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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sich an die Spielregeln gehalten, hatte sich bemüht, nicht aufzufallen, hatte niemals einen anderen Schüler verpetzt, ganz gleich, was der angestellt hatte. Aber es hatte nichts genützt. Trotz allem hatten sie sich gerade ihn geschnappt. Und jetzt würde alles wieder von neuem losgehen. Am liebsten hätte er zu weinen angefangen, aber er schluckte die Tränen hinunter.
    Die Luft war kühl, obwohl es schon später Vormittag war. Auch die Sonne, die vor etwa einer Stunde herausgekommen war, half nicht. Auf der Steinbank in einer Ecke des ummauerten, parkartig angelegten Gartens, auf halbem Weg zwischen der Schule und dem Haus des Schulleiters, schien es Harry besonders kalt zu sein, und die Statuen aus Marmor und Bronze, die inmitten der Rosenbüsche standen, machten ihn in ihrer Unnahbarkeit noch kälter. Er fröstelte, schlang fest die Arme um seinen Körper und zog die Knie hoch.
    Er war dabei gewesen, als die Polizei gekommen war. Er war mit den anderen vom Chor in der Sakristei gewesen, als Mrs. Lockwood den Mann und die Frau hereingeführt und Chas Quilters Führung übergeben hatte. Im ersten Moment hatte er überhaupt nicht erkannt, daß sie von der Polizei waren, weil sie ganz anders aussahen, als das, was er seit dem Frühstück erwartet hatte, nachdem sich im Speisesaal herumgesprochen hatte, daß Matthew Whateley tot war und jemand von New Scotland Yard kommen würde.
    Und wenn er sich einredete, daß sie überhaupt keine richtigen Kriminalbeamten waren, dann war das so ziemlich der beste Grund, den er finden konnte. An ihn würde er sich klammern. Sie konnten ihm ja ohnehin nicht helfen. Sie würden ihm nicht einmal glauben. Sie trugen keine Waffen. Sie würden sich alles anhören, ihre Notizen machen, und dann würden sie gehen und ihn seinem Schicksal überlassen. Ganz allein. Ohne Matthew.
    Nein, er wollte nicht an Matthew denken. An Matthew denken, hieß daran denken, was er ihm schuldete. Daran denken, was er ihm schuldete, hieß daran denken, was ehrenhaft und jetzt von ihm gefordert war. Und diese Gedanken würden direkt in die eisigen Zonen von Angst und Entsetzen führen. Denn was jetzt von ihm gefordert war, das war die Wahrheit, und Harry wußte, was ihm bevorstand, wenn er sie preisgab. Die Wahl war einfach. Zu sterben oder zu schweigen. Er war erst dreizehn. Für ihn gab es keine Wahl.
    ». hauptsächlich Statuen und Rosen. Er besteht erst seit ein paar Jahren. Möchten Sie ihn sehen?«
    »Ja, schauen wir ihn uns an.«
    Harry duckte sich beim nahenden Klang der Stimmen, machte sich so klein, wie er konnte, als er hörte, daß das Tor in der Mauer geöffnet wurde. In Panik sah er sich nach einem Versteck um. Aber hier gab es nichts, was ihn vor dem Entdecktwerden geschützt hätte. Die Tränen brannten ihm in den Augen, als die Polizeibeamtin und Chas Quilter in den Garten traten. Sie blieben stehen, als sie ihn sahen.

    Lynley traf Barbara Havers in der Mitte des Hofs wieder, wo sie in eklatanter Nichtachtung der Sentenz, daß Erwachsene jungen Leuten mit gutem Beispiel vorangehen sollten, seelenruhig eine Zigarette rauchte, während sie ihre Aufzeichnungen durchsah. Heinrich VII. blickte mehr oder weniger mißbilligend auf sie herab.
    »Ist Ihnen aufgefallen, daß der gute Heinrich nach Norden schaut?« fragte er, als er sich zu ihr gesellte.
    »Das Haupttor der Schule ist im Osten, aber das scheint ihn nicht zu interessieren.«
    Havers blickte flüchtig an dem Standbild empor und meinte: »Vielleicht will er die Ankommenden in den Genuß seines edlen Profils kommen lassen.«
    Lynley schüttelte den Kopf. »Er will uns an seinen Ruhmestag erinnern. Darum blickt er nach Norden, wo Bosworth Field liegt.«
    »Ah ja. Tod und Verrat. Das Ende Richards III. Wieso vergeß ich immer, daß Sie ein Anhänger des Hauses York sind, Inspector? Wo Sie mich doch dauernd mit Nachdruck darauf aufmerksam machen? Spucken Sie auf Heinrichs Grab, wenn Sie in Westminster Abbey dran vorbeikommen?«
    »Unweigerlich.« Er lächelte. »Das ist eine meiner wenigen Freuden.«
    Sie nickte nachdenklich. »Ja, man muß die Freuden nehmen, wie sie kommen.«
    »Hat Ihr Rundgang mit Chas etwas Nützliches erbracht?«
    Sie drückte ihre Zigarette am Sockel des Standbilds aus. »Ich geb's zwar nicht gern zu, aber im Hinblick auf den Allgemeinzustand der Schule hatten Sie zum großen Teil recht. Außen hui und innen pfui. Gepflegter Rasen, sauber geschnittene Hecken, schöne alte Bäume, saubere Fassaden, blinkende Fenster.

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