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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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ziemlich
    zerbeult. Mindestens ein Dutzend Mrs Danvers waren darüber
    wegmarschiert.
    Miss Havisham deutete auf die Reißleine. Sie sah aus, als wäre sie mit einem Messer durchtrennt worden.
    »Lass den mal von Professor Plum bei JurisTech untersuchen«, sagte Miss Havisham. »Ich möchte es ganz genau wissen.«
    »Aber … aber für wen könnte ich denn eine Bedrohung darstellen?«
    »Das weiß ich auch nicht«, gab Miss Havisham zu. »Du bist
    bloß ein Lehrling und offensichtlich ganz harmlos. Du kannst ja
    nicht mal buchspringen, ohne die Lippen dabei zu bewegen.«
    Das hätte sie mir nicht unbedingt unter die Nase reiben müssen, aber natürlich hatte sie recht.
    »Und was machen wir jetzt?« fragte ich schließlich.
    »Wir müssen davon ausgehen, dass derjenige, der Perkins &
    Snell auf dem Gewissen hat, einen weiteren Versuch machen
    wird, dich zu ermorden. Sei also auf der Hut. Warte – da ist
    sie!«
    Wir waren über eine kleine Anhöhe gegangen und waren
    dem Boot ein wenig voraus. Vor uns lag eine junge Frau in
    höchst undamenhafter Weise im Gras und zielte mit einem
    Gewehr auf das Ruderboot, das jetzt um die Flussbiegung kam.
    Ich lief auf sie zu, und weil sie sich ganz auf ihr Ziel konzentrierte, bemerkte die junge Frau mich erst, als ich schon so nahe
    heran war, dass ich sie packen konnte. Sie war ein zierliches
    Persönchen, und obwohl sie heftig strampelte, gelang es mir
    rasch, sie zu überwältigen und ihr das Gewehr zu entreißen. Ich
    hielt sie im Polizeigriff, während Miss Havisham die Waffe
    entlud. Maggie und Stephen, die von dem ganzen Drama nichts
    ahnten, glitten langsam vorbei und trieben weiter nach Mudport.
    »Wo haben Sie das her?« fragte Miss Havisham und zeigte
    auf das mit einem Zielfernrohr bestückte Gewehr.
    »Ich brauche Ihnen gar nichts zu sagen«, erklärte das Mädchen trotzig. »Ich wollte bloß ein Loch ins Boot schießen,
    ehrlich.«
    »Na, klar. Du kannst sie jetzt loslassen, Thursday.«
    Ich lockerte meinen Griff, und sie strich sich das Kleid glatt,
    das nach unserem kleinen Ringkampf einigermaßen zerknautscht war. Ich überprüfte, ob sie noch weitere Waffen
    mitführte, fand aber nichts.
    »Warum soll Maggie einen Keil in unser künftiges Glück
    treiben?« fragte sie zornig. »Es könnte alles so schön sein mit
    meinem lieben Stephen. Warum muss ich das Opfer sein? Wo
    ich doch allen nur Gutes tun wollte, besonders Maggie!«
    »Das sind nun mal die melodramatischen Verwicklungen,
    die es in einem Roman braucht«, sagte Miss Havisham müde.
    »Sagen Sie uns jetzt, woher Sie das Gewehr haben, oder nicht?«
    »Nein. Und Sie können mich nicht aufhalten! Diesmal sind
    sie vielleicht davongekommen, aber bei der nächsten Lesung
    bin ich wieder da! Denken Sie vielleicht, Sie hätten genug Jurisfiktion-Agenten, um Maggie die ganze Zeit zu bewachen?«
    »Ich finde Ihre Einstellung äußerst bedauerlich«, sagte Miss
    Havisham und sah ihr direkt ins Gesicht. »Ist das Ihr letztes
    Wort?«
    »Allerdings.«
    »Dann stelle ich Sie hiermit unter Arrest wegen des Versuchs, in ein literarisches Werk einzugreifen. Das ist ein Verstoß gegen § FMB/0608999 der Erzählordnung. Aufgrund der
    mir vom GattungsRat verliehenen Vollmachten verbanne ich
    Sie aus der Mühle am Floss. Vorwärts!«
    Miss Havisham wies mich an, der jungen Frau Handschellen
    anzulegen. Als das geschehen war, fasste sie mich am Arm, und
    wir sprangen alle zusammen zurück in die Große Bibliothek.
    Dafür, dass sie eine auf frischer Tat ertappte und verhaftete
    Missetäterin war, erschien Lucy erstaunlich gelassen.
    »Sie können mich gar nicht einsperren«, sagte sie, als wir über den Korridor des dreiundzwanzigsten Stocks gingen. »Ich
    erscheine sieben Seiten weiter wieder in Maggies Traum. Wenn
    ich nicht auftauche, kriegen Sie eine Menge Ärger. Das kann Sie
    den Job kosten, Miss Havisham! Dann können Sie endgültig
    nach Satis House heimkehren!«
    »Ist das wahr?« Ich fragte mich plötzlich, ob Miss Havisham
    nicht tatsächlich ihre Befugnisse überschritt.
    »Es wird genau das passieren, was beim letzten Mal passiert
    ist«, sagte Miss Havisham, »nämlich gar nichts.«
    »Das letzte Mal?« fragte Lucy. »Aber das ist das erste Mal,
    dass ich so etwas probiert habe!«
    »Nein«, sagte Miss Havisham. »Leider nicht.«
    Miss Havisham zeigte auf ein Buch mit dem Titel The curious experience of the Patterson Family on the Island of Uffa und
    forderte mich auf, es zu öffnen. Bald standen wir auf

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