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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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    und erblickte ein Wesen, das aus einem Science-Fiction-Roman
    stammen musste. Es hatte zahllose rote Augen und grüne
    Fangarme. Ich musste wohl andeutungsweise gegrinst haben,
    denn plötzlich sagte das Geschöpf mit zorniger Stimme:
    »Haste noch nie 'n Thraal gesehn?«
    Ich hatte keine Ahnung, was los war. Es klang wie Courier
    bold ,aber ich war mir nicht sicher, und deshalb sagte ich gar
    nichts. Ich hoffte, es würde von alleine weggehen.
    »Hey! Ich rede mit dir, Zweiauge!« knurrte
    das Ding. »Hast du mir nichts zu sagen?«
    Die Auseinandersetzung hatte das Interesse eines weiteren
    Barbesuchers geweckt, der wie das tragisch gescheiterte Ergebnis eines genetischen Experiments aussah. »Ich glaube, er mag
    dich nicht!« sagte er.
    »Das tut mir leid.«
    »Ich mag dich übrigens auch nicht«, sagte der Mann. »Und
    ich habe ein Todesurteil in sieben verschiedenen Genres!«
    »Oh, das tut mir sehr leid«, sagte ich.
    »Dazu wirst du auch gleich allen Grund haben«, sagte der
    Mann mit drohendem Tonfall. »Ich werde dir nämlich sehr
    wehtun.
    »Hör schon auf, Nigel«, sagte eine bekannte Stimme. »Ich
    kauf dir erst mal ein Bier.«
    Das gefiel dem Mann aber auch nicht, denn er griff nach seiner Pistole.
    Das löste eine Instinktreaktion bei mir aus, und lange ehe er
    seine Waffe heraus hatte, drückte ich ihm schon die Mündung
    meiner Automatik an die hässliche Stirn. Am Tresen wurde es
    still.
    »Du bist schnell, Mädchen«, sagte Nigel. »Das gefällt mir.«
    »Sie gehört zu mir«, sagte die bekannte Stimme hinter mir.
    »Ich glaube, wir sollten uns alle ein bisschen entspannen.«
    Ich senkte meine Pistole und sicherte sie. Nigel nickte respektvoll, drehte sich wieder zur Bar um und begann mit dem
    grünen Alien zu plaudern, als wäre nichts vorgefallen.
    »Alles in Ordnung?« fragte mich die bekannte Stimme.
    Es war der Jurisfiktion-Agent Harris Tweed. Er war ein Außenländer, genau wie ich. Ich hatte ihn zuletzt vor drei Tagen
    gesehen, in Lord Volescampers Bibliothek.
    »Vielen Dank«, sagte ich. »Was hat dieser Alien eigentlich
    von mir gewollt?«
    »Das war ein Thraal, der Courier bold gesprochen hat,
    die traditionelle Sprache hier unten. Thraals bestehen im Wesentlichen aus Augen und Fangarmen, aber ansonsten sind sie
    bloß Maulhelden. Er hätte Ihnen nicht viel getan. Nigel allerdings geht manchmal ein bisschen zu weit. Was machen Sie
    überhaupt allein hier unten, im zweiundzwanzigsten Stockwerk?«
    »Ich bin eigentlich gar nicht allein da. Miss Havisham hat zu
    tun, deshalb führt Snell mich herum.«
    »Aha«, sagte Tweed und sah sich um. »Heißt das, Sie machen
    jetzt Ihre Aufnahmeprüfung?«
    »Das Schriftliche hab' ich schon zum Teil hinter mir. Haben
    Sie Yorrick Kaine noch erwischt?«
    Tweed wurde plötzlich verlegen. »Nein, leider nicht. Wir haben ihn bis nach London verfolgt. Dann hat der BuchHund die
    Spur verloren. Im Außenland sind sie nicht so zuverlässig wie in
    der BuchWelt, außerdem braucht man eine Sondergenehmigung, wenn man jemanden in der wirklichen Welt schnappen
    will.«
    »Was sagt denn der Protokollführer?«
    »Der unterstützt den Antrag natürlich«, sagte Tweed. »Aber
    das ganze Getue um UltraWord™ hat den GattungsRat so in
    Atem gehalten, dass keine Zeit zur Beschlussfassung war. Aber
    wir werden uns schon noch um Kaine kümmern.«
    Das beruhigte mich. Denn Kaine war nicht nur der Fiktion
    entsprungen, sondern auch der Anführer einer höchst gefährlichen rechtsradikalen Bewegung bei uns zu Hause in England.
    Es wäre mir sehr recht gewesen, wenn er auf Dauer wieder in
    das Buch gesperrt werden würde, aus dem er entlaufen war.
    In diesem Augenblick kehrte Snell zurück und nickte meinem Gesprächspartner höflich zu, der ebenso höflich zurücknickte. »Guten Morgen, Mr. Tweed«, sagte er. »Trinken Sie
    etwas mit uns?«
    »Geht leider nicht«, sagte Tweed. »Wir treffen uns morgen
    früh beim Appell, ja?«
    »Eigenartiger Bursche«, sagte Snell, sobald Tweed gegangen
    war. »Was hat er denn gewollt?«
    Ich gab Snell seinen Drink, und wir setzten uns in eine der
    Nischen. Sie befand sich in der Nähe der drei großen Raubkatzen, die mich hungrig anstarrten und in einem Kochbuch zu
    blättern schienen.
    »Ich hatte Ärger an der Bar, und Tweed ist dazwischengegangen, um mir zu helfen.«
    »Da bin ich aber froh. Haben Sie so eine schon mal gese-hen?«
    Er rollte eine kleine Kugel über den Tisch. Sie sah aus wie
    eine Christbaumkugel, war aber

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