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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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liegt isoliert. Da kann man keine Dummheiten machen. Es gibt keine Ablenkungen. Matthew hätte ganz schön marschieren müssen, um sicher davonzukommen. Er hätte es sich nicht leisten können, in der Nähe der Schule ein Auto anzuhalten; da wäre die Gefahr zu groß gewesen, daß jemand von der Schule - einer der Lehrer vielleicht oder einer der anderen Angestellten - vorbeigekommen wäre, ihn gesehen und sofort aufgelesen hätte.«
    »Dann wird er vermutlich gar nicht erst zur Straße gegangen sein.«
    »Das denke ich auch. Meiner Ansicht nach ist er querfeldein gelaufen, durch den St. Leonard's Forst hinauf nach Crawley und zur M 23. Da hätte er nichts mehr zu fürchten gehabt.«
    »Das Wahrscheinlichste ist, daß er dort immer noch ist, meinst du nicht? Daß er sich verlaufen hat.«
    »Zwei Nächte im Freien, jetzt, im März? Er kann sich den Tod geholt haben bei dieser Kälte. Oder er ist verhungert. Er kann sich ein Bein gebrochen haben oder gestürzt sein und sich das Genick gebrochen haben«, zählte Corntel mit Entsetzen auf.
    »In drei Tagen verhungert man nicht«, versetzte Lynley. »Ist er ein großer Junge? Kräftig?«
    Corntel schüttelte den Kopf. »Überhaupt nicht. Er ist sehr klein für sein Alter. Zart. Sehr zierlich. Ein schönes kleines Gesicht.« Er hielt inne, den Blick auf ein Bild gerichtet, das die anderen nicht sehen konnten. »Dunkles Haar. Dunkle Augen. Lange, schmale Hände. Makellose Haut. Wunderschöne Haut.«
    Havers klopfte mit dem Bleistift auf ihren Block. Sie sah Lynley an. Als Corntel es bemerkte, hielt er inne. Tiefe Röte schoß ihm ins Gesicht.
    Lynley schob seinen Sessel vom Schreibtisch weg.
    »Hast du ein Foto von dem Jungen dabei?« fragte er.
    »Kannst du uns eine genaue Beschreibung geben?« Die letzte Frage, dachte er, war wahrscheinlich überflüssig.
    »Ja, natürlich. Beides.« Die Erleichterung war nicht zu überhören.
    »Dann laß uns beides da, und wir werden sehen, ob wir von hier aus etwas tun können. Vielleicht hat man ihn schon in Crawley aufgegabelt, und er traut sich nur nicht, seinen Namen anzugeben. Oder vielleicht irgendwo näher bei London. Man kann nie wissen.«
    »Ich dachte - ich hoffte, daß du mir helfen würdest. Ich habe schon ...« Corntel griff in die Brusttasche seines Jacketts und zog eine Fotografie und ein gefaltetes Blatt Papier heraus, das mit Maschine beschrieben war. Wenigstens besaß er Anstand genug, leichte Verlegenheit zu zeigen: die Tatsache, daß er beides zur Hand hatte, bewies, daß er fest mit Lynleys Hilfe gerechnet hatte.
    Lynley nahm verdrossen Foto und Zettel. John Corntel war sich des alten Freundes sehr sicher gewesen.

    Barbara las die Beschreibung, die Corntel ihnen dagelassen hatte. Sie studierte die Fotografie des Jungen, während Lynley den Aschenbecher ausleerte, den sie und Corntel während des Gesprächs gefüllt hatten. Er wischte ihn sorgfältig mit einem Papiertuch aus.
    »Mein Gott, Sie sind ja schlimmer als eine alte Jungfer, Inspector«, bemerkte Barbara vorwurfsvoll. »Soll ich vielleicht von jetzt ab ein großes rotes R auf der Brust tragen.«
    »Unsinn. Entweder ich leere den Aschenbecher aus oder ich freß den ganzen Müll aus reiner Verzweiflung. Und da scheint mir Ausleeren doch etwas angemessener zu sein. Aber auch nur um ein Haar.« Er blickte lächelnd auf.
    Sie lachte trotz ihrer Gereiztheit. »Warum haben Sie das Rauchen überhaupt aufgegeben? Marschieren Sie doch einfach mit uns anderen früher ins Grab. Je mehr wir sind, desto lustiger ist es.«
    Er antwortete nicht. Statt dessen fiel sein Blick zu der Ansichtskarte, die an eine Kaffeetasse gelehnt auf seinem Schreibtisch stand. Barbara wußte Bescheid. Helen Clyde rauchte nicht.
    »Glauben Sie im Ernst, das ändert was, Inspector?«
    Seine Antwort war eine Zurückweisung. »Wenn der Junge wirklich durchgebrannt ist, wird er wahrscheinlich in ein paar Tagen wieder auftauchen. Sollte er allerdings nicht auftauchen, dann wird man, so gefühllos das klingt, vermutlich seine Leiche finden. Ich frage mich, ob die guten Leute darauf vorbereitet sind.«
    Barbara gab den letzten Worten geschickt einen Sinn, der ihren Absichten entsprach. »Ist man denn je auf das Schlimmste vorbereitet, Inspector?«

    Schicke meinen Wurzeln Regen. Schicke meinen Wurzeln Regen.
    Diese vier Worte im Kopf wie einen sich endlos wiederholenden Refrain, saß Deborah St. James in ihrem Austin und starrte unverwandt auf das überdachte Tor des Kirchhofs von St. Giles, etwas

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