03 Göttlich verliebt
fragte sie, denn sie hatte nicht den geringsten Zweifel, welche der Personen, die ihr nahestanden, er gemeint hatte. Morpheus schlüpfte wieder in sein eigenes Gesicht.
»Sie setzt natürlich deinen Vater unter Drogen«, sagte er. »Aber das ist nicht …«
»Was?«, schrie Helen und schnitt ihm das Wort ab, indem sie wutschnaubend aus dem Bett sprang. »Daphne hat meinen Vater unter Drogen gesetzt?«
»Ja«, bestätigte Morpheus auf seine sanfte Art. »Es schadet seinem Körper aber in keiner Weise. Deswegen können es die hübschen Heiler-Zwillinge nicht entdecken.«
»Was zum Teufel?«, stieß Helen hervor, die diese Vorstellung an den Rand der Hysterie trieb. »Wieso gibt sie meinem Vater Drogen?«
»Natürlich damit er nicht aufwacht. Aber keine Angst. Ich habe dafür gesorgt, dass er nur die schönsten Träume hat.«
Helen ballte die Fäuste, um nicht loszukreischen. Sie beugte sich über Morpheus und drückte ihm einen schnellen Abschiedskuss auf die Wange. »Danke, dass du über meinen Vater gewacht hast, Morpheus. Dafür bin ich dir was schuldig. Wenn du jemals etwas von mir brauchst, irgendwas, dann sag Bescheid.«
»Warte, du bist in Gefahr!«, begann Morpheus, aber das wusste Helen längst. Sie konnte nicht bleiben und sich noch einmal anhören, wie Morpheus sie anflehte, sich von Zeus fernzuhalten. Sie musste zurück, denn ihre Mutter schuldete ihr ein paar Erklärungen.
Helen erschien im Wohnzimmer der Delos, nur Zentimeter von Claire entfernt, die in einem Sessel schlief. Eine Wolke kalter Luft wehte über sie hinweg und riss sie aus dem Schlaf.
»Helen!«, japste Claire und sprang sofort auf.
»Tut mir leid«, sagte Helen, als sie den panischen Blick ihrer Freundin bemerkte. »Wo sind denn alle?«
»Es ist mitten in der Nacht – was glaubst du, wo alle sind?«
Helen sah sich in den verkohlten Überresten des Wohnzimmers um. Der Sessel, in dem Claire geschlafen hatte, war das einzige Möbelstück ohne Brandspuren, und Helen erinnerte sich, dass er aus dem Büro stammte.
»Was machst du hier?«, fragte Helen und deutete auf das verwüstete Zimmer. »Wieso bist du nicht zu Hause oder oben im Bett?«
»Ich wollte darauf warten, ob einer von euch zurückkommt. Ich dachte, an dem Ort, an dem ihr verschwunden seid, wäre die Chance am größten«, erklärte Claire. Sie sah erwartungsvoll an Helen vorbei. »Kein Lucas?«, fragte sie. In ihren Augen las Helen Trauer und noch etwas anderes, das sie nicht einordnen konnte. Es sah beinahe wie Misstrauen aus.
»Es geht ihm gut«, versicherte Helen ihr hastig und ignorierte die Enttäuschung, die in ihr aufstieg. Claire tat so, als würde Helen sie anlügen. »Ich habe ihn in … Mach dir keine Sorgen. Er ist vollständig geheilt und in Sicherheit.«
»Wie?«, fragte Claire, und jetzt war sie es, die auf den zerstörten Raum zeigte. »Das hast du gemacht. Und Lucas hat dich dabei festgehalten. Wie soll er das überlebt haben?«
Helen trat von einem Fuß auf den anderen. Sie war noch nicht bereit, Claire zu erzählen, dass sie eine neue Welt erschaffen hatte. Es war eine Sache, mit Morpheus darüber zu sprechen, der dieselbe Fähigkeit besaß, aber jetzt, wo sie vor Claire stand, schien es nicht mehr so normal zu sein, eine neue Welt hervorzuzaubern.
»Lange Geschichte. Aber vertrau mir, es geht ihm gut.« Sie musste unbedingt das Thema wechseln. »Weißt du, wo meine Mutter ist?«, fragte Helen und lauschte dem Atmen aller Bewohner des Hauses. Ihre Mutter war nicht darunter.
»Keine Ahnung. Aber das ist ja nichts Neues. Sie hat diesen Verschwindetrick wirklich gut drauf.« Claire betrachtete Helen misstrauisch.
»Ja, allerdings«, sagte Helen abgelenkt und überlegte, wo Daphne stecken konnte.
Sie musste sich eingestehen, dass sie ihre Mutter nicht gut genug kannte, um zu wissen, wo sie sich tagsüber aufhielt, geschweige denn, wo sie nachts schlief. Nach ihr zu suchen, war vermutlich Zeitverschwendung. Irgendwann würde Daphne wieder auftauchen und dann würde Helen sie sich vornehmen.
Helen lächelte Claire freudig an, aber Claire lächelte nicht zurück. Sie betrachtete Helen immer noch so merkwürdig, als würde sie sie nicht mehr erkennen.
»Was?«, verteidigte sich Helen.
»Du siehst überdreht aus. Und irgendwie unheimlich.« Claire senkte hastig den Blick, als könnte sie Helen nicht einmal mehr anschauen.
»Ist Jason oben?«, fragte Helen und wechselte damit erneut das Thema. Sie kannte die Antwort allerdings schon, denn
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