03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen
er, wären die Hunde niemals davongelaufen. Die Nacht war nah und Tanisha hätte sich mit Faraa in ihre Hütte zurückziehen müssen. Doch sie sagte: „Es wäre viel schöner, wenn ich mit der Kleinen in eurer Hütte wohnen könnte. Dort ist doch genug Platz.“
Meine Gefühle überwältigten mich; wir fielen uns in die Arme. Diese schrecklichen Hunde hatten doch tatsächlich etwas Gutes bewirkt!
„Ich habe mich sehr dumm benommen“, meinte Tanisha. „Ich schäme mich dafür.“
„Das sollst du nicht“, widersprach ich. „Du hast mir nicht mehr vertraut.
Das ist nicht dein Fehler gewesen, sondern meiner. Ich werde dich auch nicht drängen, dass du meine Nachfolgerin werden sollst. Ich möchte viel lieber, dass wir beide Freundinnen sind.“ Denn mir war klar geworden, dass sie dann von ganz allein den Wunsch haben könnte, zu tun, was ich getan hatte.
„Ich will aber Heilerin werden!“ Tanisha klang sehr entschlossen. Ich war so erleichtert! Es bedeutete, dass meine kluge Mentorin Amara mir das Richtige geraten hatte. Von nun an konnten wir Freundinnen werden. Das war ein wunderbares Gefühl, das ich so sehr vermisst hatte. Endlich musste ich nicht mehr „stark“ sein, sondern durfte mich so geben, wie ich war. Ich fühlte mich befreit.
„Dieser Hund“, meinte meine Freundin, „der war wie ein dunkler Schatten, der zwischen uns stand.“
„Du hast ihn erschlagen“, sagte ich.
„Noch nie habe ich so etwas getan“, gestand sie. „Aber ich würde es sofort wieder tun, wenn es sein müsste.“
„So etwas geschieht nicht oft.“
„Ich will damit sagen, dass uns nichts mehr auseinander bringen soll, Choga.“
Das war ein Versprechen, und ich nahm mir vor, alles in meiner Macht Stehende zu tun, damit es wahr wurde.
Das Fest der Fröhlichkeit
So wie auf der Farm bereitete ich jeden Morgen für Josh und mich „Mama Chogas Tee“. Mein Sohn hatte ihn stets klaglos getrunken; das gehörte zum Tagesablauf. Einige Wochen nach dem Angriff der Hunde machte Josh jedoch ein langes Gesicht, als ich ihn wie gewöhnlich mit dem Tee weckte.
„Mama, den brauch ich nicht mehr.“
„Unsinn, Schatz! Klar brauchst du den.“
„Nee, Mama, der schmeckt scheußlich.“ Er tat so, als ob ich Luft wäre, und wollte zum Frühstück gehen. Ich nahm ihn bei der Hand und zog ihn zur Kräuterküche.
„Ich verändere noch einmal den Geschmack und dann wirst du ihn trinken!“
Im Urwald boten sich viele Möglichkeiten, das Aroma zu verändern. Josh beobachtete mich missmutig. „Mama, warum muss ich das überhaupt trinken?“ Das war weniger eine Frage als ein Vorwurf.
Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte - was kann ein Kind mit so einem Begriff anfangen? „Der Tee macht, dass du gesund bleibst“, sagte ich.
„Warum muss das nur ich trinken?“, lautete diesmal sein Argument.
„Ich trinke den Tee auch!“
„Aber die anderen nicht. Gib denen das doch mal!“, schlug er vor.
Ich war fest überzeugt, dass Josh meine Autorität auf der Farm niemals angezweifelt hätte. Hier regierten jedoch Ezira und Buchi. Ihnen ordnete ich mich bereitwillig unter, gab meine viel gerühmte „Stärke“ auf. Mein sensibler Sohn musste das gespürt haben.
Es ging schnell, den neuen Geschmack in den bereits fertigen Tee hineinzumischen. Ich trat vor Josh und hielt ihm den Becher hin. „Ich weiß, was für dich gut ist. Trink bitte!“
Jetzt lenkte er ein: „Na gut, Mama.“
Die Machtprobe war gewonnen. Für den Moment. Er griff nach dem Becher. Ich reichte ihn Josh und ließ los. Das Ding fiel ins Leere. Joshs Augen sagten, dass ich verloren hatte.
„Warum tust du das?“, fragte ich verärgert. „Diesen Becher hat Amara uns extra für die Reise mitgegeben. Es war der einzige. Und jetzt ist er kaputt.“
„Dann muss ich keinen Tee mehr trinken“, trotzte er.
„Nun wirst du künftig wie alle anderen aus getrockneten Kürbisschalen trinken.“
„Ich will keinen Tee.“
„Du musst aber, sonst ..“ Ich brachte die Worte nicht über die Lippen.
„Werde ich dann krank?“ Seine dunklen Augen funkelten provozierend. Er wollte es wissen.
„Ja. Dann wirst du krank, Josh. Nicht heute, nicht morgen, aber vielleicht bald. Willst du etwa wieder eine Lungenentzündung bekommen?“
„Diesmal bekomme ich keine!“
„Und wenn doch?“ In diesem Augenblick wusste ich, wie ich ihn fangen konnte! Wir waren schon so lange bei Ezira, dass die Weihnachtszeit längst vorbei sein musste. Doch wir konnten immer noch
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