03 Göttlich verliebt
Scionkräfte verfügte und die Fähigkeit besaß, nur mit der Kraft seiner Gedanken Städte zu zerstören.
Matt erinnerte sich, wie Zach ihnen einmal eine hypothetische Frage gestellt hatte. Wenn sie eine Zeitmaschine besäßen und zurückreisen und Hitler töten könnten, bevor er jemandem etwas antun konnte, würden sie es tun? Auch wenn er noch ein unschuldiges Kind wäre, wenn sie ankämen und ihn ermorden wollten? Sie alle hatten mit Ja geantwortet.
»Matt«, sagte Ariadne und berührte seine Hände. »Alles in Ordnung?«
»Diese anderen, wie der Beschützer und … der Krieger«, fuhr er fort. »Sind das festgelegte Rollen, die besetzt werden müssen? Gab es diese Rollen schon von Anfang an?«
»Kassandra von Troja war die Erste, die sie erwähnt hat … Also, ja. All diese Rollen gab es von Anfang an.«
»Und es muss jede Rolle besetzt werden, bevor dieser Zyklus vollendet werden kann und die Parzen einen neuen beginnen?«
»So hat das bisher niemand ausgedrückt«, bemerkte Ariadne zögernd. Ihr scharfer Verstand analysierte diesen neuen Gedanken und verglich ihn mit Dutzenden bekannter Fakten, bis sie schließlich zustimmend nickte. »Aber ich denke, das ist eine durchaus vernünftige Interpretation.«
»Also sitzen wir alle in der Falle«, murmelte Matt hoffnungslos. »Wir müssen unsere Rolle spielen, sonst fangen die Parzen mit dem nächsten Schwung Scions wieder von vorn an.«
Ariadne runzelte nachdenklich die Stirn. »Vielleicht kommt es uns deshalb so vor, als hätten wir Troja nie hinter uns gelassen. Weil etwas, das damals geschehen sollte, nicht passiert ist, und die Parzen seitdem versuchen, es noch einmal durchzuspielen.«
Matt lächelte und musste sich ermahnen, sich nicht zu ihr hinüberzulehnen und sie zu küssen, auch wenn sie noch so klug war. Er wartete einen Moment, um sicherzugehen, dass seine Stimme nicht bebte, wenn er weitersprach.
»Das denke ich auch«, bestätigte er. »Es ist fast so, als steckten die Scions in einer endlosen Folge von Castings fest, während die Parzen immer neue Schauspieler in dieselben Rollen stecken und darauf warten, dass endlich die richtige Besetzung auftaucht, damit das Drama seinen Lauf nehmen kann.«
»Aber sie sind die Parzen. Wenn sie wollen, dass etwas passiert, wieso sorgen sie dann nicht einfach dafür?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Matt. »Vielleicht gibt es eine andere Kraft, die gegen sie arbeitet. Vielleicht ihre Schwester Nemesis.«
»Wir sollten den anderen davon erzählen«, schlug Ariadne vor. »Auch wenn sie glauben werden, dass wir uns irren.«
»Ganz meine Meinung.«
Sie saßen noch eine Weile da und hingen ihren eigenen Gedanken nach. Die Sonne ging allmählich auf und Matt sagte sich, dass er lieber gehen sollte, auch wenn er nur zu gern noch tagelang bei Ariadne gesessen hätte.
»Gute Nacht, Ariadne«, sagte er und stand auf.
»Wohin gehst du?« Ihre leuchtenden braunen Augen blickten besorgt.
»Nach Hause. Ich habe mich davongeschlichen, als Hector anrief«, sagte er und schaute überallhin, nur nicht auf sie. »Ich will zurück sein, bevor meine Eltern aufwachen, damit sie sich keine Sorgen machen. Der Aufruhr hat sie ziemlich in Panik versetzt.«
»Okay«, sagte sie leise. »Kommst du nachher wieder? Heute Abend sollen sich hier die Häuser treffen.«
»Ich weiß nicht, ob ich kann«, sagte er. Es war ein Schiff unterwegs, das seine Armee brachte. Matt konnte es spüren. »Ich muss mich noch um eine andere Sache kümmern.«
Ariadne nickte und sah auf den Boden. Matt konnte nicht widerstehen, beugte sich über sie und küsste sie auf den Kopf. Ihr Haar duftete noch genauso, nach Honig und Sommer. Er ließ seine Hand über ihren gebeugten Nacken gleiten und fühlte, wie schlank und zart er sich unter seinen Fingern anfühlte.
»Wirst du es versuchen?«, flüsterte sie, ohne aufzusehen.
»Ja, ich versuche es.«
»Hey. Bist du sauer auf mich?«, hörte Lucas Helen fragen.
Er schaute sich um und sah, wie sie über das Dach des Hauses auf ihn zuschwebte. Als er den Kopf schüttelte, landete sie neben ihm auf der Dachkante über seinem Zimmer.
»Ich wollte dir vorhin nicht vor deiner Familie widersprechen. Dass Orion der Beschützer ist«, bemerkte sie.
»Das ist okay. Es war eine gute Theorie«, sagte er und wusste, dass sie die Wahrheit aus seinen Worten heraushörte. Helens neue Begabung als Falschfinder machte die Dinge zwischen ihnen in mancher Hinsicht einfacher, in mancher aber auch schwieriger.
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