03 Die Auserwählten - In der Todeszone
Dreiergruppe ging durch einen langen Gang; vor der Tür, die aus dem Gebäude hinausführte, blieb Lawrence stehen. Das schwache Deckenlicht beleuchtete das Gesicht des Mannes gut genug, um erkennen zu lassen, wie besorgt er war.
»Wir müssen eine Entscheidung treffen. Wenn wir zu Fuß gehen, sind wir mehrere Stunden unterwegs, aber wir haben eine wesentlich bessere Chance, unbemerkt durch die Straßen zu kommen. So können wir uns besser verstecken, als wenn wir den Transporter fahren. Mit dem Transporter sind wir natürlich schneller, aber wir werden auf jeden Fall bemerkt.«
»Wir müssen also Tempo gegen Unsichtbarkeit abwägen«, überlegte Thomas. Er sah Brenda an. »Was meinst du?«
»Transporter«, sagte sie.
»Seh ich genauso«, pflichtete Thomas ihr bei. Das Bild des Cranks mit dem blutverschmierten Mund vom Vortag verfolgte ihn immer noch. »Ich muss auch sagen, dass ich eine Höllenangst davor habe, da draußen zu Fuß unterwegs zu sein. Auf jeden Fall der Transporter.«
Lawrence nickte. »Gut, dann nehmen wir den Wagen. Und jetzt keinen Piep mehr und die Waffen im Anschlag. Jetzt müssen wir erst mal in den Wagen springen und die Türen von innen verriegeln. Er steht direkt vor dem Gebäude. Fertig?«
Thomas sah Brenda fragend an, beide nickten. Fertiger würden sie nicht mehr werden.
Lawrence zog ein Bündel Kartenschlüssel aus der Tasche und öffnete die vielen Schlösser, die übereinander an der Wand angebracht waren. Dann umklammerte er die Karten mit der Faust und drückte mit seinem Körper die schwere Tür einen Spalt weit auf. Draußen war es dunkel, eine einsame Straßenlampe spendete das einzige bisschen Licht. Thomas fragte sich, wie lange der Strom noch laufen würde, bevor er genau wie alles andere in der Stadt ausfallen würde. Denver konnte innerhalb weniger Tage tot sein.
Er sah den Transporter, der an die zehn Meter entfernt in einer engen Gasse parkte. Lawrence streckte den Kopf nach draußen, blickte nach rechts und links und zog ihn wieder ein.
»Luft ist rein. Los.«
Die drei schlüpften hinaus, und Thomas und Brenda sprinteten auf den Transporter zu, während Lawrence die Tür hinter ihnen wieder abschloss. Thomas fühlte sich so nervös, als stünde er unter Strom. Angstvoll blickte er die Straße hinauf und hinunter, überzeugt, dass jede Sekunde irgendwo ein Crank hervorspringen konnte. Doch auch wenn in der Ferne wahnsinnig klingendes Gelächter zu hören war, wirkte momentan alles wie ausgestorben.
Die Türen des Transporters entriegelten sich, Brenda öffnete die Beifahrertür und schlüpfte im gleichen Augenblick wie Lawrence ins Auto. Thomas rutschte neben Brenda vorn auf die Sitzbank und knallte die Tür zu. Lawrence verriegelte sofort die Türen und ließ den Motor an. Er wollte gerade das Gaspedal durchtreten, als es direkt über ihren Köpfen laut rumste und der Transporter hin- und herschaukelte. Dann Stille. Dann ein gedämpftes Husten.
Jemand war auf das Dach ihres Autos gesprungen.
Der Transporter machte einen Satz nach vorn. Lawrence hielt das Lenkrad fest umklammert. Thomas drehte sich um und sah zur Heckscheibe hinaus – aber dort war nichts zu sehen. Irgendwie hielt sich die Person oben auf dem Wagendach fest.
Als Thomas sich wieder nach vorn drehte, tauchte von oben ein Gesicht hinter der Windschutzscheibe auf, das kopfüber zu ihnen hereinstarrte. Es war eine Frau, deren Haare wie wild im Wind flatterten, als Lawrence im halsbrecherischen Tempo durch die Gasse jagte. Die Augen der Frau bohrten sich in die von Thomas, und sie lächelte, wobei erstaunlich weiße Zähne zum Vorschein kamen.
»Woran hält die sich bloß fest?«, schrie Thomas voller Panik.
Lawrence antwortete angespannt: »Wer weiß. Aber lange schafft sie das nicht.«
Die Frau ließ Thomas nicht aus den Augen. Jetzt hatte sie eine Hand frei gemacht und zur Faust geballt und fing an, damit gegen die Windschutzscheibe zu trommeln. Bumm, bumm, bumm. Sie hörte nicht auf zu lächeln; ihre Zähne schimmerten im Licht der Straßenlampen.
»Kannst du sie bitte loswerden?«, rief Brenda panisch.
»Okay.« Lawrence latschte auf die Bremse.
Die Frau flog wie ein Geschoss im hohen Bogen durch die Luft, Arme wie Windmühlenflügel rudernd, Beine zappelnd, bis sie zu Boden krachte. Thomas zuckte zusammen und kniff instinktiv die Augen zu, dann machte er sie wieder auf und versuchte zu erkennen, was mit ihr passiert war. Unfassbarerweise bewegte sie sich und rappelte sich zitternd auf.
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