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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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der Krankenstation lag?«
    »Cowfrey nahm an, die Krankenstation würde mich informieren. So wird das im allgemeinen gehandhabt. Und wenn ich erfahren hätte, daß Matthew krank war, wäre ich selbstverständlich auf die Station gegangen, um nach ihm zu sehen. Das ist doch ganz klar.« Der Nachdruck, mit dem Corntel seine Beteuerungen hervorbrachte, war merkwürdig.
    »Ihr habt doch sicher auch einen Hausältesten für jedes Haus. Was hat der denn die ganze Zeit getan? War er über das Wochenende in der Schule?«
    »Brian Byrne. Ja. Ein Schüler der Oberstufe. Die meisten älteren Schüler hatten Urlaubsscheine und waren weg - wenigstens die, die nicht zu dem Hockeyturnier oben im Norden gefahren waren -, aber er war da. Im Haus. Er glaubte genau wie wir alle, Matthew sei bei den Morants. Nachgeprüft hat er das so wenig wie ich. Es lag ja auch kein Anlaß dazu vor. Im übrigen wäre eine Überprüfung meine Aufgabe gewesen und nicht Brians. Ich möchte mein Versäumnis, wenn es eines war, keinesfalls auf meinen Hausältesten abwälzen. Das kommt nicht in Frage.«
    Wie bei den vorhergehenden Beteuerungen verlieh Corntel auch jetzt wieder seinen Worten einen seltsamen Nachdruck, der dem Bedürfnis zu entspringen schien, alle Schuld auf die eigene Kappe zu nehmen. Lynley wußte, daß es im allgemeinen nur einen Grund für ein solches Bedürfnis gab. Wenn Corntel die Schuld auf sich nehmen wollte, dann verdiente er sie zweifellos auch.
    »Er wird gewußt haben, daß er bei den Morants ganz und gar nicht in seinem Element sein würde. Er wird es gefühlt haben«, sagte Corntel.
    »Du scheinst da ja ziemlich sicher zu sein.«
    »Er war Stipendiat.« Corntel schien zu glauben, damit sei alles erklärt. Dennoch fügte er hinzu: »Ein netter Junge. Fleißig.«
    »Er war bei den anderen Schülern beliebt?«
    Als Corntel zögerte, meinte Lynley: »Nun, wenn einer von ihnen ihn sogar zu sich nach Hause eingeladen hat, ist das doch eigentlich die logische Schlußfolgerung.«
    »Ja, ja. Sicher. Ich bin nur - Siehst du jetzt, wie ich dem Jungen gegenüber versagt habe? Ich weiß es nicht. Er war immer so still. Hat immer nur brav gearbeitet. Er hatte nie ein Problem. Oder hat jedenfalls nie etwas dergleichen gesagt. Und seine Eltern hatten sich sehr über diese Wochenendeinladung gefreut. Sein Vater sprach das ganz offen aus, als er uns die Erlaubnis schickte. ›Schön, daß Mattie jetzt ein bißchen in die große Welt hinauskommt‹ oder so ähnlich, schrieb sein Vater.«
    »Wo sind die Eltern jetzt?«
    Corntel machte ein unglückliches Gesicht. »Ich weiß es nicht. In der Schule vielleicht. Oder sie sitzen zu Hause und warten auf Nachricht. Wenn es dem Schulleiter nicht gelungen ist, sie davon abzuhalten, sind sie vielleicht direkt zur Polizei gegangen.«
    »Wo ist bei euch die nächste Polizeidienststelle?«
    »In Cissbury - das ist das nächste Dorf - gibt es einen Constable. Ansonsten ist Horsham für uns zuständig.«
    »Ja, und leider nicht Scotland Yard.«
    Corntels Schultern krümmten sich noch etwas mehr bei dieser Bemerkung. »Aber irgend etwas wirst du doch tun können, Tommy! Irgendwas wirst du doch ins Rollen bringen können!«
    »Auf diskretem Weg?«
    »Ja. Meinetwegen. Du kannst es nennen, wie du willst. Ich weiß, es wäre eine rein persönliche Gefälligkeit. Ich kann hier keinerlei Ansprüche stellen. Aber um Gottes willen, wir waren doch zusammen in Eton.«
    Es war ein Appell an die Loyalität; an alte Bindungen; der eine immerwährende Bereitschaft, dem Ruf der Vergangenheit zu folgen, als selbstverständlich voraussetzte. Gern hätte sich Lynley mit aller Rigorosität darüber hinweggesetzt. Der Polizeibeamte in ihm drängte ihn dazu. Aber der Junge, der einmal die Freuden und Nöte des Internatslebens mit Corntel geteilt hatte, war noch lebendiger, als es Lynley lieb war.
    »Wenn er durchgebrannt sein sollte«, sagte er darum, »vielleicht in der Absicht, nach London zu gelangen, dann hätte er doch ein Transportmittel gebraucht. Wie weit seid ihr von der nächsten Bahnlinie entfernt? Von der Autobahn oder einer der größeren Straßen?«
    Corntel schien in dieser Frage die hilfreich dargebotene Hand zu sehen, die er sich wünschte. Er antwortete bestimmt, eifrig bemüht, Nützliches beizusteuern.
    »Wir sind von allen Verkehrsverbindungen ziemlich weit entfernt, Tommy. Das ist einer der Gründe, warum viele Eltern ihre Kinder gern zu uns schicken. Sie sehen eine gewisse Sicherheit darin. Bredgar Chambers

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