03 Arthur und die Stadt ohne Namen
den Kasten wieder verschloss, fotografierte Larissa mit ihrem Handy die Seite mit dem Eintrag. Dann folgten wir Mrs Kirkby die Treppe hinab. Ich wollte eine weitere Begegnung mit Fiona lieber vermeiden, deshalb verabschiedete ich mich an der roten Kordel von Mrs Kirkby.
»Noch mal vielen Dank. Und bestellen Sie Fiona schöne Grüße von mir.«
Larissa betrachtete mich mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck. Sobald Mrs Kirkby im Gang verschwunden war, machte ich kehrt und eilte dem Ausgang zu.
»Warum auf einmal so eilig?«, fragte Larissa mich grinsend.
Ich antwortete nicht. Sobald wir draußen waren, überquerte ich schnell die Straße. Larissa hatte Mühe, mit mir Schritt zu halten. Sie packte mich an der Schulter.
»Hey, das war nicht so gemeint.«
Ich ärgerte mich darüber, dass ich nicht selbstbewusster mit der Situation umgegangen war und mich ganz normal von Fiona verabschiedet hatte. Es war einfach so: Mädchen brachten mich immer aus der Fassung. Mal abgesehen von Larissa, aber sie war ja ein Teil des Problems, mit ihren ständigen kleinen Spitzen. Mir war klar, dass ich mich ohne ihre Gegenwart sicher anders verhalten hätte.
»Lass uns bitte nicht darüber reden«, fuhr ich sie etwas zu heftig an. Da niemand sonst da war, musste sie meinen Ärger auf mich selbst ausbaden.
»Ist ja schon gut.« Sie hob beschwichtigend die Hände.
Es war aber nicht gut. »Deine ewige Eifersucht nervt«, sagte ich. »Einmal ist ja vielleicht okay, aber dann muss es auch genug sein. Ich piesacke dich ja auch nicht ständig, wenn du anderen schöne Augen machst.«
»Wem mache ich denn, bitte, schöne Augen?«, fragte sie spitz zurück.
»Na, zum Beispiel Gerrit damals in Amsterdam«, erwiderte ich.
»Das ist doch schon zwei Jahre her.«
»Und wenn schon.« So schnell gab ich nicht auf. »Seit unserer Ankunft hier stichelst du wegen Fiona. Obwohl ich dir tausend Mal gesagt habe, dass sie mich nicht interessiert.«
»Was regst du dich dann so auf?«
Es war zum Heulen. Immer wieder konnte sie diese Gespräche so drehen, dass ich auf einmal derjenige war, der etwas erklären musste. Ob das wohl bei allen Frauen so war?
»Ich rege mich nicht auf«, brummte ich und stiefelte weiter die Canongate hinunter bis zu einem Café, das mit drahtlosem Internetzugang warb. Schweigend folgte mir Larissa, schweigend holten wir uns unsere Cappuccinos und schweigend setzten wir uns an einen freien Tisch.
»Okay«, sagte sie schließlich. »Vielleicht reagiere ich manchmal etwas zu stark. Das tut mir leid.«
»Ist schon gut«, erwiderte ich. Mein Zorn war fast verraucht und ich wollte das Thema lieber nicht weiter vertiefen.
»Ich kann dir auch nicht versprechen, dass sich das so schnell ändern wird«, fuhr sie unbeirrt fort.
»Muss ja auch nicht«, murmelte ich. Mir war etwas unbehaglich, in welche Richtung sich das Gespräch entwickelte. Eigentlich wollte ich lieber das Rätsel des Wortes LURCHE lösen.
Larissa studierte intensiv das Muster der Kakaokörner auf der Oberfläche ihres Cappuccinos. »So empfindlich bin ich nur, weil du mir eine Menge bedeutest, Arthur. Ich kann es nun mal nicht stoppen. Es schießt einfach aus mir heraus. Ich ...«
Sie stockte und blickte auf. Ihre Augen schimmerten feucht.
»Ich habe dann Angst, dich zu verlieren«, sagte sie mit leiser Stimme.
Ich griff über den Tisch und nahm ihre Hand.
Wir sahen uns gewiss eine Minute lang an und führten in dieser kurzen Zeit mit unseren Augen ein so intensives Gespräch miteinander, wie es mit Worten nicht möglich gewesen wäre. Schließlich nahm ich meine Hand weg.
»Dein Cappuccino wird kalt«, lächelte ich.
Sie lächelte zurück. »Deiner auch.«
Damit war das Thema erledigt.
»Jetzt wollen wir mal sehen, was die Lurche mit Edinburgh zu tun haben«, sagte ich und zog mein Handy hervor.
Eine erste Google-Suche ergab, dass die beiden absolut nichts miteinander verband. Auch weitere Recherchen brachten mir nur die Erkenntnis, dass sich offenbar Hunderttausende von Menschen weltweit mit Lurchen beschäftigten, was ich nicht wirklich nachempfinden konnte.
Nachdem wir so zehn Minuten vertan hatten, sahen wir uns das Foto, das Larissa gemacht hatte, noch einmal genauer an. Wir zoomten auf das Wort ein, bis es den gesamten kleinen Bildschirm belegte.
Es war zwar in Druckbuchstaben geschrieben, aber auf eine altertümliche Art und Weise. Zudem hatte die Zeit ihre Spuren hinterlassen. Das »U« war geschrieben wie ein großes »V«. Beim
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