03 - Feuer der Liebe
sein Gesicht wirkte wächsern
und abgezehrt. Seine Wangen waren ganz eingefallen, und wenn er sich erbrach
... nein.
Sie hatte gut daran getan zu lügen.
Es war schrecklich, ihn zu täuschen, aber es geschah nur zu seinem Besten.
Instinktiv wusste sie, dass er wieder in ihr Bett kommen würde, wenn er sich
von den Schmerzen erholt hatte. Er würde sich diese Tortur immer und immer
wieder zumuten.
Weil er mich liebt, sagte Gabby zu
sich selbst. Er hatte es seit ihrer Vermählung nicht ausgesprochen, aber
schließlich sprach er überhaupt sehr wenig. Er liebte sie und würde immer wieder
mit ihr schlafen. Er würde nicht zulassen, dass sie auf das Vergnügen
verzichten musste, egal, welche Auswirkungen es auf seine Gesundheit hatte.
Aber nun ... es würde ihm nicht mehr in den Sinn kommen, mit ihr zu schlafen.
Jetzt hielt er sie für ein kaltherziges Frauenzimmer. Und das war die
Hauptsache.
Lucien saß missgelaunt in seiner Kutsche,
die auf dem Weg zu einem Champagnerfrühstück bei dem Herzog und der Herzogin
von Gisle war. Plötzlich fiel ihm ein, dass Dienstagmorgen war. Um genau zu
sein war es kurz nach zehn; wenn er nun seinem Kutscher Anweisung gab, in die
andere Richtung zu fahren, würde er wahrscheinlich zeitgleich mit Bartholomew
Hislop vor Emilys Haus eintreffen. Dort könnte er Hislop ein für alle Mal klar
machen, dass Emily kein liederliches Geschöpf war, das er sich einfach nehmen
konnte.
Er klopfte laut an das Dach der
Kutsche. Als er jedoch vor dem kleinen Haus eintraf war von Hislop keine Spur.
Vielleicht sollte er weiterfahren. Emily hatte sich wiederholt geweigert, ihn
zu empfangen. Jedes Mal, wenn er bei ihr vorsprach, hatte Sally ihm mitgeteilt,
dass Mrs Ewing nicht zu Hause war.
Die Erinnerung daran bestärkte ihn
in seinem Entschluss. Doch bevor er seinem wartenden Lakaien den Befehl geben
konnte, die Tür der Kutsche zu schließen, fiel ihm etwas ein. Ohne Zweifel
befand sich Hislop bereits in Emilys Arbeitszimmer. Womöglich hatte er sich
gerade ganz dicht hinter sie gestellt oder beging ähnliche Unverschämtheiten.
Wild entschlossen kletterte Lucien
aus der Kutsche und zog seine Handschuhe an. Er wollte verdammt sein, wenn
Emily sich weigerte, ihn zu sehen, während Hislop bei ihr war.
Er läutete. Die kleine Sally öffnete
und versuchte ihm weiszumachen, dass Mrs Ewing nicht zu Hause war. Er warf ihr
einen durchdringenden Blick zu und gab ihr einen Sovereign; hastig verschwand
sie im hinteren Teil des Hauses.
Lucien blieb einen Augenblick vor
Emilys Arbeitszimmer stehen und stieß dann ohne anzuklopfen die Tür auf. Doch
sofort wurde ihm klar, dass er einen Fehler begangen hatte. Emily und Hislop
standen vor ihrem Schreibtisch und hatten ihm den Rücken zugewandt. Sie wirkten
äußerst vertraut, und als Emily sich umblickte, endeckte Lucien einen Ausdruck
der Abscheu in ihrem Gesicht.
»Verzeihen Sie die Störung«, sagte
er. Er war sehr verlegen, deshalb kam sein französischer Akzent noch stärker
zum Vorschein. Ganz offensichtlich hatte Emily nichts gegen Hislops
Anwesenheit. Er hatte ihr sogar eine Hand um die Taille gelegt.
Hislop ließ Emily unauffällig los
und verbeugte sich vor Lucien. »Schön, Sie wiederzusehen«, sagte er, aber es
klang nicht ganz so freundlich wie bei ihrer ersten Begegnung. »Und ein seltsamer
Zufall.«
»Ich komme regelmäßig zu Besuch«,
erwiderte Lucien grimmig und seine schwarzen Augen verengten sich bedrohlich.
»Ich ebenfalls, ich ebenfalls«,
beteuerte Hislop und schien sich gar nicht bewusst zu sein, in welcher Gefahr
er schwebte.
Emily kam mit raschelnden Röcken
heran. »Mr Boch, wie schön, Sie zu sehen.« Ihre Wangen hatten sich leicht
gerötet, was sich Lucien nur mit ihrer Freude über Hislops Berührung erklären
konnte.
Er verbeugte sich förmlich. »Es tut
mir Leid, dass ich Sie gestört habe«, log er. »Ich fürchte, ich hatte Ihr
wöchentliches Treffen mit Mr Hislop vergessen.«
»Treffen ist wohl nicht das richtige
Wort«, sagte Hislop. »Das klingt viel zu geschäftlich. Ich halte mich für Mrs
Ewings guten Freund und habe sie gerade gefragt, ob sie heute Abend mit mir ins
Theater gehen möchte.«
Luciens Wangenmuskel verkrampften
sich. Hatte Emily überhaupt eine Ahnung, welche Bedeutung sich hinter Hislops
Worten verbarg? Er blickte sie an, aber sie schien die Beleidigung nicht
bemerkt zu haben. Viel schlimmer jedoch war, dass er sie ebenfalls ins Theater
eingeladen und eine Absage erhalten hatte. »Vielleicht werde
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