03 Göttlich verliebt
hinunter, und die Lichter des Jahrmarkts erloschen eines nach dem anderen hinter ihr, als sie den Festplatz verließen. Als Helen den Zauberstab senkte, begann es zu schneien. Milliarden winziger Schneeflocken rieselten in Form einzigartiger kleiner Kristalle vom Himmel. Es sah aus, als wäre die Luft um sie herum voller glänzender Sterne.
»Helen«, begann Lucas. Sie spürte, wie er sich auf ein weiteres Streitgespräch vorbereitete.
»Ich bin nicht sauer auf dich, weil du mich nicht küssen willst«, sagte sie, fuhr herum und bremste ihn damit aus. »Ich verstehe, wieso du es nicht willst. Ich kann das alles auch nicht noch einmal durchmachen.«
»Und was ist es dann?«, fragte er geduldig.
»Ich habe es satt, ständig glauben zu müssen, dass es da diese schattenhaften übermächtigen Gottheiten gibt, die was Besseres sind als ich und mir das vorenthalten, was ich will. Weil es nicht stimmt. Ich bin genauso stark wie einer von denen. Und ich weiß, dass ich sie besiegen kann.«
»Äh, Helen?«, sagte Lucas zögernd. »Du gehst jetzt aber nicht los und brichst einen Streit mit den Göttern vom Zaun, oder?«
»Nein, natürlich nicht«, sagte Helen und trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Ich dachte, ich fange damit an, dass ich ein paar Fragen stelle, und dann sehen wir weiter.«
»Gut«, stieß Lucas erleichtert aus und griff nach ihrer Hand. Seine Entschlossenheit war eindeutig. »Und wenn Reden nicht funktioniert, beerdigen wir sie.«
Helen sah einen Schatten über sein Gesicht huschen. »Darüber können wir später nachdenken«, sagte sie und steuerte ihn auf den Weg, der in den Wald führte. »Ich will nicht, dass unser Date jetzt schon zu Ende ist.«
11
E twa eine halbe Stunde, nachdem Tantalus, Daedalus und Pallas sein Lager verlassen hatten, lauschte Matt erneut dem Alarm. Draußen war Gerangel zu hören. Nur einen Moment später erschien Telamon am Eingang von Matts Zelt, um Bericht zu erstatten.
»Am Strand wurde ein Scion entdeckt und gefangen genommen«, informierte ihn Telamon. »Ich hätte sie zu ihrem Haus zurückgeschickt, nur … Sie ist es, Meister.«
»Ist gut«, sagte Matt mit einem Nicken. »Bringt sie herein.«
Ariadne wurde ins Zelt geführt, an beiden Armen festgehalten von einem Myrmidonen. Ihre Haare waren zerzaust und ihr Gesicht glühte. Anscheinend hatte sie sich gewehrt, aber sie konnte es nicht einmal mit einem von Matts Kriegern aufnehmen, geschweige denn mit einer ganzen Kompanie.
»Lasst sie los. Und zieht euch zurück.« Die Wachen gehorchten schweigend. Matt sah Ariadne an. »Wie hast du uns gefunden?«
»Ich bin meinem Vater gefolgt. Er hat sich heute Abend ganz merkwürdig verhalten«, flüsterte sie. Ariadne stand so weit von Matt entfernt, wie es nur ging, und rieb sich die Arme, wo die Wachen sie grob gepackt hatten.
»Haben sie dir wehgetan?«, fragte er ruhig. Sie antwortete nicht.
»Wie kannst du er sein? Du bist kein Scion.«
»Das war Achill auch nicht.«
Sie ließ das Gesicht in die Hände sinken und rieb sich kräftig die Augen. »Nein«, sagte sie dann und hob ruckartig den Kopf. »Nein, ich glaube das alles nicht. Das kann nicht sein.«
Sie rannte in Richtung Ausgang, aber Matt bewegte sich schneller, als sie es je gekonnt hatte, und war vor ihr dort. Er hielt sie am Handgelenk fest, damit sie nicht weglief. Ariadne starrte ihn schockiert an.
»Glaub es ruhig.« Ihre Haut fühlte sich unter seinen Fingern so weich und warm an. Er ließ sie los und wandte sich ab. Die Vernunft sagte ihm, dass es so besser war, auch wenn seine Gefühle anderer Meinung waren. »Geh nach Hause. Meine Männer werden dich nicht aufhalten.«
Ariadne bewegte sich nicht von der Stelle.
Dann hörte Matt, wie sie auf ihn zukam. Er schüttelte bereits den Kopf, als er sich umdrehte. »Nicht.«
Sie küsste ihn trotzdem. Ihm war klar, dass er diese Sache sofort beenden musste. Auch wenn sie die Geschichte auswendig kannte, konnte sie sich doch nicht so an ihr Ende erinnern wie er. Er wollte sich schon von ihr befreien und sie nach Hause zu ihren Brüdern schicken, als sie beim Küssen den Daumen in die kleine Mulde unter seinem Adamsapfel legte. Genauso hatte sie es hundert Lebzeiten zuvor getan.
Als Matt sie hochhob und zum Bett trug, staunte er wieder einmal darüber, was für eine kleine Geste es doch war. Eigentlich war es nur eine alberne Angewohnheit von ihr, seine Kehle mit dem Daumen zu berühren. Aber nach dieser zarten Berührung war es Matt
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