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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Commander.«
    »Glauben Sie denn, dass es kein Unfall war?«
    »Der Käfigschlüssel hing nicht am Haken«, murmelte ich.
    »Sehr gut beobachtet«, sagte Miss Havisham.
    »Foul play?« zischte Bradshaw begeistert.
    »Ich will es nicht hoffen«, sagte Miss Havisham. »Aber verzögern Sie den Abschlussbericht lieber noch ein paar Tage. Wir
    müssen das überprüfen.«
    »Wird gemacht!« sagte Bradshaw. »Ich werde schon einen
    Weg finden.« Damit verschwand er.
    »Vielleicht hat es ja gar nichts zu bedeuten, Miss Havisham«,
    sagte ich, »aber –«
    Sie legte einen Finger auf die Lippen und gebot mir zu
    schweigen. Ihre sonst so entschlossenen Augen wirkten einen
    Augenblick unsicher. Ich sagte nichts, aber innerlich war ich
    beunruhigt. Bis jetzt hatte ich geglaubt, Miss Havisham hätte
    vor nichts Angst.
    Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Geh in die Konditorei in
    Little Dorrit, okay? Ich nehme einen Doughnut und einen
    Kaffee. Lass es auf meine Rechnung setzen und bestell dir selbst
    auch was.«
    »Vielen Dank. Und wo wollen wir uns treffen?«
    »Mill on the Floss, Seite fünfhundertdreiundzwanzig in
    zwanzig Minuten.«
    »Ein Auftrag?«
    »Ja«, sagte sie, tief in Gedanken versunken. »Irgendein Idiot
    hat Lucy Deane erzählt, dass Stephen mit Maggie Kahn fährt,
    und jetzt versucht sie womöglich, die beiden daran zu hindern.
    Also, in zwanzig Minuten. Und bitte nicht die MarmeladenDoughnuts, sondern die mit rosa Glasur, ja?«
    Zweiunddreißig Minuten später stand ich am Ufer eines
    Flusses neben Miss Havisham, die ein Pärchen in einem Boot
    beobachtete. Die Frau hatte jettschwarze Haare. Sie lag auf
    einem Umhang und schützte sich mit einem weißen Schirm vor
    der Sonne, während der Mann das Boot treiben ließ. Er war
    ungefähr fünfundzwanzig Jahre alt und sehr hübsch. Seine
    kurzen dunklen Haare standen hoch wie ein Kornfeld. Sie
    sprachen sehr ernst miteinander. Ich gab Miss Havisham einen
    Becher Kaffee und die Tüte mit Doughnuts.
    »Sind das Stephen und Maggie?« fragte ich, während wir den
    Pfad am Ufer entlanggingen. Die Schlüsselszene der Mühle am
    Floss war mir durchaus bekannt.
    »Ja«, sagte Miss Havisham. »Wie du weißt, steht Stephen
    kurz vor seiner Verlobung mit Lucy, und diese leichtsinnige
    Bootsfahrt, die Stephen mit ihrer Kusine unternimmt, macht sie
    sehr unglücklich. Ich hab doch gesagt, du sollst die mit der rosa
    Glasur bringen !«
    »Die waren ausverkauft.«
    »Ach.«
    Wir behielten das Pärchen genau im Auge, während ich mich
    zu erinnern versuchte, was bei dieser Bootsfahrt alles passierte.
    »Sie wollen zusammen durchbrennen, nicht wahr?«
    »Ja, aber das tun sie natürlich nicht. Stephen faselt nur so
    herum, und Maggie müsste das eigentlich wissen. Lucy sollte
    jetzt eigentlich mit ihrem Vater und Tante Tulliver in Lindum
    beim Einkaufen sein, aber sie hat sich schon vor einer Stunde
    heimlich verdrückt.«
    Wir gingen ein paar Minuten lang weiter. Soweit wir sehen
    konnten, hatte Lucy bisher nicht eingegriffen, und die Geschichte nahm ihren vorhergesehenen Verlauf.
    Miss Havisham biss in ihren Pfannkuchen.
    »Mir ist der fehlende Schlüssel auch aufgefallen«, sagte sie
    nach einer Pause. »Ich habe ihn unter der Werkbank gesehen.
    Da hat ihn jemand versteckt. Es war Mord … mit Hilfe des
    Minotaurus.«
    Sie zitterte.
    »Warum haben Sie das Bradshaw nicht gesagt?« fragte ich.
    »Die Ermordung eines Jurisfiktion-Agenten muss doch be-stimmt untersucht werden?«
    Miss Havisham warf mir einen scharfen Blick zu und sah
    dann wieder zu dem Boot hinüber, das auf dem Fluss trieb. »Du
    hast die Tragweite der ganzen Sache noch nicht verstanden,
    nicht wahr? The Sword of the Zenobians ist mit einem Codewort
    geschützt.«
    »Das heißt, nur Jurisfiktion-Agenten können hinein und
    hinaus«, murmelte ich.
    »Wer immer Perkins und Mathias umgebracht hat, war Mitglied von Jurisfiktion«, sagte sie. »Und das macht mir Angst.
    Wir haben einen Mörder in unseren Reihen.«
    Schweigend gingen wir weiter.
    »Aber warum sollte irgendjemand Perkins und ein sprechendes Pferd töten wollen?«
    »Ich glaube, Mathias war bloß im Weg.«
    »Und Perkins?«
    »Es ging nicht nur um Perkins. Ich glaube, der Mörder hatte
    es an diesem Tag noch auf jemand anderen abgesehen.«
    Ich dachte einen Augenblick nach, dann überlief mich ein
    Schauder. »Mein SchleuderHelm hat versagt...«
    »In der Tat«, sagte Miss Havisham und zog den Homburg
    aus der Plastiktüte, die sie in der Hand hatte. Er war

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