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03 - Der Herr der Wölfe

03 - Der Herr der Wölfe

Titel: 03 - Der Herr der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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über ihn, umarmte ihn, als könnte sie seinen reglosen Körper erwärmen und ihm neues Leben einhauchen.
    Plötzlich fühlte sie starke Arme, die sie umfingen und von der Bahre wegzogen. Vergeblich wehrte sie sich. Und dann blickte sie in die blauen Augen des Wikingers, der ihren Vater gerächt hatte und nun seine Stelle einnehmen würde. »Lässt mich allein!« flehte sie.
    »Hier könnt Ihr nicht länger bleiben, Melisande. Ihr würdet vergehen vor Kummer.« Neue Tränen rannen über ihre Wangen, und er drückte behutsam ihren Kopf an seine breite Brust. »Pst, seid ganz ruhig. Ich weiß, der Schmerz überwältigt Euch, aber mit der Zeit wird er verebben.«
    »Niemals!« wisperte sie. Da hob er sie hoch und trug sie aus der Kapelle durch die Menschenmenge.
    Die Dunkelheit brach herein. Erst vor wenigen Stunden hatte der Schlossherr den Tod gefunden. Und er war schon jetzt so kalt, so steif ‘ und für immer entschwunden. Neues, heftiges Schluchzen erschütterte Melisandes Körper, und Conar strich sanft das zerzauste Haar aus ihrem tränenfeuchten Gesicht. Wenig später setzte er sie in der Halle auf einen der reichgeschnitzten Stühle vor dem Kaminfeuer.
    Stille erfüllte den großen Raum, obwohl sich mehrere Männer eingefunden hatten. Da stand Ragwald, würdig und hoch aufgerichtet, und Melisande begegnete seinem sorgenvollen Blick. Auch Conars rothaariger Freund war erschienen, zusammen mit Philippe und Gaston und einigen anderen.
    Der rothaarige Wikinger brachte seinem Herrn einen Kelch, und Conar, der vor Melisande kniete, drückte das Gefäß in ihre Hand. »Das ist Glühwein. Trinkt ihn, er wird Euch helfen.«
    »Nichts wird mir helfen.«
    »Doch, die Zeit.«
    Sie nahm einen Schluck. In der Halle herrschte immer noch Schweigen, und sie spürte die Macht, die der Mann vor ihr ausstrahlte. Aufmerksam beobachtete er, wie sie den Kelch immer wieder an die Lippen setzte. Sie war es gewohnt, Wein zu trinken. Sogar kleine Kinder bekamen ihn manchmal zu den Mahlzeiten, weil keine anderen Getränke serviert wurden.
    Es war jener schwere Wein, den ihr Vater aus Burgund mitgebracht hatte. Diese Erinnerung trieb ihr beinahe wieder Tränen in die Augen. Rasch leerte sie den Kelch und spürte, wie der Alkohol sie erwärmte und den Schmerz allmählich betäubte.
    Nach einer Weile erwiderte sie den kühlen, gebieterischen Blick des Fremden, der plötzlich über ihr Leben bestimmte. Abschätzend musterte er sie, bis sie die Lider senkte und ihm den Kelch zurückgab. Er stand auf, ging zu seinen Männern und wandte sich wieder zu ihr. »Vorhin haben wir die Dokumente Eures Vaters gefunden, Melisande.« Offenbar wartete er auf eine Antwort, und als er keine erhielt fuhr er fort: »Er hat bereits einen Ehevertrag mit eindeutigen Bedingungen für Euch abgefasst. Wollt Ihr ihn lesen?«
    Ihr Atem stockte. Das konnte sie einfach nicht glauben. Ihr Vater hatte tatsächlich geplant, sie mit diesem Mann zu verheiraten? Obwohl er ihr doch stets versprochen hatte, ihre Wünsche zu berücksichtigen, wenn er einen Ehemann für sie aussuchen würde … Vor lauter Bestürzung konnte sie zunächst nicht antworten. Sie fühlte sich verraten und bitter enttäuscht. Also hatte auch ihr Vater an ihren Fähigkeiten gezweifelt, wie alle anderen. Es gibt keinen Ausweg, sagte sie sich. Heftiger Zorn erhitzte sie genauso wie der Glühwein. Nein, in Zukunft würde sie sich nicht mehr lächerlich machen. Nie wieder würde sie davonlaufen - nur, um sich von diesem Wikinger zurückholen zu lassen.
    Sie erhob sich und merkte, wie unsicher sie auf den Beinen stand. Doch das zeigte sie nicht. Sie war froh, dass sie trotz ihrer jungen Jahre etwas großer war als einige kleine Männer, die in der Halle’ standen, aber nicht größer als er. Ich will mich nicht vor ihm fürchten, gelobte sie sich und erklärte kühl: »Es ist wohl unnötig, dass ich diese Dokumente lese. Zu Ehren meines Vaters werde ich seinen Wunsch erfüllen.« Vorwurfsvoll starrte sie Ragwald an.
    »Könnt Ihr es ertragen, in die Kapelle zurückzukehren, Melisande?« fragte Conar und ging auf sie zu.
    Art die Kapelle?«
    Er nickte. »Wenn wir heiraten, soll es ordnungsgemäß geschehen - vor Gott und den Menschen.«
    »Obwohl die Leiche meines Vaters vor dem Altar liegt?«
    »Gerade deshalb. Braucht Ihr noch etwas Zeit?«
    »Das glaube ich nicht«, murmelte Ragwald unbehaglich. Dann zuckte er bedrückt die Achseln, als sich der Wikinger zu ihm wandte. !>Es gibt nichts mehr was Melisande

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