03 - Feuer der Liebe
verheiratete Frau in einem solchen Haus lebst. Aber morgen werde ich in
mein Dorf zurückkehren.«
»Nein«, protestierte sie
starrsinnig. »Du darfst nicht abreisen, bevor du nicht mit meinem Mann
gesprochen hast.«
»Er wird seine Meinung nicht ändern.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Engländer ungern unbekannte Heilmittel
einnehmen, besonders Arzneien aus dem so genannten Osten.« Er musterte sie
mitfühlend. »Ich fürchte, du musst mit seinen Schmerzen leben lernen.«
Gabby wusste, dass er Recht hatte.
Sie kannte Quills unbeugsame Haltung gegenüber so genannten Quacksalbern. Er
würde niemals eine neue Medizin ausprobieren. Nicht, weil Sudhakar sie aus
Indien mitgebracht hatte, sondern weil Quill unglaublich stur war. Er hatte
erklärt, dass er es nicht noch einmal versuchen wollte, und würde seine Meinung
niemals ändern.
Gabby straffte die Schultern und
streckte die rechte Hand aus. »Ich hätte gerne den Trank, Sudhakar.« Ihr blieb
der autoritäre Tonfall des Vaters in ihrer Stimme nicht verborgen.
Sudhakar schüttelte den Kopf. »Nein,
mein Kleines«, sagte er müde.
Gabby spürte ein Brennen in der
Brust, aber sie gab nicht nach. »Ich habe deinem Sohn Medizin gebracht. Ich
brachte sie Johore, weil ich ihn liebte. Ich möchte nun, dass du mir den Trank
gibst. Ich liebe meinen Mann und werde ihm keinen Schaden zufügen. Du sagtest,
die Medizin stellt kein Risiko dar.«
»Dieses Verhalten ist deiner nicht
würdig. Du machst einen schrecklichen Fehler, Gabrielle.«
»Ich hätte Cholera bekommen können,
als ich dein Haus betrat. Ich hätte sterben können, weil ich Johore die Medizin
brachte.« Sie wartete mit ausgestreckter Hand.
Der alte Mann senkte den Blick. Dann
griff er in eine kleine, rote Tasche und holte eine Flasche hervor.
»Es ist nun meine Entscheidung«,
sagte Gabby. »Quill wird mich ohne Zweifel verlassen, wenn er erfährt, was ich
getan habe. Aber ich habe dann die Gewissheit, dass ich alles getan habe, was
in meiner Macht steht, um ihn von seinen Schmerzen zu befreien. Wenn er nicht
geheilt wird, muss ich ihn so oder so verlassen. Wir können auf keinen Fall so
weitermachen.«
»Du bist die Tochter deines Vaters«,
sagte Sudhakar traurig. »Wusstest du, dass dein Vater seine erste Frau
geheiratet hat, um ihre Seele zu retten? Es gelang ihm nicht, die Dorfbewohner
zum Christentum zu bekehren, und so heiratete er die arme Bala, weil er ihr als
Ehemann ihre Religion vorschreiben konnte.«
»Das wusste ich. Aber ...«
»Es hat nicht funktioniert«, sagte
Sudhakar nachdenklich. »Als Balas Kind, dein Halbbruder, starb, nahm sie sich
das Leben, weil sie ohne ihn nicht leben wollte. Von diesem Zeitpunkt an
beschäftigte sich dein Vater mit dem Export von Gütern statt mit dem
Seelenheil.«
Die Worte bohrten sich schmerzhaft
in ihr Herz, aber sie sprach mit fester Stimme. »Die Geschichte hat das
Urteilsvermögen meines Vaters negativ beeinflusst. Sudhakar, ich bin ebenso
dein Kind wie das meines Vaters. Wenn ich Quill lieben kann, dann habe ich das
dir und Johore zu verdanken. Ihr habt mich geliebt. Als Johore litt, hast du
alle möglichen Heilmittel ausprobiert, egal, was er davon hielt. Ich handele
genau wie du, Sudhakar. Du tust mir Unrecht.«
Ein unheilvolles Schweigen senkte
sich über sie.
»Vielleicht hast du Recht«, räumte
Sudhakar ein. »Es stimmt, dass du stets mit der besten Absicht handelst. Seit
du ein Kind warst, liebtest du zu schnell, und tiefer, als gut für dich war.«
Er reichte ihr die Flasche. »Diese Flasche enthält zwei Portionen für einen
ausgewachsenen Mann. Du musst ihm genau die Hälfte verabreichen. Wenn sie
richtig dosiert ist, hat die Medizin keine schlimmen Folgen. Aber eine falsche
Menge kann den Patienten töten. Gib ihm achtundvierzig Stunden nach der ersten
Dosis die zweite. Aber nur, wenn du ganz sicher bist, dass die Medizin nicht
gewirkt hat.«
»Ich gebe ihm die zweite Dosis nur
dann, wenn die erste nicht gewirkt hat«, wiederholte Gabby. »Woran erkenne ich,
dass der Trank gewirkt hat?«
»Im Allgemeinen wird der Patient
kurz danach vollkommen lethargisch. In diesem Zustand bleibt er dann zwölf bis
vierundzwanzig Stunden. Es besteht keine Gefahr, solange der Patient nicht in
den ersten zwei oder drei Stunden einschläft. Ich habe diesen Trank erst zwei
Mal ausprobiert. Bei einer Anwendung war er wirksam, bei der anderen nicht.
Unter dem Einfluss der Droge muss der Patient die Aktivität ausüben, die ihm
die Kopfschmerzen
Weitere Kostenlose Bücher