Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
03 - Der Herr der Wölfe

03 - Der Herr der Wölfe

Titel: 03 - Der Herr der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
Vom Netzwerk:
sich auf irischem Boden in einem friedlichen Leben erfüllen. Aber mein Vater erklärte ihr, der Friede könne nur durch Stärke gesichert werden, und deshalb sei es die Pflicht ihrer Söhne, kämpfen
    zu lernen. Und tatsächlich - als mein Großvater starb und mein Onkel Niall den Platz des Ard-Righ einnahm,
    brach ein Krieg aus. Wir alle mussten zu den Waffen greifen, um den Frieden in unserem Land zu erhalten. Ich glaube, darin lag die größte Leistung meines Großvaters. Er wusste, wann man kämpfen und wann man verhandeln musste. Und dass er sich niemals einfach zurücklehnen durfte, um zu warten, bis der Friede zu ihm kam.«
    »Auch mein Vater wusste das. Seit er denken konnte, fielen die Dänen, die Norweger und die Schweden über uns her«, fügte Melisande hastig hinzu. »Also baute er eine starke Festung, deren Anblick allen Angreifern den Mut nahm. Doch dann wurde er schmählich hintergangen … « Plötzlich merkte sie, dass sie auf Conars Schoß saß eine Hand an seine Brust gelegt hatte und dass seine Tunika nass von ihren Tränen war. Rasch stand sie auf. »Ich fühle mich jetzt besser und ich werde nicht mehr weinen.« Sie wich vor ihm zurück, als er sich ebenfalls erhob, und ihre Augen leuchteten sogar im trüben Halbdunkel. »Du hast meinen Vater geehrt, und dafür danke ich dir. Eins muss ich dir trotzdem sagen, ich bin mit seiner Wahl nicht einverstanden, und ich finde, Ragwald hat sich abscheulich benommen. Du natürlich auch, aber du bist ein Wikinger, während er ein Christ ist und … «
    »Melisande«, unterbrach er sie, »fast ganz Irland ist christianisiert.«
    Doch sie achtete nicht auf seinen Einwand. »Außerdem war Ragwald der Freund meines Vaters und auch meiner. Er hätte es besser wissen müssen. Und wenn ich auch in deiner Schuld stehe, nachdem du Rache an Gerald geübt hast - diese aufgezwungene Ehe lastet schwer auf meiner Seele. Für mich bist und bleibst du ein Wikinger, einer von diesen Horden, die uns schon so lange heimsuchen. Und vergiss nicht, dein Vater ist widerrechtlich ins Land deiner Mutter eingedrungen. Deine Herkunft kann ich dir nicht verzeihen. Deshalb werde ich dir bis zu deiner Abreise aus dem Weg gehen.«
    Diese hochmütigen Worte verschlugen ihm zunächst die Sprache. Mit schmalen Augen starrte er sie an. Sie eilte an ihm vorbei die Treppen hinauf, und er hätte sie zurückhalten können, aber er ließ sie gehen. »Was für ein Narr ich bin!« flüsterte er den kalten Wänden zu. »Nie wieder wird sie mich mit ihrer Dreistigkeit überrumpeln!« Nach einer Weile folgte er ihr ins Tageslicht hinaus.
    Der Graf war bestattet, seine Untertanen hatten ihn beweint, aber nun musste das Leben weitergehen. Kinder hüteten ihre Gänseschar, aus der Schmiede drang lautes Hämmern, der Duft von gebratenem Fleisch wehte durch den Hof. Conar wollte sich wieder in den Südturm zurückziehen, um die Pläne zu studieren, aber als er Melisande mit einem Wachtposten beim Brunnen stehen sah, hielt er inne. Der Junge war kaum älter als sechzehn Jahre und schien sie zu trösten. Er strich über ihr Haar, und sie lächelte wehmütig.
    Wie vertraulich sie miteinander sprachen, wie sanft und melodiös Melisandes Stimme klang … Von unerklärlicher Wut erfasst, ballte Conar die Fäuste und ging mit langen Schritten in den Südturm.
    Inzwischen war die Tafel wieder gedeckt worden. Er setzte sich, begann zu essen, und bald leisteten ihm Philippe, Swen und Gaston Gesellschaft. Bereitwillig beantworteten sie seine Fragen nach der Festung.
    Auch Ragwald kam herein und nahm zögernd Platz. Eine Zeitlang starrte er auf seinen Teller, dann schaute er Conar an und unterbrach das Gespräch. »Mein Herr, wenn ich fragen darf - wo ist Melisande? Ich fürchte, sie hat noch nichts gegessen.«
    »Das wird sie sicher tun, wenn sie hungrig ist.«
    »Aber … «
    »Wahrscheinlich widerstrebt es ihr, mit mir am selben Tisch zu sitzen, Ragwald. Und sie wird sich auch sonst von mir fernhalten. In nächster Zukunft wird es keine Verständigung zwischen uns geben.«
    Die anderen sahen Melisande noch nicht, aber er spürte ihre Anwesenheit und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie sie zur Treppe schlich - offenbar entschlossen, allen zu entfliehen und ihr Zimmer aufzusuchen. Oder das Zimmer ihres Vaters - sein Zimmer.
    »Mein Herr!« entgegnete Ragwald besorgt. »Soviel ich weiß, wollt Ihr nach Irland zurückkehren, nachdem Ihr unsere Position hier gestärkt habt. Dann würde ich Melisande betreuen, so wie

Weitere Kostenlose Bücher