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03 Arthur und die Stadt ohne Namen

03 Arthur und die Stadt ohne Namen

Titel: 03 Arthur und die Stadt ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruebenstrunk Gerd
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Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr und fuhr herum, aber es war nur ein großer Schatten, der über die Wand glitt. Ich wollte mich schon abwenden, als mir klar wurde, was ich gerade gesehen hatte: Wo ein Schatten ist, muss auch etwas sein, das diesen Schatten wirft. Und außer uns war niemand im Raum.
    Ich fasste Larissa am Arm. »Wir sind nicht allein hier«, flüsterte ich.
    »Was meinst du damit?« Sie stellte sich in die Mitte des Raums und ließ den Lichtstrahl kreisen. »Ich sehe niemanden außer uns.«
    »Und die Stimmen?«, fragte ich.
    »Wahrscheinlich eine akustische Täuschung«, mutmaßte Maurice. »Vielleicht kamen sie aus dem Nachbarhaus.«
    »Aber das war genauso verlassen wie das hier«, wandte ich ein. »Und außerdem habe ich gerade einen Schatten dort an der Wand gesehen, der nicht von uns war.«
    Larissa leuchtete die Ecke aus, auf die ich zeigte. Natürlich war nichts zu sehen. Hatte ich mir alles nur eingebildet?
    Maurice legte den Kopf leicht in den Nacken und schnupperte. »Riecht ihr das auch?«, fragte er.
    Ein angenehm blumiger Duft breitete sich im Raum aus. Er schien vom Fenster her zu kommen. Im Lichtkegel der Taschenlampe schwebte ein feiner Dunst vor den geschlossenen Läden in der Luft.
    Ich fühlte mich mit einem Mal völlig entspannt. In meinem Kopf erklang eine einschmeichelnde Flötenmelodie, die mit dem leichten Wabern des Dunstes an- und abschwoll.
    Den verklärten Gesichtern von Larissa und Maurice nach zu schließen, ging es ihnen ähnlich wie mir. So standen wir unbewegt da, bis sich der Dunst schließlich auflöste und der Duft, zusammen mit der Melodie, verschwand.
    Larissa bewegte langsam den Kopf hin und her. »Was war das denn?«
    »Keine Ahnung.« Maurice trat zum Fenster und untersuchte die Stelle, vor der der Dunst aufgestiegen war. »Nichts zu erkennen.«
    »Vielleicht sollten wir einfach gehen?« Das Erlebnis gerade war zwar nicht unangenehm gewesen, aber ich hasste das Gefühl, von einer fremden Macht kontrolliert zu werden.
    Da hier nichts mehr zu entdecken war, betraten wir den Raum auf der anderen Seite. Er war so leer wie die übrigen auch, mit einem Unterschied: Jemand hatte an eine Wand in roter Farbe drei Reihen arabischer Schriftzeichen gemalt.
    »Was bedeutet das?«, fragte Larissa, während sie den Lichtkegel auf der Schrift ruhen ließ.
    Maurice trat näher an die Wand heran und studierte die Zeichen.
    »Irgendwas mit Stunde und Tor«, sagte er. »Eines der Worte kommt dreimal vor, aber das kenne ich nicht. Es könnte vielleicht ›vergessen‹ bedeuten, aber ich bin mir nicht sicher.«
    Larissa und ich spitzten die Ohren. ›Vergessen‹ wie in Vergessene Bücher? Das konnte kein Zufall sein.
    »Ob Hayyid das geschrieben hat?«, fragte ich. »Vielleicht ist es eine Botschaft von ihm.«
    Larissa drückte mir die Taschenlampe in die Hand und machte mehrere Fotos mit ihrer Handykamera.
    Maurice verließ den Raum als Erster. Wir wollten ihm gerade folgen, als wir ein lautes Poltern und einen französischen Fluch hörten.
    Wir sprangen zur Tür. Maurice rappelte sich gerade vom Boden auf. Hinter ihm, am Kopf der Treppe, stand reglos eine große schwarze Katze und starrte uns an.
    »Das Biest ist mir genau zwischen die Beine gelaufen«, schimpfte Maurice. Er machte einen Schritt auf die Katze zu. Im Nu fegte sie die Stufen herab und verschwand.
    »Die hat wahrscheinlich die Geräusche gemacht, die wir gehört haben«, vermutete Larissa.
    »Eine Katze, die Selbstgespräche führt«, spottete ich.
    »Du bist ein abergläubischer Spinner, Arthur.« Larissa schüttelte den Kopf. »Es gibt für alles eine logische Erklärung. Wie Maurice schon gesagt hat, das waren wahrscheinlich Leute im Nachbarhaus.«
    »Und der Duft und die Flöte?«
    »Welche Flöte? Ich habe keine Flöte gehört.«
    »Vorhin, in dem Raum mit dem angenehmen Duft. Ihr müsst sie doch gehört haben.«
    Larissa schüttelte den Kopf. »Musik habe ich gehört, das stimmt. Aber es war eine Violine.«
    »Und bei mir eine Oboe«, wunderte sich Maurice. »Wenn jeder von uns etwas anderes gehört hat, dann kann es wohl kaum von nebenan gekommen sein.«
    Wir traten aus dem Haus und achteten darauf, dass uns keiner dabei beobachtete. Larissa schloss die Tür vorsichtig ab. Die Dämmerung war in der Zwischenzeit in dunkle Nacht übergegangen. Nur eine müde Funzel ein paar Häuser weiter spendete ein schwaches Licht. Ansonsten lag die Gasse im Dunkel. Ebenso wie die Gebäude zur linken und rechten

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