03 - Keiner wie Wir
Tina. Niemand konnte sich vorstellen, wie sehr sie ihm fehlte. Harte Monate lagen hinter ihm, in denen ihn nur der Gedanke an sie überhaupt am Leben hielt.
Doch jene endlosen Wochen waren keineswegs wirkungslos an ihm vorbeigegangen, sie sorgten dafür, dass er heute seinen Kampfgeist exakter platzierte und lernte, dass manchmal andere mehr wussten, als er selbst.
Seine Eltern befanden sich derzeit in dieser wenig beneidenswerten Position. Auch wenn sie sich weigerten, konkret zu werden, worüber er im Grunde ganz froh war. Die bisherigen Informationen genügten ihm fürs Erste. Wie genau es Tina ging, wenn sie tatsächlich auf ihn gewartet hatte, und danach sah es aus – Danke, oh Gott, danke! - konnte er sich selbst ausrechnen.
Besten Dank!
Ihr nach all diesen grauenhaften Monaten als Begrüßung den nächsten, vernichtenden Schock zu verabreichen, war das Letzte, was er erreichen wollte.
Außerdem hatte er nicht die Absicht – wenn es denn so kam – Rücksicht auf irgendwelche Auftraggeber zu nehmen. Des Weiteren ... wenn auch nur am Rande – sogar am äußersten:
Daniel war wirklich müde. So unvorstellbar, wie er es bis vor wenigen Monaten nicht für möglich gehalten hätte.
Ja, er wollte zu ihr, nichts anderes beherrschte ihn mehr, als dieser Wunsch. Aber die Gefahr, der Situation nicht die verdiente Aufmerksamkeit zu schenken, ihr vielleicht nicht gewachsen zu sein, sie nicht gebührend wertzuschätzen, weil seine verdammte Erschöpfung ihn daran hinderte, war ihm zu hoch ...
Und daher würgte Daniel diese unvorstellbar schmerzende Sehnsucht ein allerletztes Mal zurück. Ebenso verfuhr er mit der maßlosen Enttäuschung, die ihn heimsuchte, sobald er sich seinen Eltern fügte. Widerstandslos ließ er sich kurz darauf, von ihnen in das Zimmer seiner längst vergangenen Kindheit geleiten.
Seine Mutter half ihn aus den Sachen, sein Vater richtete die Decke, und kurz darauf lag er in jenem behaglichen, kuscheligen und warmen Bett, das so viele seiner Jungenträume bewacht hatte.
Nun ja, einige heiße Nächte auch.
Küsse wurden auf seine Stirn gehaucht, eine väterliche Hand strich über seinen Kopf …
Was für ein Bullshit!
Bevor Daniel einschlief, hob er noch einmal den Kopf.
Seine Eltern standen im Türrahmen, Edith um einiges kleiner neben seinem weißhaarigen Vater, der seinen Arm um ihre Schultern gelegt hatte. Und ein weiteres Mal fühlte Daniel sich wie der kleine Junge von einst.
Trotz allem war es ein verdammt schönes Gefühl. »Mein Wagen ...?«
»Keine Sorge, alles ist bereit.«
Es war die erhoffte Antwort, und bevor er in die Bewusstlosigkeit wegdriftete - Schlaf war eine zu milde Bezeichnung für das, was ihn wenig später heimsuchen würde - dachte er sich noch, dass es manchmal verteufelt gut war, sich auf Andere verlassen zu können und nicht alles Selbst regeln zu müssen …
* * *
I m Traum eilte Daniel wie so häufig zurück zu jenem Tag, an dem er sich mit seinen Kollegen aufgemacht hatte, um die Visite in den weit abgelegenen Dörfern der Gegend vorzunehmen …
* * *
ie hatten sieben schwer bewaffnete Männer an ihrer Seite.
Dies sollte für einen gewissen Schutz sorgen, lautete die einhellige Meinung.
Das hätten sie auch, wären jene Einheimischen nicht leider wie so viele andere der Ansicht gewesen, dass Daniel und dessen gottlose Gesellen in ihrem Land nichts zu suchen hatten.
Schon allein, weil Allah ihnen absolut scheißegal war.
Es hatte die Gegenseite nicht viele Dollarnoten gekostet, um sie erfolgreich zum Überlaufen zu bewegen. Spätestens der Umstand, dass es sich bei den Eindringlingen samt und sonders um verhasste Amerikaner handelte, genügte als Argument.
Und nachdem die Jeeps abrupt zum Stehen gekommen waren und kurz darauf die beiden Fahrer leblos auf ihre Lenkräder sackten, ahnte Daniel, dass sie knietief in der Scheiße steckten.
* * *
… und in was für einer!
Die drei Frauen, jede in der Heimat verheiratet und Mutter von mindestens zwei Kindern, versuchten wenigstens, ihre Panik zu verbergen.
Sehr erfolgreich waren sie nicht, doch Daniel nahm es ihnen nicht übel. Matt, sein Kollege, wirkte mit einem Mal auch sehr weiß, während sie ins Camp der Rebellen gefahren wurden.
Glücklicherweise musste Daniel sein eigenes Gesicht nicht begutachten, denn er ahnte, dass er Matt und seinen Kolleginnen in nichts nachstand. Was das offensichtliche Grauen betraf, versteht sich.
Ein älterer, stämmiger Sudanese nahm sie wenig später in
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