03 Arthur und die Stadt ohne Namen
zustimmend.
»Er möchte wissen, warum wir uns so kurz vor Einbruch der Dunkelheit in der Gasse der Dschinns aufhalten«, übersetzte Maurice.
»Was geht ihn das denn an?«, fragte Larissa.
»Im Grunde nichts«, sagte Maurice. »Und dann doch wieder alles. Die Polizisten hier in Sanaa sehen zwar imposant aus, sind aber schlecht ausgebildet und bezahlt. Da genießen sie es schon mal mehr als in anderen Ländern, den mächtigen Arm des Gesetzes zu spielen.«
Der Dicke unterbrach Maurice mit einem herrisch klingenden zweiten Wortschwall. Unser Gastgeber hob beschwichtigend die Hände und antwortete ihm.
Der Dicke sah ihn skeptisch an. Maurice zog seine Brieftasche hervor und fingerte einen laminierten Ausweis heraus, den er dem Dicken hinhielt. Der nahm ihn entgegen und studierte ihn genau.
Sein Partner trat heran und blickte dem Dicken über die Schulter. Mit einer unwilligen Kopfbewegung verscheuchte der den Dünnen, bevor er Maurice den Ausweis zurückgab. Mit wichtigtuerischer Miene sonderte er noch ein paar Sätze ab, dann setzten die beiden ihre Streife fort.
Maurice atmete erleichtert durch. »Manchmal kann es sehr hilfreich sein, einen UN-Ausweis zu besitzen.«
Wir warteten, bis sie um die nächste Ecke verschwunden waren, und beratschlagten dann, was wir als Nächstes tun sollten. Die anderen Häuser in der Straße machten einen ebenso verrammelten Eindruck wie das, bei dem wir vergeblich geklopft hatten.
»Es sieht so aus, als würde eure Spur hier enden«, sagte Maurice.
»Das glaube ich nicht.« Larissa griff in ihre Umhängetasche und holte das Etui mit den Dietrichen hervor. »Ich gehe nicht eher, bis wir uns in dem Haus umgesehen haben.«
Ich warf einen skeptischen Blick in den Himmel. »Es wird bald dunkel«, sagte ich.
»Na und? Glaubst du jetzt etwa auch an Dschinns?«, fragte Larissa.
Ich schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht.« Es hätte entschiedener klingen können.
»Na also.« Sie ging auf die Tür zu. Maurice blickte mich fragend an. Ich zuckte nur mit den Schultern.
Wir folgten Larissa, die das verrostete Schloss bereits mit ihren Werkzeugen bearbeitete. Im Nu hatte sie die Tür geöffnet. Wir traten in einen kleinen Vorraum und drückten die Tür hinter uns zu. Vor uns lag eine schmale Treppe. Von dort herab fiel Licht in den Raum.
Maurice folgte uns, ohne eine Bemerkung zu unserem gewaltsamen Eindringen zu machen. Das rechnete ich ihm hoch an. Offenbar spürte er, welche Bedeutung die Sache für uns hatte. Außerdem war ich froh darüber, einen echten Erwachsenen aus Fleisch und Blut bei uns zu haben, nicht nur einen rätselhaften Helfer wie in Amsterdam oder Dubrovnik.
Raum für Raum erkundeten wir das Erdgeschoss, Maurice und ich auf der einen, Larissa auf der anderen Seite des Flurs. Die verschlossenen Fensterläden waren so wurmstichig, dass genügend Sonnenlicht nach innen drang, um alles erkennen zu können. Alle Zimmer waren leer. Nirgendwo gab es Überbleibsel der ehemaligen Bewohner zu sehen.
Maurice sagte etwas, das ich nicht verstand. Ich drehte mich um. »Was?«
Er zog die Augenbrauen hoch. »Ich habe nichts gesagt.«
Ich war mir sicher, eine Stimme gehört zu haben. Larissa kam aus dem Nebenraum zurück. »Hat einer von euch gerufen?«
Wir sahen uns alle drei wortlos an.
Im Stockwerk über uns hörten wir ein Geräusch.
»Ob doch jemand zu Hause ist?«, fragte Maurice.
»Das werden wir gleich sehen.« Larissa wandte sich entschlossen der Treppe zu.
»Halt!«, rief ich. »Warte auf uns!«
»Wir sollten zusammenbleiben«, pflichtete Maurice mir bei. »Und lasst mich vorgehen. Wenn dort oben wirklich noch jemand lebt, kann ich unsere Anwesenheit erklären.«
Ich sah Larissa ihre Ungeduld an, aber sie fügte sich Maurices Argument. Wir folgten ihm die Treppe hoch. Sie mündete in einen weiteren Flur, von dem zwei Zimmer abgingen.
Es war inzwischen deutlich dunkler geworden. Draußen hatte die Abenddämmerung eingesetzt, und das Licht, das durch die Fensterläden fiel, wurde schwächer. Larissa holte ihre Taschenlampe hervor.
Durch die Tür rechts von uns hörten wir Satzfetzen, so als würden sich zwei Personen unterhalten.
Maurice trat vor und klopfte gegen das Holz. Sofort verstummten die Stimmen. Wir warteten eine Minute, dann schob Maurice die Tür langsam auf. Larissa ließ den Strahl ihrer Taschenlampe einmal herumwandern. Der Raum war so leer wie die Zimmer, die wir unten gefunden hatten.
Vorsichtig traten wir über die Schwelle. Aus dem
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