03 - Feuer der Liebe
häufig ein wenig langweilig. Aber in diesem
Jahr kam die sensationslüsterne Meute zu dem Schluss, dass ihnen die neue
Viscountess Dewland und ihre Familie sehr wahrscheinlich einiges an
Unterhaltung bieten würden.
»Schließlich«, sagte Lady
Prestlefield fröhlich zu ihrer Busenfreundin Lady Cucklesham, »hat das Mädchen
nicht nur einen Skandal verursacht, indem es sein Oberteil verlor. Nein, es
muss auch dem Dümmsten klar sein, dass die Viscountess ihrem Verlobten genau
in dem Moment den Laufpass gegeben hat, in dem der ältere Bruder den Titel
erbte.«
»Ich denke, wir brauchen
hinsichtlich ihrer Motive keinen Zweifel zu haben«, stimmte ihr Lady Cucklesham
zu. Sie war sich dabei jedoch sehr wohl bewusst, dass sie selbst aus genau den
gleichen Gründen einen Mann geheiratet hatte, der alt genug war, um ihr Vater
zu sein. »Wir sollten jedoch die geschmacklose Art und Weise in Frage
stellen«, fügte sie hinzu, »mit der sie den Verlobten durch den Bruder ersetzt
hat. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das kurz vor dem Tod des Vaters
geschehen.«
»Ja«, stimmte Lady Prestlefield zu,
»und wir können nur hoffen, dass sie keinen schlechten Tausch gemacht hat ...
wenn man die Gerüchte über Erskine Dewlands Verletzung bedenkt.«
Es entstand eine delikate Pause.
»Vielleicht sollten wir der jungen
Viscountess einen Besuch abstatten«, schlug Lady Cucklesham vor. »Sie muss ein
sehr interessantes Haus führen, und wenn sie wirklich so dreist und ... skandalös ist, wie es den Anschein hat, dann
ist es unsere Pflicht, ihren Charakter zu entlarven, bevor die Saison
beginnt.«
Lady Prestlefield hatte keinerlei
Einwände gegen diese umsichtige und gerechte Einschätzung.
»Ihre Gnaden, die Herzogin von Gisle,
Lady Prestlefield, Lady Cucklesham«, verkündete Codswallop majestätisch. Er
mochte nichts lieber, als eine ganze Schar von Aristokraten im Haus zu
empfangen.
»Was für eine Freude, Sie zu sehen«,
sagte Gabby. Sie machte einen Knicks vor den Damen Prestlefield und Cucklesham
und lächelte sie schüchtern an. Sie erinnerte sich noch sehr gut an die vernichtenden
Ratschläge, welche die beiden ihr angesichts des verrutschten Oberteils gegeben
hatten.
»Wir konnten einfach nicht länger
warten, Ihnen unsere Glückwünsche auszusprechen«, verkündete Lady Cucklesham.
Glücklicherweise betrat in diesem
Moment Sophie den Raum. »Wie geht es deinem Gatten heute?«, fragte sie.
»Sehr gut, danke«, erwiderte Gabby
und setzte alles daran, nicht zu erröten. Sie wusste, was Sophies neckischer
Blick in Wahrheit bedeutete.
Wieder erschien Codswallop. »Mrs
Ewing und Miss Phoebe Pensington.«
Gabby blickte überrascht auf. »Phoebe,
Liebling. Und Mrs Ewing, wie schön, Sie zu sehen!»Um ehrlich zu sein überraschte
sie dieser Besuch. Sie hatte Phoebe seit ihrer Rückkehr nach London einige Male
aufgesucht, aber Mrs Ewing hatte ihre Besuche nicht ein einziges Mal erwidert.
Mrs Ewing war elegant gekleidet,
aber Gabby fand, dass sie noch müder und magerer aussah als sonst. Sie
erblasste, als sie an Gabby vorbeisah und das kleine Damengrüppchen entdeckte,
das sich im Salon versammelt hatte. »Wir sollten nicht bleiben«, sagte sie. »Ich
bin nur hergekommen, weil Phoebe unbedingt herausfinden wollte, ob Sie von ...
Kasi Rao Nachricht haben.« Sie sprach den Namen mit gesenkter Stimme aus.
»Ich habe heute Morgen einen Brief
erhalten.« Gabby strahlte das kleine Mädchen an. »Offensichtlich gefällt es
unserem Freund auf dem Land sehr gut. Er hat eine Freundschaft geschlossen,
und zwar mit ...« Sie beugte sich vor und flüsterte Phoebe den Rest des Satzes
ins Ohr.
Aber Phoebes schrille, kleine Stimme
war noch nicht für den Austausch von Geheimnissen geschult. »Mit einem Huhn!«,
rief sie. »Kasi Rao hat sich mit einem Huhn angefreundet?«
»Offensichtlich«, sagte Gabby
lachend.
Phoebe zupfte an ihrem Ärmel. »Sind
Sie sicher, dass die bösen Männer ihn nicht von Mrs Malabright stehlen
können?«
»Ganz sicher, Liebling. Aber wir
sollten nicht darüber reden, um ganz sicherzugehen.«
»Natürlich«, sagte Mrs Ewing hastig.
»Das wussten wir ... wir wollten nur ...« Sie verstummte unglücklich.
»Bitte, gesellen Sie sich doch zu
meinen anderen Gästen.« Gabby blickte auf das kleine Mädchen hinunter.
»Möchtest du gern zu Margaret gehen und dir ein Marmeladentörtchen holen?«
Phoebe lächelte. Also übergab Gabby
sie an Codswallop und begleitete die offensichtlich widerstrebende Mrs
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