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03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen

Titel: 03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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meint die Geschicke deiner Gefährtinnen. Es sah auch deine Verzagtheit, die dir den Mut zur Verände rung nimmt. Es sagt außerdem, dass dich eine große Dunkelheit umgeben und lähmen wird. Vielleicht ist da mit eine tiefe Traurigkeit gemeint, denn du wirst einen Menschen verlieren, der dir sehr nahe steht.
    Meine liebe Tochter, auf deiner Farm sind so viele, di du liebst, und so viele sind krank. Wen das Orakel meint kann ich nicht sagen. Doch ich glaube herausgelesen zu haben, dass der Tod diesen Menschen sehr überraschen holt. Durch eine plötzliche Krankheit, einen Unfall?
    Aber das Orakel sagt ebenfalls, dass du durch di Dunkelheit wieder zum Licht findest. Seine Kraft wir dich nicht verzehren, seine Helligkeit dich nicht blen den, dein Übermut dich nicht mehr verleiten, über da Feuer zu springen. Du wirst es lieben, denn ihr werdet eins sein.
    Es sind leider nicht die glücklichen Stunden, meine Tochter, die dich zur inneren Wahrheit führen. Nur di
    überwundenen Hindernisse lassen dich deine Stärke erkennen. So findest du das Licht der Klarheit. Meine Liebe ist für immer bei dir. Ezira.“
    Ich ließ mich auf das Bett aus Bougainvilleablüten zurücksinken und schloss die Augen, die wegen der Anstrengung des Lesens schmerzten. Ich glaubte, das weise Lächeln meiner Lehrerin vor mir zu sehen. Schon lange hätte ich wieder bei ihr im Compound sein sollen! So vieles, was Eziras Orakel in der Vergangenheit als meine Zukunft gesehen hatte, war inzwischen Gegenwart. Manches sogar bereits vergangen. Der plötzliche Tod eines geliebten Menschen .. Lape? Nein. Es brauchte kein Orakel, um ihr Sterben zu prophezeien.
    Aber was war dann gemeint? Die Dunkelheit als meine Traurigkeit? Oder eine wirkliche Dunkelheit? Ich erinnerte mich an Rashids Warnung vor einer möglichen Erblindung. Unter dem Eindruck von Eziras Orakelbrief konnte ich diese Mahnung nicht mehr von der Hand weisen. Aber warum musste Gott mich diesen Weg gehen lassen? Was ich liebte, würde ich nie mehr sehen können: mein Kind, meine Mamas, Magdalena, die Natur. Weil sie da waren, würde ich nicht allein in der Dunkelheit bleiben, in die Gott mich schickte. Nahm er mir auch das Licht meiner Augen, so blieb mir doch noch das Leben. Und die Hoffnung, Josh bei mir zu haben. Ich würde ihn streicheln können und in die Arme nehmen, seine Stimme hören, seine Schritte. Ich wäre bei ihm.
    Ich richtete mich auf und versuchte erneut, die Zeilen zu lesen. Diesmal wollte es mir nicht gelingen. Es war, als ob das Orakel nur einmal zu mir sprechen wollte.
    Unsinn!, schalt ich mich, das lag nur an der Überan-rengung. Wahrscheinlich brauchte ich einfach eine Pause. Doch welche Schlüsse sollte ich aus diesem Orakel ziehen? Missachten konnte ich es nicht, denn schon in meiner Kindheit hatte ich durch Mama Bisi die Kraft der Orakel erfahren und während meiner Lehrzeit bei Ezira selbst gelernt, wie ich die Zeichen deuten konnte.
    Mit den schweren Nachrichten im Herzen beschloss ich, erst einmal Abstand zur Farm zu gewinnen. Mit meiner Angst, die ich deutlich spürte, hätte ich sonst alle nur verrückt gemacht. Ich brach zum Kräutergarten auf. Während ich den Weg nahm, den ich so oft schon gegangen war, stellte ich fest, dass ich mich nicht an dem orientierte, was ich sah. Sondern meine nackten Füße, die nie Schuhe trugen, ertasteten den Pfad. Als ich mein Ziel erreicht hatte, pflückte ich einige Minzeblätter und genoss den erfrischenden Geschmack. Dann befühlte ich die Erde der Pflanzen, die ich zum Großteil vor Jahren selbst angebaut hatte. Ich holte Wasser aus dem Brunnen, der von einer kleinen Quelle gespeist wurde, und goss meine Heilkräuter. Das kräftige Grün ihrer Blätter schien mir grau zu sein.
    Den letzten Krug trug ich zu einem abgelegenen Winkel. An manchen Stellen glich der Garten einem dichten Hain, in dem man sich verstecken konnte. Ich erschrak bis ins Mark! Denn dort, gegen einen Stein gelehnt, saß Amara. „Was ist mit dir? Geht es dir nicht gut?“ Besorgt ließ ich mich neben ihr nieder.
    „Choga, ich habe keine Kräuter gesammelt. Ich bin davongelaufen, um hier in Ruhe nachzudenken.“ Sie wirkte völlig verzweifelt. Ihre schwermütigen Augen erinnerten mich an Hope, wenn sie auf meinen Schoß wollte und nicht durfte. „Ich muss zurück, Choga. Meine Nachfolgerin kann nun doch nicht in Lagos bleiben. Sie stammt aus einem Dorf im Süden, dessen Heilerin gestorben ist. Sie soll ihren Platz einnehmen. Ich muss also heimkehren und

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