03 - Der Herr der Wölfe
und beobachtete vier seiner Schiffe, die sich dem rosig schimmernden Meereshorizont näherten. Lächelnd schüttelte er den Kopf. Was für einen eisernen Willen Melisande besaß … Doch sie war abgereist, und er stellte sich vor, dass seine Leute sie vielleicht gerade aus dem Laken wickelten, in das er sie eingeschnürt hatte.
Immer wieder schmähte sie sein Wikingerblut. Nun erschien es ihm wie eine ironische Gerechtigkeit, dass er sein christliches irisches Erbe nutzen konnte, um sie, zu bändigen.
Er lachte laut auf, dann hielt er plötzlich inne und erinnerte sich, was in ihm vorgegangen war, als er sie Mit dem jungen Mann beim Brunnen hatte stehen sehen. Würde sie sich verändert haben, wenn er ihr das nächste Mal begegnete? Würden ihre leidenschaftlichen violetten Augen seinem Blick immer noch so herausfordernd standhalten?
Kapitel 9
Auf der Fahrt nach Wessex, Sommer, a.d. 884
»Wir nähern uns der Küste!« rief Bryan seinem Bruder zu. Conar hatte in den Wind geblickt, der die Schiffsreise nach Osten beschleunigt hatte. Nun drehte er sich lächelnd um und sah das Land - englischen Boden, beherrscht von Alfred dem Großen, dem schon zu Lebzeiten legendären König.
Dort besaß Eric MacAuliffe Ländereien, von Alfred verliehen, zum Dank für den Beistand während des erbitterten Kampfs gegen die dänischen Eindringlinge.
Während Conar das Meeresufer betrachtete, stieg neuer Zorn in ihm auf. Nach all den Jahren konnte Melisande seine Gefühle immer noch in Aufruhr bringen wie niemand -anderer. An jenem Morgen, kurz nach der Hochzeit, hatte er ernsthaft beabsichtigt, ihre Gesellschaft vorerst zu meiden, aber nicht geahnt, wie oft sie sich von ihm trennen und wie mühelos sie seine Familie um den Finger wickeln würde.
Bald nachdem er sie nach Irland geschickt hatte, war er selbst dorthin zurückgekehrt, in der festen Überzeugung, seiner energischen Tante Bede wäre es gelungen, das wilde Mädchen zu zähmen. Doch wie er bei seiner Ankunft in Dubhlain erfuhr, hatte Melisande ihre gesamte neue Verwandtschaft bezaubert. Ihr Wissensdurst beeindruckte die Nonne dermaßen, dass sie ihren Schützling auf einer Pilgerfahrt quer durchs Land mitgenommen hatte. Auch Conars Bruder und seine Schwägerin Marina begleiteten sie sowie eine Auswahl der verlässlichsten Wachtposten. Seine Mutter versicherte, es bestehe kein Grund zur Sorge und Bede sei ganz begeistert von dem Mädchen.
»Melisande ist so unglaublich klug«, schwärmte Erin.
Und unglaublich tückisch, dachte Conar, aber er schwieg, weil seine Mutter so froh und zufrieden wirkte. Er saß an ihrem schönen Tisch in der großen warmen Halle von Dubhlain, und sie schlang die Arme um seinen Hals. »Erzähl mir von den Ländereien, die du erobert hast! Melisande vermisst ihr Zuhause sehr. Es muss wunderschön sein.«
Vielleicht sollte er erleichtert aufatmen, weil sich seine Frau in guten Händen befand - vor allem nicht in seinen eigenen. Später kam der König hinzu, und nachdem die Mutter sich zurückgezogen hatte, schilderte Conar ausführlich den Kampf um die Burg Manon de Beauvilles und die darauffolgenden Ereignisse. »Ich ließ die Mauern und Türme befestigen und verstärkte die tüchtige Schlosswache mit einem Teil meiner eigenen Leute. Ein bemerkenswertes Schloss, Vater. Der Graf verstand sehr viel von der Baukunst und übernahm die besten Errungenschaften der alten Römer, die er anhand einer nahen Ruine studiert hatte.«
»Trotzdem ist er Lug und Trug zum Opfer gefallen
Olaf goss noch einmal Wein in den Kelch seines Sohnes.
»Ich habe seinen Mörder getötet.«
>ja, das weiß ich, aber der Sohn des Verräters ist am Leben. Du musst dich in acht nehmen, denn dieser Feind wird dich immer wieder angreifen.«
»Vermutlich. Deshalb habe ich das Mädchen hierhergeschickt. Da ich Niall versprochen hatte, ich würde ihm helfen, Irland zusammenzuhalten, konnte ich nicht lange in der Festung bleiben. Und ich wagte nicht, Melisande zurückzulassen.«
Conars Vater beugte sich vor. »Du musst sie stets im Auge behalten.«
»Hat sie euch so viel Ärger gemacht?«
»Ärger?« Lächelnd schüttelte Olaf den Kopf. »Sie ist ein wahrer Engel.«
»Sprichst du von Melisande?«
»Hier hat sie alle Herzen gewonnen, schon nach kurzer Zeit.«
»Vater, ehe sie dich vollends umgarnt, muss ich dir etwas sagen - sie verabscheut alle Wikinger, und dass ich nur ein halber bin, spielt für sie keine Rolle.«
Olaf lachte leise. »Auch deine Mutter
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