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03 Arthur und die Stadt ohne Namen

03 Arthur und die Stadt ohne Namen

Titel: 03 Arthur und die Stadt ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruebenstrunk Gerd
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hinunter, vorbei am Witches Well, dem Hexenbrunnen. Hier waren früher Hunderte von Frauen als Hexen verbrannt worden. Wir passierten die Tolbooth Kirk, die über den höchsten Kirchturm der Stadt verfügt. McGonagall hatte zu jedem der dunklen Gebäude, die die Straße einschlossen, eine Geschichte zu erzählen. Immer wieder führte er uns durch einen der zahlreichen engen Gänge, die sich zwischen den Häusern hindurchschlängelten, in einen bebauten Hinterhof, um uns dessen Historie zu erläutern. In diesen düsteren Wynds und Closes hatten früher Tausende von Menschen gelebt oder besser: gelitten. Ich war jedes Mal froh, wenn wir auf die Hauptstraße zurückkehrten. In den engen Gassen konnte ich das Elend der Menschen beinahe körperlich spüren. Es legte sich wie eine eiserne Klammer um meinen Brustkorb und nahm mir beinahe den Atem.
    Schließlich erreichten wir das Mercat Cross, das alte Marktkreuz. Seine Basis bildete ein Bauwerk mit acht Seiten, auf dem eine Säule mit einem Einhorn an der Spitze aufragte. Jede der acht Seiten des Fundaments war mit einem Wappen verziert, darunter ein Hirschkopf, eine Harfe, drei Löwen und ein Schiff, auf dem eine Frau mit einem Kind auf dem Schoß hockte. Wir fotografierten die Wappen, um sie später genauer zu analysieren, während McGonagall uns erklärte, dass von hier aus früher die Neuigkeiten ausgerufen wurden.
    Unsere nächste Station war die Tron Kirk. Dies war der Ort, wo die Trommelschläge des Jungen verstummt sein sollten, der von der Burg aus den geheimen Gang erkundet hatte.
    Wir blieben stehen, um zu lauschen, ob wir etwas hörten.
    »Tron nannte man früher die Wiegemaschinen, von denen eine hier stand«, erläuterte McGonagall den Namen der Kirche. Dann merkte er, dass wir ihm nicht zuhörten, sondern suchend den Platz vor der Kirche abgingen.
    »Was macht ihr da?«, fragte er misstrauisch.
    »Wir versuchen den Trommler zu hören«, erwiderte ich.
    Seine Gesichtszüge veränderten sich schlagartig. Hatte er soeben noch überlegen-besserwisserisch doziert, so funkelte jetzt die nackte Angst in seinen Augen.
    »Nein, nein«, rief er. »Lasst das! Das ist nicht gut!«
    Wir blickten ihn überrascht an. »Vergesst die Unterwelt«, setzte er hinzu. »Das ist nicht sicher. Sie ist das Reich der verlorenen Seelen. Keiner von uns begibt sich freiwillig dorthin.«
    »Also gibt es sie wirklich, diese Gänge unter der Stadt?«, fragte Larissa. Sein panischer Ton hatte sie nur noch neugieriger gemacht.
    »Mehr als das. Unter uns liegen ganze Straßenzüge.« Er führte uns zum Mercat Cross zurück und deutete auf ein mächtiges Gebäude auf der anderen Straßenseite. »Seht ihr das Rathaus? Es ist auf einer Reihe von Häusern und Gassen errichtet worden, die sich früher dort befanden. Man hat sich nicht die Mühe gemacht, sie abzureißen, sondern sie einfach als Fundamente benutzt und darauf gebaut.«
    »Und die Menschen, die dort gewohnt haben?«, wollte ich wissen.
    »Menschen sind anpassungsfähig, besonders in Edinburgh. Die Bewohner der plötzlich unterirdischen Straßen haben dort einfach weitergelebt, als sei nichts geschehen.«
    »Unter der Erde? Im Dunkeln?«
    Er nickte. »Es gab noch einen Zugang von dort, wo heute die Cockburn Street verläuft. Erst 1930 wurden die unterirdischen Straßen endgültig geschlossen. Bis dahin wohnten Handwerker und Händler mit ihren Familien noch unter dem Rathaus.«
    Larissa schauderte. »Das finde ich ziemlich gruselig«, sagte sie. »Stell dir vor, du verbringst dein ganzes Leben in der Dunkelheit und hast nur Licht von ein paar Kerzen oder Glühbirnen.«
    »Das ist noch nicht alles.« McGonagalls Miene war nach wie vor besorgt. »Es gibt weitere unterirdische Behausungen unter der South Bridge, wo sich eine Menge Abschaum sammelte. Von dort bis hierhin ist es nicht weit. Offiziell heißt es zwar, es gebe keine Verbindung, aber ich weiß es besser. Diese ganze Gegend ist hohl wie ein Ameisenhügel – und ebenso bevölkert.«
    »Wollen Sie damit sagen, die Unterwelt wird noch bewohnt?«
    »Genauso ist es. Sie ist das Reich der Halunken und Halsabschneider, der Ghule und Geister«, erwiderte er. »So mancher ist herabgestiegen und nicht wieder zurückgekehrt. Mich würden keine zehn Pferde dorthin bringen. Für unsereinen ist es über der Erde schon riskant genug. Auch ihr solltet euch davor hüten, euren Fuß unter die Straßen der Stadt zu setzen.«
    Bevor ich fragen konnte, was genau er damit meinte, machte er eine

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