03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen
Tee?“
„Die Zahl der Aidsfälle hat erschreckend zugenommen. In manchen Gegenden Nigerias ist jeder Dritte im erwerbsfähigen Alter betroffen. Das ist für unser Land eine Katastrophe“, sagte Dr. Rashid.
Dr. Nwosu blickte Amara kritisch an. „Sie haben Recht. Wir bekommen aus dem Ausland Medikamente. Selbst wenn Europa und die USA meinen, sie würden uns die Präparate günstig verkaufen, so kann Nigeria sich das dennoch nicht leisten. Darum kam Dr. Rashid auf die Idee, nach Naturmitteln zu suchen.“
„Arbeiten Sie eigentlich beide am gleichen Krankenhaus?“, erkundigte sich Amara.
Dr. Nwosu verneinte. „Ich leite eine Privatklinik in Jos, die im ganzen Land Ableger hat. Dr. Rashid hat sich mehr der Gemeinnützigkeit verschrieben.“
Er lächelte gekünstelt. „Aber unsere Probleme sind mehr oder weniger dieselben. Wir kämpfen an einer vorrückenden Front und sind bald umzingelt.“
„Nach den Worten Ihrer Schwester zu urteilen, sind Sie mit Ihrem Tee auf einem guten Weg.“ Dr. Rashid sah mich offen an. „Wie lange nehmen Sie ihn schon?“
„Seit sieben Jahren“, sagte ich. „Aber ich musste die Einnahme unterbrechen. Vermutlich wäre ich sonst in einem besseren Zustand.“
„Das ist bei den industriellen Medikamenten nicht anders“, erklärte Dr.
Rashid. „Wenn der Patient sie jedoch danach weiterhin nimmt, ist der Körper resistent. Dann hilft meist gar nichts mehr; die Menschen sterben sehr schnell. Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihrem Tee in diesem Punkt gemacht?“
Ich war angenehm überrascht, ihn so reden zu hören. Er nahm Amara und mich richtig ernst. „Mein kleiner Sohn Josh musste ebenso aussetzen wie meine anderen Freundinnen. Und es geht allen gut. Genau wie zuvor. Nur ich hatte Pech.“
„Jeder Mensch reagiert anders“, meinte Dr. Rashid. „Aber es gibt noch einen anderen Grund, weshalb wir nach Alternativen zu den industriellen Medikamenten suchen“, fuhr er fort. „Die Tabletten werden unregelmäßig oder gar nicht eingenommen. Manchmal werden sie verkauft, Kinder hielten sie für Bonbons oder sie wurden schlichtweg vergessen. Patienten, die lediglich HIV-positiv waren, bekommen Aids.“
Dr. Nwosu legte seine Anzugjacke ab und Dr. Rashid folgte wenig später seinem Beispiel. „Die falsche Einnahme ist nur ein Problem. Das andere sind gefälschte Medikamente, die nur aus Zucker, Mehl und all solche Sachen bestehen. Damit verdienen Verbrecherorganisationen viel Geld.“
„Sie sehen, die Medizin aus dem Ausland hilft uns in Afrika nicht wirklich weiter“, sagte Dr. Rashid. „Afrika muss einen eigenen Weg gehen, um Aids zu bekämpfen, Das ist nicht nur unsere Überzeugung. Vielleicht bringt uns Ihr Tee dabei ein Stück weiter. Wir möchten die Wirkstoffe analysieren lassen und darauf eine eigene Therapie aufbauen. In gewisser Weise also eine
Mischung aus Ihrem Vertrauen auf die Kräfte von Mutter Erde und der Medizin der Amerikaner und Europäer.“ Der Arzt sprach wie ein Mann, der große Ziele hat. Zwar wollte er aus Naturmitteln chemische Medizin herstellen, doch als er sagte, dass man vier Millionen Patienten nicht dreimal am Tag mit einem aufwändigen Tee versorgen konnte, musste ich ihm zustimmen: Man würde hunderttausende von Heilerinnen brauchen!
Wer sollte die ausbilden?
„Lassen Sie uns Ihr Mittel ausprobieren“, drängte Dr. Rashid.
Amara, die Arme vor ihrer schweren Brust gekreuzt, neigte ihren Kopf zur Seite, die Lider halb geschlossen. „Das klingt sehr gut, was Sie sagen. Aber jetzt hören Sie sich mal die Sichtweise einer alten Heilerin an. Sehen Sie den Busch dort drüben, in dessen Schatten Ihr Auto parkt?“, fragte Amara, und die Köpfe der Ärzte folgten ihrem Blick. „Das ist unser Blutbaum.
Bereits wenige seiner Knospen senken das Fieber und lindern Schmerzen.
Die Blätter, getrocknet und zerstoßen, helfen gegen Depressionen. Aber es dürfen nicht zu viele sein und sie müssen wie die Knospen vor Sonnenaufgang genommen werden. Jeden Morgen gießen wir den Baum ein wenig und reden mit ihm. Wenn wir Knospen brauchen, sprechen wir länger mit ihm. Dieser kleine Baum ist ein Mitglied unserer Gemeinschaft, darum steht er auch so, dass wir oft an ihm vorbeikommen. Wir sind freundlich zu ihm und er hilft uns.“
Der Mann mit der goldenen Brille nickte ernsthaft. „Ich verstehe.“ Dann schüttelte er den Kopf und sagte: „Nein, ehrlich gesagt, verstehe ich nicht, was Sie meinen. „
„Als Heilerin muss ich der Natur etwas
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