03 - Der Herr der Wölfe
immer . -. .«
»Melisande wird sofort nach Irland segeln. Dort soll sie heranwachsen und in meinem Sinn erzogen werden. « Zu seiner Genugtuung sah Conar sie mitten in der Bewegung erstarren, während sie auf Zehenspitzen vorbeizuhuschen versuchte.
»Und wo genau wäre das?« erkundigte sich Ragwald bestürzt.
»Eine meiner Tanten ist Nonne. Bei ihr wird Melisande die nächsten Jahre verbringen.«
Jetzt schnappte sie vernehmlich nach Luft und vergaß ihre Absicht, unbemerkt nach oben zu flüchten. Sie rannte zum Tisch, besaß aber genug Geistesgegenwart, um außerhalb von Conars Reichweite stehenzubleiben. »Du wirst mich nicht in ein Kloster schicken!«
»Doch, denn ich halte das für die beste Lösung. Vorerst sollte die Ehe nicht vollzogen werden, darüber sind wir uns alle einig. Andererseits darfst du nicht dir selbst überlassen bleiben.«
»Ich gehöre hierher!«
»Seit gestern gehörst du auch nach Irland.«
»Ich soll in einem Kloster dahinvegetieren?«
Empört wandte sie sich zu Ragwald. »Ihr sagtet, wenn ich ihn heirate, würde ich ihn jahrelang nicht sehen. Weil er mich hinter Klostermauern verschwinden lassen will? Ist das der Grund?«
Schuldbewusst senkte der alte Mann den Kopf. »Mein Herr, wenn Ihr Euch das noch einmal überlegen würdet … «
»Das ist unnötig!« fiel Melisande ihm ins Wort. »Ich werde einfach nicht abreisen.« Und dann stürmte sie wütend davon.
Conar holte tief Luft und stand auf. Gegen seine eigene Frau durfte er keinen Kampf verlieren - schon deshalb nicht, weil sie noch ein Kind war. Ein schönes Kind mit violetten Augen und einem liebenswürdigen Lächeln, das sie für wesentlich jüngere Männer reservierte … »Morgen geht sie an Bord eines Schiffes, Ragwald. Und Ihr müsst hierbleiben.«
»Aber …«
»Ihr lässt Euch viel zu leicht von ihr beeinflussen, guter Freund. Und seid beruhigt, es gibt keine sanftmütigere, freundlichere, klügere Frau als meine Tante. Sie wird Melisande gut betreuen.« Mit diesen Worten verließ er die Halle, und alle wussten, dass er seine Frau nun vor vollendete Tatsachen stellen würde.
Wie er im Oberstock feststellte, hatte sie sich im Zimmer ihres Vaters eingesperrt. Er zögerte, dann warf er sich fluchend gegen die Tür. Obwohl der Lärm bis nach unten zur Tischgesellschaft drang, rammte er seine .Schulter immer wieder gegen das Holz. Und als er Melisande schreien hörte, wusste er, dass der Riegel bald brechen würde.
Endlich flog die Tür auf, und Conar sah seine Frau hinter dem großen Bett stehen. Offenbar plante sie davonzulaufen, denn sie trug einen schweren Mantel und hielt einen Ranzen in der Hand. Seufzend schüttelte er den Kopf. Warum nur war er mit diesem Mädchen gestraft worden? »Wohin willst du gehen?«
»Weg!« wisperte sie. »Und ich komme erst zurück, wenn du verschwunden bist. Ich bin hier die Gräfin.«
»Morgen fährst du nach Irland.«
»Nein …«
»Doch.« Krachend schlug er die Tür hinter sich zu, dann setzte er sich und lehnte sich dagegen, die Hände bequem, im Nacken verschränkt.
»Was tust du?«
»Ich passe auf dich auf - bis morgen früh. Beim ersten Tageslicht bringe ich dich auf eins meiner Schiffe, notfalls mit. Gewalt. «
»Dann schreie ich, so laut ich kann, und meine Männer werden ihre Waffen gegen dich erheben!«
»Nun, das werden wir ja sehen.«
Sie dachte gar nicht daran, vor ihm zu kapitulieren, Und es dauerte mehrere Stunden, bis sie den Ranzen fallen ließ und erschöpft aufs Bett sank.
Irgendwann in der Nacht schlief er ein, doch er spürte es sofort, als sie seinen Körper von der Tür wegzuschieben versuchte. »Lass das!« mahnte er.
Wütend sprang sie zurück und sank wieder aufs Bett. »Oh, ich hoffe inständig, du wirst einen langsamen, elenden Tod erleiden - und die Götter werden dir Walhalls Pforten verschließen!«
»Das wird noch lange nicht geschehen. Ich bin ein ausgezeichneter Krieger. «
»Irgendwann stirbt jeder.«
»Das stimmt. Aber mich wird deine böse Zunge eher in den Tod treiben als ein feindliches Schwert.«
»Du wirst bitter bezahlen für alles, was du mir antust!«
»Dafür zahle ich schon jetzt.«
»Lass mich hierbleiben!«
»Nein, mein Entschluß steht fest.«
»Dann besinne dich anders!«
»Niemals. Und ich kann es kaum erwarten, bis der Tag anbricht.«
»Ich reise nicht ab!«
»O ja, und wenn ich dich gefesselt und geknebelt aufs Schiff schleifen muss.«
***
Während die Sonne aufging, stand Conar an der Küste
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