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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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einen
    einzigen Zeugen, um die Richtigkeit dieser Feststellung zu
    beweisen. Ich rufe … Edward Rochester in den Zeugenstand!«
    Man hörte ein kollektives Atemholen im ganzen Gerichtssaal, und das letzte Meerschweinchen wurde ohnmächtig. Die
    Gerichtsdiener wussten nicht genau, wie sie damit umgehen
    sollten, deshalb steckten sie es in den Sack und setzten sich
    drauf.
    »Ruft Edward Rochester!« rief das Weiße Kaninchen mit
    schriller Stimme, und diese Forderung hallte vierfach in den
    Korridoren wider, ehe sie schließlich verstummte.
    Wir hörten seine zögernden Schritte, ehe er schließlich auf
    einen Stock gestützt eintrat. Er ging sehr langsam, gebrechlich,
    aber entschlossen. Seine Augen glitten über die Anwesenden
    hin, und man spürte, wie viel Mühe er hatte, den Richter, die
    Geschworenen und Rechtsanwälte zu unterscheiden. Er hatte
    teuer für die Veränderungen bezahlt, die in der Handlung
    stattgefunden hatten. Er hatte eine Hand verloren, und sein
    Augenlicht war getrübt. Meine Hand fuhr unwillkürlich zum
    Mund, als ich diesen schrecklich beschädigten Mann in den Saal
    treten sah. Auch alle anderen waren verstummt. Hätte ich
    genauso gehandelt, wenn ich gewusst hätte, wie der Kampf
    ausgehen würde? Ursache von Rochesters Leiden war die Gemeinheit von Acheron Hades, aber ich war der Katalysator
    gewesen.
    Edwards Gesicht hatte offenbar lange gebraucht, um zu heilen, aber die Narben hatten ihn zum Glück nicht für immer
    entstellt. Er wurde vereidigt, und seine Züge glühten unter den
    schwarzen Haaren.
    »Entschuldigen Sie«, piepste die Haselmaus, die unmittelbar
    neben dem Zeugenstand saß. »Könnten Sie mir ein Autogramm
    geben?«
    Rochester verzog sein Gesicht zu einem gequälten Lächeln,
    nahm den Griffel und fragte: »Wie ist Ihr Name?«
    »Arabella.«
    Rochester schrieb auf die Tafel, gab sie zurück und erhielt
    alsbald elf weitere Schiefertafeln, von denen alle Notizen schnell
    abgewischt worden waren.
    »Jetzt reicht's aber!« brüllte der König. »Ich werde nicht zulassen, dass mein Gericht zu einem Versammlungsort für
    Autogrammjäger wird! Wir suchen hier nach der Wahrheit und
    nicht nach Prominenten.«
    Alles verstummte erschrocken.
    »Aber, wenn es Ihnen nichts ausmacht...«, sagte der König
    und reichte Rochester sein Notizbuch. »Ich glaube, meine
    Tochter würde sich freuen …«
    »Und wie heißt Ihre Tochter?« fragte Rochester, der bereits
    seinen Füller gezückt hatte.
    »Ah … Rupert.«
    Rochester schrieb und gab das Notizbuch zurück.
    »Mr Rochester«, sagte der Greif. »Ich wollte Sie bitten, uns in
    Ihren eigenen Worten zu berichten, was die Handlungen von
    Miss Next bei Ihnen bewirkt haben.«
    Alle Augen richteten sich auf den Zeugen, und Stille senkte
    sich über den Saal. Selbst der König und seine Gemahlin interessierten sich dafür, was Rochester zu sagen hatte.
    »Bei mir allein?« sagte Rochester langsam. »Nichts. Für uns,
    für meine süße Jane und mich – alles!«
    Er ballte die Hand mit dem Ehering zur Faust, rieb das
    schmale goldene Band mit dem Daumen und versuchte, seine
    Gefühle in Worte zu fassen.
    »Gibt es irgendwas, das wir ihr nicht verdanken?« sagte er
    leise. »Sie hat uns alles gegeben. Sie hat uns aus einem gesellschaftlichen Gefängnis entlassen, aus einem Verlies unterdrückter Gefühle, von dem wir schon dachten, wir würden ihm
    niemals entkommen. Miss Next hat uns die Chance gegeben, zu
    lieben und geliebt zu werden – ich kann mir kein größeres
    Geschenk für irgendjemanden vorstellen, kein Wort in meinem
    Kopf kann den Dank ausdrücken, den wir ihr schulden.«
    Es herrschte Stille im Saal. Sogar die Königin war verstummt
    und starrte Rochester an wie ein Fisch.
    Dann unterbrach die Stimme des Greifen die Stille: »Ihr Zeuge, Herr Staatsanwalt.«
    »Ja!« sagte Hopkins und versuchte, seine Gedanken zu ordnen »Sagen Sie, Mr Rochester, nur um ganz sicherzugehen: Hat
    Miss Next das Ende Ihres Romans geändert?«
    »Obwohl ich jetzt, wie Sie sehen, verstümmelt bin wie die
    alte, vom Blitz getroffene Kastanie in Thornfield Hall«, erwiderte Rochester, »bin ich doch glücklicher als je zuvor. Ja, Sir, Miss
    Next hat den Roman geändert, aber ich danke ihr jeden Tag
    dafür, wenn ich zu Bett gehe!«
    »Keine weiteren Fragen«, lächelte Hopkins.

    »Nun, das war zu erwarten«, sagte der Greif, nachdem die
    Verhandlung vertagt worden war, damit der König über seinen
    Urteilsspruch nachdenken konnte. Die Königin

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