03_Im Brunnen der Manuskripte
entsprechenden Motor auswählen und
die Ansaugpumpe bedienen, bis die Zuleitungsrohre gefüllt
sind.«
Ich pumpte vorsichtig, und leichter Kerosingeruch erfüllte
die Luft.
»Was ist das für eine Hassliebe zwischen Lola und dir?«
»Ach, das ist alles vorbei«, sagte er ablehnend. »Sie geht jetzt
mit einem Burschen aus der Klasse für Fortgeschrittene Helden.«
Als ich spürte, dass der Hebel auf Widerstand stieß, hörte ich
auf zu pumpen. »So, jetzt haben wir Druck auf der Leitung. Was
kommt als nächstes?«
»Zündung und Anlass-Spule einschalten.«
»Check.«
»Startknopf drücken, und wenn der Motor läuft, Einspritzpumpe betätigen. Ist das verständlich?«
»Versuchen wir's mal.«
Ich drückte auf den Anlasser, und der Propeller begann sich
langsam zu drehen. Randolph betätigte die Einspritzpumpe,
und der Motor hustete. Erst einmal, dann noch einmal, und
dann kam eine dicke schwarze Wolke aus dem Auspuff. Ein
paar Uferläufer, die mit langen Schnäbeln im Schlamm herumstocherten, flogen auf, und einen Augenblick schien es, als
würde der Motor gleich wieder absterben. Aber dann erfolgten
weitere Zündungen. Rumpelnd setzte sich der Motor in Gang
und schickte heftige Vibrationen durch den Rumpf der Maschine. Als er endlich fast rund lief, nahm ich das Gas weg und
lächelte Randolph zu. Er grinste zurück.
»Hast du auch eine Freundin?« fragte ich ihn.
»Nein.«
Er sah mich mit großen Augen an. Als wir uns kennen gelernt hatten, war er noch eine leere Hülle gewesen, ein glattes
Gesicht ohne Persönlichkeit und Charakter. Jetzt war er ein
Mann von fünfzig Jahren, aber emotional war er vollkommen
unreif.
»Ich kann mir ein Leben ohne Lola nicht vorstellen«, platzte
er plötzlich heraus. »Ich denke in jeder Sekunde und jeder
Minute an sie – jeden Tag, Thursday!«
»Dann sag es ihr doch!«
»Und mache mich damit zum Idioten? Sie würde es allen erzählen, ganz Tabularasa würde über mich lachen!«
»Das ist doch egal. Dr. Fnorp sagt, deine Ausbildung leidet
darunter. Willst du irgendwo als Statist enden?«
»Ist mir doch egal«, sagte er wie ein trotziger Teenager. »Ohne Lola gibt es für mich keine Zukunft.«
»Es gibt doch noch andere weibliche Rohlinge!«
»Aber keine ist so wie sie. Sie ist so fröhlich. Wenn sie da ist,
dann scheint die Sonne, und die Vögel singen.« Er unterbrach
sich und hustete verlegen. »Sie verraten doch niemandem
etwas?«
Er war wirklich total verknallt.
»Randolph«, sagte ich langsam. »Du musst ihr von deinen
Gefühlen erzählen, schon um deiner selbst willen. Sonst erdrückt es dich mit der Zeit!«
»Und wenn sie mich auslacht?«
»Vielleicht lacht sie ja gar nicht. Es könnte durchaus sein,
dass sie dich sehr mag.«
Randolphs Schultern sanken herab. »Gut«, sagte er tapfer.
»Ich werd' mit ihr reden.«
»Fein«, sagte ich und warf einen Blick auf die Uhr. »Ich muss
in zwanzig Minuten beim Jurisfiktion-Appell sein. Lass den
Motor noch zehn Minuten laufen und stell ihn dann ab. Wir
sehen uns dann heute Abend.«
»Auf wen warten wir denn noch?« fragte der Protokollführer.
»Godot«, sagte Benedict.
»Fehlt der schon wieder? Weiß jemand, wo er ist?«
Es folgte massives Kopfschütteln.
Der Protokollführer machte sich einen Vermerk in seinem
Notizbuch, läutete mit der Glocke und räusperte sich. »Jurisfiktion-Vollversammlung Nr. 40320 ist damit eröffnet«, sagte er.
»Tagesordnungspunkt eins: Perkins und Snell. Zwei unserer
besten Agenten sind in Ausübung ihrer Pflichten gestorben. Sie
haben das höchste Opfer gebracht, und ihre Namen werden zur
ewigen Erinnerung und zur Erbauung künftiger Generationen
ins Boojumorial gemeißelt werden. Ich bitte um zwei Minuten
Ruhe zum Gedächtnis an Perkins und Snell!«
»Perkins und Snell«, wiederholten wir und erhoben uns in
stillem Gedächtnis von unseren Plätzen.
»Danke«, sagte der Protokollführer, als zwei Minuten vorbei
waren. Die Leitung des Bestiariums übernimmt künftig Commander Bradshaw. Die Witwe von Mathias hat mich gebeten,
allen zu danken, die ihr in den letzten Tagen ihr Mitgefühl
ausgedrückt haben. Die Perkins-&-Snell-Serie wird von Klonen
der Klasse B-2 aus einer Lizenzausgabe weitergeführt, und ich
glaube, ich darf den beiden in Ihrer aller Namen viel Glück und
Erfolg wünschen.«
Er machte eine Pause und holte tief Luft.
»Der Verlust dieser beiden Agenten war für uns alle ein großer Schock, und wir dürfen es nicht
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