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03 Göttlich verliebt

03 Göttlich verliebt

Titel: 03 Göttlich verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Angelini
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plötzlich vollkommen egal, wen er töten musste.
     
    »Sing für mich«, bat Helen. Sie hob den Kopf von Lucas’ Brust und sah ihm ins Gesicht.
    »Jetzt? Ohne Begleitung?«, fragte Lucas. Er lag auf dem Rücken, starrte an die Decke ihrer kleinen Blockhütte im Wald und wurde ein bisschen rot.
    »Doch, bitte. Ich möchte Musik hören, aber es soll etwas von dir sein und nicht aus meinem eigenen Kopf kommen.«
    Obwohl draußen ein Schneesturm tobte, war es unter ihrer Decke am Kamin kuschelig warm. Helen nahm ihren Teebecher von den heißen Steinplatten vor dem Feuer und hielt ihn Lucas hin.
    »Falls deine Kehle ausgetrocknet ist und du Angst hast, schlecht zu singen«, sagte sie mit einem herausfordernden Grinsen.
    »Meiner Kehle geht es prima«, versicherte er und stieß sie strafend mit dem Fuß an. Dann setzte er sich auf. »Ich mache Musik für dich. Aber ich kann viel besser Gitarre spielen als singen.«
    »Ehrlich?« Helen ergriff seine Hände, hielt sie hoch und betrachtete sie. Sie waren hart wie die eines Kämpfers, aber auch so empfindsam wie die eines Künstlers. Wie alles andere an ihm waren auch seine Hände eine perfekte Mischung aus Gegensätzen. »Wieso hast du noch nie für mich gespielt?«
    »Warum hatte ich noch nie ein Date mit dir?«, konterte er mit einem traurigen Lächeln. »Es gibt vieles, das ich gern mit dir getan hätte, zu dem es aber nie gekommen ist.«
    Helen lehnte sich dichter an ihn, um seinen Duft einzuatmen und seine Wärme zu spüren. Ohne ihn zu küssen und damit das stille Einvernehmen zu zerstören, das jetzt zwischen ihnen herrschte.
    »Wo hast du das Gitarrespielen gelernt?«, fragte sie und schämte sich ein bisschen, dass sie es nicht längst wusste.
    »Mein Vater hat es mir beigebracht.« Lucas zögerte und wirkte plötzlich traurig. »Er hat mir das klassische spanische Gitarrenspiel beigebracht, weil wir so lange in Spanien gelebt haben, aber auch die amerikanische Zupfvariante. Ich habe nicht mehr gespielt, seit wir Cádiz verlassen haben.« Wieder tauchte dieser leicht betrübte Ausdruck in seinem Gesicht auf. »Er spielt besser als ich … Aber ich bin auch ganz gut.«
    Helen war fest davon überzeugt gewesen, dass sie und Lucas einander nahestanden und dass es nichts gab, was sie über ihn nicht wusste. Und doch hatte sie gerade etwas Neues und Wichtiges über ihn erfahren. Sein Vater hatte ihm nicht nur den Umgang mit dem Schwert beigebracht. Helen konnte sich gut vorstellen, wie die beiden stundenlang beieinandergesessen und über die Musik diskutiert hatten, die sie beide so liebten und so selten genießen konnten.
    »Das glaube ich gern.« Jetzt wollte Helen ihn unbedingt spielen hören. Sie stellte sich eine Gitarre für ihn vor – die beste, die ihr einfiel. »Geht die?«
    Lucas nahm das Instrument, betrachtete es von allen Seiten und runzelte die Stirn. »Sie ist in Ordnung.« Helen sah ihn so betroffen an, dass er laut lachen musste. »Das war nur ein Witz! Sie ist ein Traum!«
    Helen schlug ihm aufs Bein. »Spiel für mich!«, verlangte sie.
    Lucas nahm die Gitarre in den Arm, doch dann zögerte er. »Weißt du, was ich mich frage?«
    »Was?«, antwortete Helen mit gespielter Gereiztheit, als glaubte sie, dass er nur Zeit schinden wollte.
    »Wie machst du das?«, fragte er ernsthaft. »Woher weißt du, wie man Karussells und Schneestürme und Gitarren macht?«
    »Ich hatte viel Übung«, antwortete sie. Helen lehnte sich bei Lucas an und sah ihm in die Augen. »In der Unterwelt. Die ganze Zeit, als ich dort umhergeirrt bin … Also, da habe ich es natürlich noch nicht gewusst, aber Hades hat mir die ganze Zeit beigebracht, wie man Welten erschafft.«
    »Im Ernst? Und das alles aus reiner Herzensgüte?«, fragte Lucas misstrauisch.
    »Ja, irgendwie schon. Ich denke, dass es tatsächlich so war«, erwiderte sie. »Er ist ein ziemlich mitfühlender Typ. Äh, Gott. Oder was auch immer.«
    »Und wie hat Hades dir das alles beigebracht?«, fragte Lucas und legte die Gitarre zur Seite.
    »Auf die harte Tour«, sagte Helen und verdrehte die Augen, als sie an all die Herausforderungen in der Unterwelt zurückdachte und an die höllischen Landschaften, in denen sie immer wieder gelandet war. Der Baum, der sie gefangen gehalten hatte, die verfallene Stadt, der Vorsprung, an dem sie sich festgeklammert hatte – all diese Orte, von denen Helen geglaubt hatte, dass Hades sie nur erschaffen hatte, um sie zu foltern, waren tatsächlich aus ihren eigenen Gedanken

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