03 Göttlich verliebt
du eine Ahnung, wann er ungefähr wieder aufwacht?«
Jason hielt eine glühende Hand über Jerrys Kopf und schloss die Augen, um sich besser konzentrieren zu können.
»Er ist vollkommen weggetreten«, sagte er und machte die Augen wieder auf. »Ich denke, dass er noch weitere zwölf bis sechzehn Stunden in diesem Zustand sein wird. Aber das ist nur eine Vermutung.«
»Danke«, sagte Helen.
»Und wie geht’s Lucas?«, fragte Jason zögernd.
»Es geht ihm gut«, sagte Helen lächelnd. »Ich wollte gerade los, um ihn zu holen.«
»Ihn holen?«, fragte Jason, und sein erleichterter Gesichtsausdruck verblasste. »Kann er nicht fliegen? Oder ist er noch zu schwer verletzt, um zu gehen? Wir kommen alle zum Helfen … Hector!« Jason hatte sich schon abgewandt und rief lauthals nach seinem Bruder.
»Jason – warte. Es ist ganz anders«, begann Helen und versuchte, ihn aufzuhalten. Aber Hector war bereits an seiner Zimmertür aufgetaucht. Hinter ihm konnte Helen Orion sehen, der gerade aus dem Gästebett in Hectors Zimmer aufstand.
»Was?«, knurrte Hector seinen Bruder mürrisch an und bemerkte erst dann Helen. »Wo warst du?«, fragte er und kam in den Flur hinaus.
»Helen?«, sagte auch Orion und folgte Hector.
»Oh, gut. Du bist hier«, sagte sie. »Geh nicht weg.«
»Okay«, sagte Orion zögernd, denn er hatte keine Ahnung, was sie damit meinte. »Wo ist Lucas?«
Er und Hector sahen sich auf dem Flur nach Lucas um.
»Meine Güte, ist das so schwer zu begreifen?«, murmelte Helen fast unhörbar und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Es geht ihm gut! Würde ich herumlaufen und nicht heulen wie ein Schlosshund, wenn er tot wäre?«
Inzwischen waren auch Castor und Noel, Pallas, Cassandra, Kate und Andy wach und sahen von ihren Schlafzimmertüren aus Helen an. Sie hob die Hände, bevor alle anfangen konnten, sie mit Fragen zu bombardieren.
»Lucas ist hundertprozentig heil und gesund und wartet an einem sicheren Ort auf mich«, verkündete sie.
»Wo?«, fragte Castor, hoffnungsvoll und verwirrt zugleich.
»Äh …, in Sicherheit«, sagte Helen, die nicht wusste, wie viel sie preisgeben durfte.
»Wo hast du meinen Sohn hingebracht?«, fragte Noel streng und marschierte wütend auf Helen zu. Ihr Gesicht war verquollen und ihre Augen vom Weinen gerötet. Helen erkannte, dass Noel ihr die Schuld gab. Sie sah einen nach dem anderen an und in den Mienen ihrer Freunde spiegelten sich Zweifel, Misstrauen und Verständnislosigkeit. Sie war daran gewöhnt, dass Pallas sie ansah, als traute er ihr nicht über den Weg, aber das galt nicht für Castor und Noel. Oder Claire.
»Lucas und ich nennen es Jederland. Aber ihr kennt es als Atlantis.«
12
A ls Helen alles erzählt hatte, herrschte erst einmal Schweigen, und alle Anwesenden sahen sich über den Küchentisch der Delos hinweg an.
»Wie viele Weltenschöpfer gab es?«, fragte Castor schließlich ruhig.
»Nicht viele. Hades, Morpheus, Zeus und die Furien hatten alle ihre eigene Welt. Im Laufe der Geschichte hatten auch noch andere Scions diese Fähigkeit, aber ich kann mich nur an zwei erinnern.«
»Erinnern? Wie kannst du dich an die anderen Weltenschöpfer erinnern, wenn sie vor einer Ewigkeit gelebt haben?«, fragte Orion.
»Du weißt doch bestimmt noch, wie ich ein paar Tropfen von diesem Fluss berührt habe?« Helen lächelte ihm zu. Orion nickte und musste bei der Erinnerung an ihr Abenteuer an Halloween ebenfalls lächeln. Wenigstens war Orion noch auf ihrer Seite. »Als ich mein Gedächtnis zurückbekam, waren es mehr als nur meine eigenen Erinnerungen. Es waren auch die Erinnerungen anderer Frauen. Unter anderem die von Helena von Troja.«
Hector murmelte ein obszönes Schimpfwort.
»Ihr Leben war übrigens echt mies.« Helen deutete auf Castor. »Du warst Priamos, der König von Troja. Und dein Bruder Tantalus? Menelaos, wie er leibt und lebt. Und du warst Agamemnon«, sagte sie zu Pallas.
Hector und Orion sahen sich an und fingen an zu lachen.
»Du warst der ruhmreiche Hektor und du Aeneas, sein bester Freund und General«, berichtete Helen und schaute die beiden mit einem Achselzucken an. »Aber das wusstet ihr wohl schon.«
»Ja, irgendwie schon«, bestätigte Orion grinsend.
»Warte mal«, sagte Claire und hob eine Hand. »War es nicht Helena von Troja, die die Stadt verraten hat, die ihr Schutz gewährte, und die es zugelassen hat, dass die Griechen ihre Familie und ihre Freunde niedermetzelten?«
Das gequälte Lachen, das
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