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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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vollkommen. Er warf
    einen Blick auf die Uhr und sagte: »Wir gehen zum Geschlachteten Lämmlein, um einen meiner Informanten zu treffen. Wie es
    scheint, hat jemand angefangen, halbfertige Handlungselemente
    aus verschiedenen Thrillern zusammenzuschrauben, die eigentlich abgewrackt werden sollten. Das ist nicht nur illegal, sondern auch äußerst gefährlich. Wir wollen schließlich nicht, dass
    die ganze Bude wegen eines Spätzünders hochgeht.«
    »Da gebe ich Ihnen recht.«
    Das Geschlachtete Lämmlein war eine düstere Kneipe und
    roch nach Zigaretten und schalem Bier. Drei Deckenventilatoren rührten den dichten Rauch durcheinander, und in einer
    Ecke spielten drei Musiker eine traurige Weise. Der ganze
    Raum war erfüllt von Klischees: An den Wänden zogen sich
    finstere Nischen entlang, und der hellste Ort des ganzen Lokals
    war die Bar in der Mitte. Dort hatten sich alle möglichen Geschöpfe versammelt wie Motten im Licht. Sie unterhielten sich
    mit gedämpften Stimmen und schienen sämtlich in irgendwelche finsteren Pläne verstrickt. Knüppeldickes Melodram lag in
    der Luft.
    »Sehen Sie da drüben?« fragte Snell und zeigte auf zwei
    Männer, die offensichtlich ein ernstes Gespräch führten. »Blofield und Mr Hyde. In der nächsten Nische sitzen Erich von
    Stalhein und Wackford Squeers. Der große Typ mit dem Umhang ist Emperor Zhark, der tyrannische Herrscher der Milchstraße und Star der Science-Fiction-Serie Zharkian Empire. Das
    mit den Stacheln ist Mrs Tiggy-winkle – die beiden sind wahrscheinlich auch auf einer Ausbildungs-Exkursion.«
    »Mrs Tiggy-winkle ist Jurisfiktion-Lehrling?« fragte ich und
    starrte ungläubig die große Igelfrau mit dem Wäschekorb an,
    die vorsichtig an einem Sherry nippte.
    »Nein. Der Lehrling ist Zhark – Tiggy ist volle Agentin. Sie
    kümmert sich um die Kinderbücher und die Hedgepigs Society.
    Außerdem erledigt sie unsere Wäsche.«
    »Die Hedgepigs Society?« fragte ich. »Was machen die
    denn?«
    »Sie kümmern sich um die Beförderung der Igel in allen
    Zweigen der Literatur. Mrs Tiggy-winkle war die erste mit VIPStatus, und sie hat ihre Stellung in der Gesellschaft benutzt, um
    anderen Igeln zu helfen. Sie hat Erwähnungen bei Kipling,
    Carroll, Aesop und vier Shakespeare-Zitate, ganz zu schweigen
    von den Deutschen, die ihre tapferen kleinen Igel zu richtigen
    Helden gemacht haben. Außerdem kriegt sie jeden Fleck raus
    und hat beim Bügeln noch nie einen Ärmel versengt.«
    »Der Sturm, Mittsommernachtstraum, Macbeth«, murmelte
    ich und zählte sie an den Fingern ab. »Was ist denn das vierte?«
    »Henry VI, Teil 1, Vierter Akt, Erste Szene: Hedgeborn Swaine.«
    »Ich dachte immer, das wäre eine Beleidigung und kein Igel.
    Ein swain ist doch nicht unbedingt ein Schwein, kann doch
    ganz schlicht ein Landbewohner sein.«
    »Na ja«, sagte Snell. »Wir haben die Angelegenheit mal zu
    Gunsten der Igel entschieden – als kleine Entschädigung dafür,
    dass sie bei Alice in Wonderland als Krocketbälle benutzt werden. Erwähnen Sie bloß nicht Tolstoj oder Berlin, wenn sie in
    der Nähe ist. Theoretische gesellschaftliche Unterscheidungen
    mag sie gar nicht, und das Gespräch verläuft sehr viel angenehmer, wenn man sich an die richtigen Waschtemperaturen
    für Wolle und die Frage der Weichspüler hält.«
    »Ich werde dran denken«, versprach ich. »Die Bar sieht eigentlich gar nicht so schlecht aus, mit all den Topfpflanzen,
    oder?«
    Snell seufzte hörbar. »Das sind Triffids, Thursday, gefährliche, fleischfressende Pflanzen. Das große klumpige Ding, das
    mit dem Jabberwock Golfschläge übt, ist ein Krell. Und das
    Nashorn da drüben ist Rataxis. Wenn Ihnen jemand SomaTabletten anbietet, sollten Sie ihn sofort verhaften, kaufen Sie ja
    keinen Flaschengeist, auch wenn das Geschäft noch so günstig
    erscheint, aber vor allem: Schauen Sie Medusa nicht an! Wenn
    Big Martin oder das Questing Beast auftauchen, müssen Sie
    schnellstens verduften. In fünf Minuten bin ich wieder da, Sie
    können mir schon mal einen Drink holen.«
    »Gut.«
    Er verschwand im Zwielicht, und mir war etwas mulmig, als
    ich alleine zurückblieb. Ich ging an die Bar und bestellte zwei
    Drinks. Auf der anderen Seite des hufeisenförmigen Tresens sah
    ich die beiden Raubkatzen von vorhin, zu denen sich inzwischen eine dritte gesellt hatte. Der Neuankömmling zeigte auf
    mich, aber die beiden anderen schüttelten die Köpfe und flüsterten ihm etwas ins Ohr. Ich drehte mich zur

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