03 - komplett
Schrittes an der Tür. Er schloss sie, lehnte sich dagegen und betrachtete Rachel finster.
„Sie dürfen Sam nicht bestrafen. Er tat es für mich ... und Noreen, meine Zofe. Sie sind einander sehr nahegekommen.“ Da er nichts darauf entgegnete, verschränkte sie unwillkürlich die Hände, als könnte sie so Kraft sammeln. „Können wir morgen darüber reden ... bitte?“
Ein höhnisches Lächeln blieb die einzige Antwort auf ihr Flehen.
Beklommen suchte sie nach einem harmlosen Gesprächsthema, obwohl es unter den Umständen völlig albern war. „Ein sehr schöner Raum, aber sehr feminin. Joseph sagte, es sei das Lieblingszimmer Ihrer Mutter gewesen.“ Sie wich vor ihm zurück, als er sich ihr drohend, wie ihr schien, näherte, und gab vor, die kunstvollen Intarsien eines zierlichen Beistelltisches zu bewundern. Sie legte die Urkunde darauf und strich über die schimmernde Holzfläche.
Connor begab sich an einen anderen Tisch, wo er ein Glas nahm und sich aus einer Karaffe einschenkte.
„Was tun Sie da?“, rief Rachel entsetzt.
„Ich schenke mir einen Whisky ein.“
„Aber das dürfen Sie nicht! Sie sind doch bereits betrunken!“
Er lachte rau. Langsam drehte er sich zu ihr um, das Glas nichtsdestotrotz in der Hand. „Seien Sie etwas nachsichtig mit mir, Rachel. Wollen Sie mir denn gar nichts erlauben? Ich darf Sam Smith nicht bestrafen. Ich darf nicht haben, was ich offen und ehrlich von Ihrem Vater gewonnen habe. Ich darf meine Hochzeitsnacht nicht haben. Und jetzt darf ich nicht einmal etwas trinken?“
Rachel wünschte verzweifelt, sie könnte ihm entfliehen, bis er wieder er selbst war.
Bis er wieder der nette, ehrenhafte Gentleman war, den sie abgewiesen hatte. Und seltsamerweise sehnte sie sich gleichzeitig danach, bei ihm zu sein. Sie wollte zu ihm gehen, ihn trösten, die Arme um ihn legen und ihn halten. Denn trotz seines höhnischen Spotts spürte sie den tiefen Schmerz, der aus ihm sprach – ein Schmerz, den sie vor sechs Jahren verursacht hatte und der noch immer in ihm gärte und ihn quälte.
„Wählen Sie“, sagte er mit einem drohenden Unterton, der Rachels Angst verstärkte und sie jedes Mitgefühl schnell vergessen ließ. „Wählen Sie etwas aus, das ich haben kann, sonst wähle ich. Kommen Sie schon, meine Süße, was würden Sie mir ...“
„Ich spreche nicht mit Ihnen, wenn Sie betrunken sind“, sagte sie mit bebender Stimme.
Er lächelte zufrieden. „Das wäre auch meine Wahl gewesen. Etwas, das wir tun können, ohne reden zu müssen.“ Er stellte das Glas wieder auf den Tisch zurück und warf den Frackrock auf einen Sessel. Dann ging er langsam auf Rachel zu.
Sie stolperte nach hinten und stieß gegen den Beistelltisch. Dabei wurde die vergessene Pistole in ihrem Retikül gegen ihr Bein gepresst, und unwillkürlich hielt sie das Retikül vor die Brust. „Sie benehmen sich völlig kindisch, Connor.“ Sie hatte streng klingen wollen, aber ihre Lippen bebten. Hastig stellte sie sich hinter den zierlichen Sessel, in dem sie vorhin gesessen hatte. „Bleiben Sie, wo Sie sind, oder ich schreie! Dann wird Mr. Walsh mir zu Hilfe kommen. Es wird nur unnötigen Aufruhr geben, und das wollen Sie doch nicht“, redete sie vernünftig auf ihn ein.
„Schreien Sie ruhig. Nach dem heutigen Abenteuer wird Joseph tief und fest schlafen, genau wie der übrige Haushalt. Sie verdienen eine Strafe, Rachel.“
Inzwischen war er fast bei ihr. Rachel suchte Zuflucht hinter einem rosa-creme-gestreiften Sofa. Doch jetzt überwog ihre Wut vor ihrer anfänglichen Angst. „Dann denken Sie eben an Ihre Würde, Sir“, fuhr sie ihn heftig an. „Haben Sie mir nicht einmal gesagt, es würde Sie langweilen, eine Frau im Stehen zu nehmen?“ Das endlich ließ ihn innehalten.
Er warf den Kopf zurück und lachte amüsiert. „Dann benutzen wir eben den Tisch.
Außerdem bin ich betrunken, Rachel. Da sträubt sich die Würde eines Mannes nicht mehr so sehr“, spottete er leise.
Entschlossen griff Rachel in das Retikül und holte die Pistole heraus. Ihr liebreizendes Gesicht war gerötet, als sie die Waffe direkt auf seinen Kopf richtete.
15. KAPITEL
„Werden Sie auf mich schießen, Rachel?“, fragte Connor lässig, als interessierte die Antwort ihn gar nicht so sehr. Ganz offensichtlich traute er es ihr nicht zu.
Der Griff ihrer zitternden Hände wurde nur noch fester. „Werden Sie mich dazu zwingen? Wenn Sie vernünftig sind und mich gehen lassen, werde ich Sie morgen treffen. Dann
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