehstock über die Schulter wie ein paradierender Soldat sein Gewehr.
    »Entschuldigung«, stammelte Larissa. »Ich dachte …«
    »Wir dachten, Sie brauchen das Geld«, führte ich ihren Satz zu Ende.
    »Ha! Wisst ihr denn nicht, wer ich bin?«
    »Äh … leider nicht«, räumte Larissa ein und tauschte mit mir einen Blick.
    »Nun ja, ihr seid nicht von hier.« Er schien sich wieder zu beruhigen. Seine Stimme nahm einen getragenen Tonfall an, so wie die eines Menschen, der es gewohnt ist, häufig vor Publikum zu rezitieren.
    Er lüftete den Hut und deutete eine leichte Verbeugung an. »William McGonagall, at your service.« Er blickte uns erwartungsvoll an.
    McGonagall? So hieß doch diese Lehrerin bei

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